060 - Jenseits der Dämmerung
Bauch war direkt vor ihm.
Das Erdhörnchen pfiff.
Matt schoss.
***
Aiko ließ den Arm sinken und zog sich auf die Kaimauer. Er hatte den Driller werfen müssen; er selbst hätte Maddrax nicht mehr rechtzeitig erreicht. Der lag jetzt zwar unter dem sterbenden Mol begraben, aber das Tier zuckte nur noch und stellte keine Gefahr mehr dar. Das hundegroße Nagetier, das ein Stück entfernt saß, pfiff zwar lautstark, machte jedoch keinen Angriffsversuch.
»Leg das Erdhörnchen um!« Matts Stimme klang unter dem Kadaver so gepresst, dass Aiko sie kaum verstehen konnte.
»Was?«, fragte er und kam näher.
»Du sollst das Erdhörnchen töten! Mach schon…«
Aiko hakte nicht weiter nach, sondern zog seinen Dolch. Das Nagetier saß völlig still, fiepte ungeachtet der Gefahr weiter. Nur Sekunden später ragte ein Dolchgriff aus seiner Brust. Aus dem Fiepen wurde ein kurzes Quieken, dann war es vorbei.
Aiko drehte sich um und griff nach dem Molkadaver. Das Tier musste rund zweihundert Kilo wiegen, aber er spürte die Anstrengung kaum, als er es hochhob und zur Seite warf.
Matthew seufzte hörbar erleichtert und setzte sich auf. Seine Uniform und seine Hände waren voller Blut.
»Alles in Ordnung?«, fragte Aiko besorgt.
»Ja, das ist sein Blut, nicht meins. Gut, dass du so schnell reagiert hast.« Er zeigte auf das tote Nagetier. »Die Erdhörnchen und die Maulwürfe scheinen eine Art Symbiose eingegangen zu sein. Die Erdhörnchen suchen die Beute und alarmieren die Maulwürfe, die dann angreifen. Das hier wollte vermutlich gerade Verstärkung holen.«
Aiko zog den Dolch aus dem Nagetier und wischte die Klinge am Fell ab. »Ich weiß nichts über diese Tiere«, sagte er dann, »aber die Einheimischen nennen deinen Maulwurf Mol. Sie fürchten ihn, sind jedoch gleichzeitig von den Rohstoffen abhängig, die sie durch ihn gewinnen.« Er half Matt auf die Beine. »Wo ist Aruula?«
»Wir haben uns getrennt, um den Maulw-, den Mol zu verwirren. Sie wartet bei den Gleitern, und dort sollten wir auch hingehen, bevor mehr von diesen Viechern auftauchen.«
Aiko nickte. Es gefiel ihm nicht, dass Aruula allein unterwegs war. Sie war zwar eine gute Kämpferin, aber unbewaffnet konnte sie nichts gegen einen Mol ausrichten.
Hoffentlich hat sie es bis zu den Gleitern geschafft, dachte er. Dort hat sie wenigstens ihr Schwert. Er war froh, die sperrige Waffe dort zurückgelassen zu haben.
Ein Pfeifen und Matts fast gleichzeitig ausgestoßenes »Scheiße!« rissen ihn aus seinen Gedanken. Automatisch griffen seine Hände nach Maschinenpistole und Dolch und zogen sie hervor, noch bevor seine Augen die neue Gefahr im Schlamm ausgemacht hatten.
Wie aus dem Nichts tauchte das Erdhörnchen auf. Seine Melodie wurde von einem zweiten aufgenommen, das wohl noch ungesehen irgendwo in einer Gasse hockte.
»Zwei Erdhörnchen, zwei Mols«, sagte Matthew düster. »Ich glaube, wir haben ein Problem.«
Als Cyborg war Aiko den Tieren nicht ganz so unterlegen wie ein normaler Mensch. Er aktivierte den Restlichtverstärker, sondierte kurz die Umgebung und kam zu dem Schluss, dass eine Flucht sinnlos war. Er hatte gesehen, wie schnell sich die Tiere im Schlamm bewegen konnten. Selbst auf den Stegen war ein Mensch langsamer. Es blieb also nur der Kamp f.
»Da ist einer«, sagte er, als er eine Bewegung wahrnahm.
»Wo?«
»Zweiundzwanzig Meter die Straße hinunter. Er kommt direkt auf uns zu.«
»Siehst du einen zweiten?«
»Nein… ja«, korrigierte Aiko frustriert. »Sie bewegen sich hintereinander.«
Neben ihm nahm Matt den Driller in Combat-Anschlag und trat ein Stück zur Seite, um ihnen beiden einen größeren Aktionsradius zu verschaffen.
»Ich versuche sie abzulenken«, sagte Aiko. »Dann hast du freie Hand.«
Matt Drax nickte.
Im gleichen Moment fächerten die Mols auseinander. Zwei glitten nach rechts und links weg und schlugen einen Bogen, während ein dritter plötzlich in der Mitte vorstieß.
Aiko spürte, wie sein Mund trocken wurde. »Sie sind zu dritt«, sagte er.
»Ich sehe es. Wie wärs mit einer Taktikänderung? Rücken an Rücken?«
»Einverstanden.« Bei einer solchen Übermacht war dies das einzig Vernünftige. Aiko nahm seinen Platz ein und suchte im Schlamm nach festem Halt. Das ständige Pfeifen der Erdhörnchen brachte seine Schläfen zum Pochen.
Der mittlere Mol schien es allein versuchen zu wollen. Immer schneller bewegte er sich auf seine Beute zu. Aiko sah das Spiel der kräftigen Muskeln, die Krallen an
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