0600 - Die unsichtbare Grenze
einen halb zornigen, halb fragenden Blick auf seinen Vorgesetzten. Dann wandte er sich dem Arzt wieder zu.
„Und was wollen Sie?"
„Ich bitte, Sir, mir einen Termin anzugeben, der Ihnen zur Durchführung des Testes genehm ist."
„Was für ein Test?!" schrie Bully, außer sich vor Zorn.
„Derselbe Test, den Sie für den Großadministrator und den Lordadmiral beantragt haben, Sir. Beantragt vom Großadministrator selbst, befürwortet von Lordadmiral Atlan, General Danton und dem Ersten Wissenschaftssenator Waringer."
Reginald Bull wirbelte herum. Das breite, sonst so freundliche Gesicht war hochrot vor unbeherrschter Wut.
„Das hast du mir eingebrockt!" schrie er Rhodan an.
Perry Rhodan nickte.
„Exekutivorder Nummer zweitausendachthundertdreiunddreißig", lächelte er. „Sprechen wir jetzt miteinander?"
Bully überlegte ein paar Sekunden. Dann bellte er in Richtung des Bildschirms: „Wir sprechen uns noch!"
„Jawohl, Sir", reagierte der Arzt, dem es zu gefallen schien, daß er sich in Gegenwart des Großadministrators an dem Staatsmarschall für den unangenehmen Auftrag rächen konnte, den dieser ihm vor einer Stunde gegeben hatte. „Soll ich die Solarmarschälle Tifflor und Deighton von Ihrem Entschluß in Kenntnis setzen, Sir?"
„Warum diese beiden?" tobte Bully.
„Weil sie ebenso zur Untersuchung zitiert wurden, Sir", antwortete der Arzt ungerührt. „Auf demselben Antrag, mit denselben Befürwortungen."
Bully ballte die Fäuste und knirschte mit den Zähnen.
„Vergessen Sie die ganze Angelegenheit vorerst", befahl er dem Mediziner. „Wir kommen später darauf zurück."
„Jawohl, Sir. Bedenken Sie jedoch, daß eine Frist von insgesamt zwanzig Stunden nicht überschritten werden darf."
Mit einem wütenden Schlag auf die Schalttaste unterbrach Bully die Verbindung. Er starrte eine Zeitlang vor sich hin. Als er sich schließlich Rhodan zuwandte, hatte er die Beherrschung teilweise wiedergewonnen.
„Also schön, ich kapituliere", knurrte er. „Vorläufig. Später sehen wir weiter. Worüber sprechen wir?"
„Zuerst werden Tifflor und Deighton hierher gerufen", entschied Rhodan. „Ich will, daß sie an der Unterredung teilnehmen."
Reginald Bull gehorchte. Die Art, wie er den Befehl ausführte, verstärkte in Perry Rhodan die Erkenntnis, daß er zwar Zeit, aber keinen Freund gewonnen hatte.
*
Die geplante Unterredung kam nicht zustande. Noch bevor die Marschälle Tifflor und Deighton benachrichtigt werden konnten, erhielt Reginald Bull einen Anruf der Kommunikationszentrale.
Der Text, dem die vier Besucher mühelos folgen konnten, war verwirrend: Ein unbekanntes Flugobjekt war in einer Parkbahn über der Erdoberfläche aufgetaucht und ersuchte um Landeerlaubnis. Der Sprecher in der Zentrale fügte hinzu: „Die Identifizierung des Objekts ist bislang nicht einwandfrei gelungen. Nach den Erwägungen des Zentralorters handelt es sich vermutlich um eine der alten Explorer-Einheiten, die seit langem als verschollen gelten."
„Besteht eine optische Verbindung?" erkundigte sich Bull.
„Nein, Sir. Die Leute behaupten, ihr Sender sei nur noch zum Teil aktiv und könne die Bandbreite nicht mehr aufbringen."
Nach Beendigung des Gesprächs gönnte sich Bull eine Sekunde des Nachdenkens.
„Ich möchte das an Ort und Stelle sehen", entschied er schließlich. „Ich nehme an, daß dich dieser Fall auch interessiert?"
Die Frage war an Rhodan gerichtet. Da die Landeerlaubnis unverzüglich erteilt worden war, war mit der Landung des unbekannten Fahrzeugs in wenigen Minuten zu rechnen.
„Einverstanden", erklärte der Großadministrator. „Wir kommen mit!"
Die Fahrt zum Raumhafen war ereignislos. Reginald Bull verhielt sich distanziert, wie man es von einem Mann erwartete, der vor kurzem durch seinen eigenen Trick hereingelegt worden war. Die Grenze des Hafengeländes wurde anstandslos passiert.
Der Gleiter bewegte sich zwischen den Kugeln einiger kürzlich gelandeter Schiffe hindurch auf eine freie Fläche hinaus.
Rechts im Hintergrund erschien, unverkennbar in ihrer Wucht und Größe, die Kugelzelle der MARCO POLO. Sie lag einsam und verlassen. Anscheinend hatten die Mannschaften und Offiziere sich längst ausgeschleust und waren auf dem Wege, jeder nach seiner Art die Freiheit vom Dienst zu genießen, von der man ohnehin nie wissen konnte, wie lange sie dauern würde.
Seit der Landung des Flaggschiffes waren mehr als drei Stunden verstrichen. Es war anzunehmen, daß außer
Weitere Kostenlose Bücher