0600 - Die unsichtbare Grenze
ich verstehe. Warten Sie! Sofort ... so, der Zugang ist offen!"
Das Schirmfeld zu beiden Seiten des Pfostens erstrahlte plötzlich in orangefarbenem Licht. Nur unmittelbar rechts des Pfostens gab es eine zwei Meter breite Lücke. Perry Rhodan schritt hindurch. Es gab einen Pfad, der durch das Gebüsch und die Bäume zum Haus hinaufführte. Unter der Tür des Hauses, von zwei seitlich angebrachten Lampen hell erleuchtet, stand ein mittelgroßer, stämmig gebauter Mann. Er sah genauso aus, wie Rhodan ihn in Erinnerung hatte.
Der Mann musterte seinen Besucher mit einer Mischung aus Mißtrauen und Neugierde. Die Hand, die Rhodan ihm entgegenstreckte, ergriff er nur zögernd.
„Ich weiß nicht...", begann er verwirrt.
„Lassen Sie sich durch die Uniform nicht stören, mein Freund", unterbrach ihn Rhodan lachend. „Ich bin der, den Sie zu sehen glauben. Nur aus einer anderen Welt. Und Sie sind ...?"
„Higginbothams", beantwortete der Stämmige die nicht zu Ende gesprochene Frage. „Amos Elfrey Higginbothams."
„Der Teufel sind Sie!" antwortete Rhodan angriffslustig. „Sie machen mir nichts vor, Oberst!"
„Oberst...?"
„Also schön: Oberst außer Dienst. Tycho Ramath, ehemals der ärgste Feind des Großadministrators!"
Der Stämmige lächelte. „Ehemals ...?" meinte er. Er lud seinen Gast ins Haus ein. Was seinen Geschmack anging, unterschied sich dieser Tycho Ramath kaum von dem auf der parallelen Bezugsebene. Der Raum, in den er Perry Rhodan führte, war nach der Art einer spätmittelalterlichen Ritterhalle ausgestattet.
Ein riesiger Kamin beherrschte die lange Ruckwand. Davor stand ein wuchtiger, langer Tisch mit klobigen Holzsesseln.
„Sie wagen viel", eröffnete Ramath die Unterhaltung, nachdem sie Platz genommen hatten. „Außerdem bringen Sie mich in Gefahr."
„Das ist richtig", gab Rhodan zu. „Allerdings unvermeidlich. Ich bin mit fast achttausend Mann gefangen und muß damit rechnen, daß die hiesige Administration uns abservieren will. Da kann ich nicht besonders wählerisch sein."
Ramath nickte. Er war ein ruhigerer, beherrschterer Mann als der, den Perry Rhodan kannte. Bedächtigkeit sprach aus jeder seiner Bewegungen.
„Sie brauchen Hilfe?" fragte er ohne Umschweife.
„Sie nehmen mir das Wort aus den Mund", gestand sein Gast.
„Wie sind Sie auf mich verfallen?"
„Einfach. Auf meiner Bezugsebene ist Tycho Ramath ein Gegner der Administration, ist es immer gewesen. Vor sechs Jahren, anläßlich der Wahl zum Großadministrator, trachtete er mir nach dem Leben. Das kam an den Tag. Er wurde von der Flotte verabschiedet. Aber auch als Oberst außer Dienst behielt er die meisten seiner Anhänger. Er agiert nach wie vor gegen mich, aber ich glaube, daß die Bedeutung seiner Partei allmählich abnimmt. Dort, woher ich komme, ist Tycho Ramath ein gewalttätiger, rücksichtsloser, skrupelloser Geselle. Hier ist es die Administration, die diese Attribute verdient. Ich hoffe daher, in Ihnen einen Mann zu finden, der mir seelisch näher verwandt ist als mein Gegenspieler, Rhodan-zwei."
Der Bericht amüsierte Ramath.
„So ähnlich erging es mir. Allerdings verübte ich niemals einen Anschlag auf den Großadministrator. Wäre das an den Tag gekommen, so lebte ich nicht mehr. Nein, ich wurde ihm durch politische Äußerungen unbequem. Wahrscheinlich hätte er mich gerne als Verräter gebrandmarkt und umbringen lassen. Aber auch ich verfüge auf dieser Welt - dieser Bezugsebene, wie Sie sie nennen - über eine zahlreiche Anhängerschaft. Also begnügte man sich damit, mich zum Abschied zu zwingen. Ich bin nach wie vor der Gegner der hiesigen Rhodan-Administration und hoffe, bei Gelegenheit tatkräftig gegen diese Regierung vorgehen zu können."
Er musterte seinen Besucher.
„Woher weiß ich, daß Sie nicht in Wirklichkeit Rhodan-zwei sind, der hier herkam, um mich auszuhorchen und dann zu erledigen?"
„Ich weiß nicht, woher Sie es wissen", konterte Rhodan trocken.
„Aber daß Sie es wissen, daran besteht kein Zweifel; sonst hätten Sie eben nicht so offen gesprochen."
Ramath lachte.
„Sie sind verteufelt klug! Ich glaube, ich werde Ihnen helfen können."
Er stand auf und besorgte aus dem halbdunklen Hintergrund der Halle zwei zinnerne Humpen, über deren Rand der Schaum sorgfältig abgezapften Bieres hinauslugte. Er setzte die Humpen auf den Tisch.
„Über einem vernünftigen Getränk spricht es sich besser", erklärte er.
Sie tranken einander zu.
„Also - Sie haben schon
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