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060 - Jenseits der Dämmerung

060 - Jenseits der Dämmerung

Titel: 060 - Jenseits der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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den Schaufeln so lang wie Messerklingen, und das geöffnete Maul voller Reißzähne.
    Ein würdiger Gegner, dachte er.
    ***
    Er war ein Feldherr, ein Krieger, der Stolz und Ehre kannte und seine Männer hoch erhobenen Hauptes in den Kampf gegen einen schier übermächtigen Gegner führte. Kein einfacher Jäger konnte so etwas vollbringen, und doch bezeichneten die Einwohner von Pootland ihn nie als Krieger, nur als Jäger.
    Ihre Dummheit und Ignoranz beschäftigten Peck, wenn er sich in seine Gedanken zurückzog und über das Leben nachdachte. Natürlich erwiesen die Einwohner den Moluntern Respekt und neigten den Kopf, wenn sie einem von ihnen begegneten. Sie mussten für nichts bezahlen, aßen, schliefen und lebten kostenlos, weil jedes Geschäft sich damit brüsten wollte, gut genug für die Molunter zu sein. Das erhöhte den Umsatz.
    Beliebt waren die Molunter jedoch nicht.
    Sie hassen es, von uns abhängig zu sein, dachte Peck. Nur zeigen werden sie das nie.
    Dafür hatten sie andere Möglichkeiten gefunden, ihre Abneigung deutlich zu machen.
    Es galt als schändlich, mit einem Molunter gesehen zu werden, und keine Frau hätte es je gewagt, mit einem auszugehen. Den Kindern brachte man schon früh bei, dass ein ehrenwerter Pootlander niemals einen solchen Beruf ergreifen würde, und so war Peck gezwungen, seine Männer aus Matrosen, entflohenen Sklaven und Verbrechern zu rekrutieren. Die meisten warfen bereits beim ersten Angriff die Harpunen hin, aber wer diese Initiation überstand, blieb dabei, bis er genügend Geld hatte, um eine Farm im Süden zu kaufen oder bis ihn der Tod ereilte – was auch immer zuerst geschah. Der Kampf gegen die Mols war wie eine Sucht, der man nicht entfliehen konnte.
    »Hey Peck, da ist einer!«
    Er drehte sich um und trat an den Rand des Daches, wo der Neue – sein Name lautete Ishmaal, wenn es denn sein richtiger war – mit einer abgedunkelten Laterne in der Hand wartete. Die Kundschafter hatten mit ihren Laternen die Anwesenheit von drei Mols signalisiert, die sich auf den Hafen zu bewegten. Einen vierten hatten sie aus den Augen verloren.
    Peck spähte in die Dunkelheit. Er hörte Pfeifen und krachendes Holz, dann tauchte ein Mann verfolgt von einem Mol am Hafen auf.
    »Ist das nicht der Typ aus der Taverne?«, fragte Ishmaal nach einem Moment.
    »Ich glaube schon.«
    »Dann wäre er bestimmt froh, wenn er jetzt bei uns hier oben und nicht allein dort unten wäre.«
    Peck nickte ohne zu antworten. Der Fremde lieferte einen guten Kampf ab, aber unbewaffnet hatte er keine Chance gegen den Mol. In Gedanken ging Peck mögliche Taktiken durch. Er selbst war zwar ein guter Harpunier, aber ohne einen zweiten Mann, dem er vertrauen konnte, nutzte das nichts. Ishmaal schloss er sofort aus, denn der war erst seit drei Tagen bei ihnen, und auch wenn er den Enthusiasmus eines jungen Lupa zeigte, hatte er sich noch nicht bewährt. Sein eigenes Leben zu riskieren, um den Fremden zu retten, kam für Peck ebenfalls nicht in Frage. Ohne seine Fähigkeiten wären die Molunter verloren.
    »Signalisiere den anderen, dass sie zu uns stoßen sollen«, sagte er stattdessen, während er den Kampf weiter beobachtete. Mittlerweile hatte der Mol den Fremden in die Enge getrieben.
    »Sieht schlecht aus«, kommentierte Ishmaal die Szene, doch dann tauchte unerwartet ein zweiter Mann auf, der die Situation völlig umdrehte und dem Fremden den Sieg ermö glichte. Peck konnte kaum glauben, mit welcher Mühelosigkeit er den schweren Kadaver des Mols bewegte.
    »Ich brauche diese Männer und ihre Waffen«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Ishmaal. »Es ist mir egal, ob ich sie erpressen, betrügen oder zwingen muss. Sie mü ssen Molunter werden.«
    »Wer muss Molunter werden?« Es war Quees Stimme, die die Frage gestellt hatte. Sein Chefharpunier war also mit seiner Gruppe angekommen.
    Peck wartete, bis alle das Dach betreten hatten. Dann zeigte er auf die beiden Fremden, die noch dabei waren, ihre Waffen zu säubern.
    »Diese beiden sollen zu uns stoßen. Bringt sie zu mir.«
    »Dann werden wir uns aber beeilen müssen«, sagte Quee, der in die andere Richtung blickte. »Die drei Mols, die wir verfolgt haben, sind hier.«
    »Drei?« Ishmaal wurde blass unter der schwarzen Farbe, die sein Gesicht bedeckte. »Ich dachte, es sei zu gefährlich, mehr als einen zu jagen.«
    Quee war mit einem Satz bei ihm und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. »Peck entscheidet, was gefährlich ist. Wenn er sagt, wir

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