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060 - Jenseits der Dämmerung

060 - Jenseits der Dämmerung

Titel: 060 - Jenseits der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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einsetzte. Matt drehte sich nicht um, sondern lief stur weiter und wartete auf den Beginn des Berstens. Es krachte, dann vibrierte der Steg unter seinen Fußen.
    Sie folgen mir, erkannte Matt. Aruula ist in Sicherheit.
    Aus der momentanen Erleichterung wurde Sorge. Es gab keine Waffen, die er gegen das Wesen einsetzen konnte, und der Schlamm schränkte die Fluchtwege enorm ein. Die meisten Häuser waren aus Holz, aber Matt zweifelte daran, dass sie einen ernsthaften Schutz boten. Ein steinernes Gebäude oder eine hohe Mauer, das war es, was er benötigte.
    Er sah sich um, aber es war nichts Geeignetes zu sehen. Vor ihm tauchte der Hafen auf.
    Fackeln erleuchteten die Dunkelheit und Matt sah, dass die Bucht voller Schiffe war. Ihre weißen Segel knatterten im Wind.
    Noch einmal spornte Matt sich an, legte alle Kraft in seine Schritte. Die meisten Schiffe hatten bereits abgelegt, aber einige befanden sich noch an den Kaimauern. Wenn er eines davon erreichen konnte…
    Es war eine Unachtsamkeit, nur ein kurzer Moment, in dem er den Blick auf den Hafen, nicht auf den Boden richtete und so die Kante eines schlecht vernagelten Bretts übersah.
    Seine rechte Stiefelspitze schlug dagegen, als sein linker Fuß bereits in der Luft war, und riss ihn zu Boden. Instinktiv rollte Matt sich ab. Er rutschte ein paar Meter über das glitschige Holz, hörte hinter sich das rasch näherkommende Bersten und das triumphierend klingende Pfeifen.
    Matthew spürte, wie sein Körper über den Rand des Stegs hinweg schlitterte. Seine Hände tasteten hilflos durch die Luft, fanden Halt an einem Pfahl. Mit einem Ruck zog er sich daran hoch und kam wieder auf die Fuße.
    Zu spät. Das Wesen war bereits da.
    ***
    Da Hooard und Selmaa jede noch so kleine Gasse und jeden Winkel ihrer Stadt zu kennen schienen, gelangten sie schneller zum Hafen, als Aiko erwartet hatte. Doch auf dem überfüllten Platz vor den Schiffen brach dann endgültig das Chaos aus.
    Hunderte stürmten auf die Planken zu, die von den Schiffen auf die Mauern ragten, und wurden von Matrosen mit Speeren zurückgetrieben.
    »Wo müssen wir hin?«, rief Aiko über den Lärm hinweg.
    »Da hinten, das Schiff mit den roten Fahnen.« Selmaa zeigte grob in Richtung Meer.
    »Es gehört unserem Neffen. Dort ist bestimmt auch noch ein Platz für dich.«
    Aiko schob sich durch die Menge. Der alte Mann auf seinen Armen trat nach allzu aufdringlichen Dränglern und verschaffte ihnen so ein wenig Platz. Selmaas ständiges Gekeife tat ein Übriges. Trotzdem gehörten sie zu den Letzten, die an den Anlegeplätzen eintrafen.
    »Dort ist es!« Selmaa humpelte auf ein kleines Schiff zu, das tief im Wasser lag. Aiko schätzte, dass sich allein auf Deck über dreißig Menschen aufhielten, vielleicht noch mehr im Bauch des Schiffs. Es war völlig überladen.
    Trotzdem winkte ihnen der junge Mann zu, der an der Rampe stand. »Kommt!«, rief er.
    »Wir müssen ablegen!«
    Selmaa zog Aiko am Arm weiter. Der junge Mann öffnete den Mund, als er sah, dass alle drei das Schiff betreten wollten, aber sie kam ihm zuvor.
    »Das ist Aiko. Er hat deinen Onkel gerettet. Er kommt mit.«
    »Ja, Tante Selmaa.«
    Er gab den Weg mit gesenktem Kopf frei. Aiko balancierte über die Planke, die eingezogen wurde, kaum dass er das Deck erreicht hat. Vorsichtig setzte er Hooard ab und blieb an der Reling stehen. Neben ihnen legten die letzten Schiffe ab. Am Hafen selbst war kein Mensch mehr zu sehen.
    »Wir haben Glück«, sagte Selmaa. »Es scheinen alle mitgekommen zu sein.«
    Hooard nickte. »Zumindest alle, die es versucht haben. Wer weiß, wie viele keine Bax haben und jetzt zu Hause um ihr Leben fürchten.«
    Aiko sah ihn an. »Wovor fürchten sie sich? Und warum flieht ihr alle auf die Schiffe?«
    »Weil sie in den kurzen Nächten kommen. Im Winter finden sie genügend andere Beute, aber in den Sommern, kurz bevor die Mitternachtssonne die Jagd unmöglich macht, treibt die Gier sie in den Wahnsinn. Dann kommen sie bis nach Pootland.«
    »Wer?«
    Hooard atmete tief durch. »Die Mols natürlich«, sagte er in einem Tonfall, als spräche er zu einem Idioten. »Was glaubst du denn, vor wem wir sonst fliehen?«
    Woher soll ich das wissen?, dachte Aiko, aber laut antwortete er nur: »Ich komme von weit her. Bei uns gibt es keine Mols.«
    »Dann halten die Götter ihre Hände schützend über dein Land.« Hooard stutzte und kratzte sich am Kopf. »Keine Mols?«, hakte er dann nach.
    Aiko nickte.
    »Aber woher bekommt ihr

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