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0602 - Brutstätte des Bösen

0602 - Brutstätte des Bösen

Titel: 0602 - Brutstätte des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Macht, um zuschlagen zu können, und er hat zugeschlagen, das können Sie mir glauben. Es ist nicht mehr das Kloster, wie ich es kenne. Hier hat das Böse die Kontrolle übernommen.« Bei seinem letzten Satz schaute er Rosa an, als erwartete er von ihr eine Bestätigung.
    Rosa sagte nichts. Sie stand da und drehte den Kopf, als suchte sie nach einem Flair. Bis sie nickte und mit kaum verständlicher Stimme hauchte: »Si, das stimmt.«
    Marinus ging einen schleichenden Schritt auf sie zu. »Dann hast du es ebenfalls gespürt?«
    »Es hat sich einiges verändert. Ich glaube nicht, daß deine Brüder die Kontrolle über das Kloster besitzen. Sie… sie haben sie abgegeben, der Geist ist überall. Ich spüre kein Leben mehr, versteht ihr?«
    Sie hauchte die Worte wieder.
    »Was soll das bedeuten?«
    Rosa schaute mich an. »Alle liegen in der Agonie. Man hat sie überrascht. Das Böse ist endgültig frei. Es hat sich ausgebreitet. Es wird auf nichts mehr Rücksicht nehmen.«
    Wir glaubten Rosa. Ich spürte ein Kratzen in der Kehle, tastete nach meinem Kreuz und merkte, daß es normal geblieben war. Es hatte sich nicht erwärmt.
    Wenn das Böse hier umhergeisterte, weshalb meldete sich das Kreuz dann nicht? Ein schrecklicher Gedanke fuhr in mir hoch. War es möglicherweise ausgeschaltet worden? Sollte der Satan tatsächlich die Kraft besitzen, das Kreuz von seiner Wirkung zu befreien?
    Bevor ich stärker darüber nachdenken oder auch sprechen konnte, veränderte sich die Lage durch die Schritte, die plötzlich an unsere Ohren drangen.
    Das Geräusch war nicht normal, so ging niemand. Es sei denn, er hatte etwas Bestimmtes vor.
    Die Schritte wurden behutsam gesetzt. Gemeinsam drehten wir uns nach rechts, denn aus dieser Richtung waren sie aufgeklungen.
    »Wer kann das sein?« fragte Glenda gerade so laut, daß sie von uns verstanden werden konnte.
    Ich hob die Schultern, schaute dabei Marinus an, der gerade nickte. »Ich erkenne sie am Klang«, sagte er leise, »ja, ich erkenne sie genau. Es gibt nur einen, der so geht. Er kann sich auch nicht verstellen, wenn er nicht normal daherschreitet.«
    »Wer ist es?« rief Glenda überlaut.
    »Rudolfo, der Abt. Er ist gekommen, um uns zu begrüßen!« Die Antwort gab der Padre mit einer tiefen Grabesstimme, als würde er sich schon jetzt fürchten.
    Wir warteten auf ihn. Noch war er nicht zu sehen. Im Licht hätten wir ihn längst erkannt, so aber blieb er uns zunächst noch verborgen. Aber er kam näher, was wir am Klang der Tritte hörten und erreichte sehr bald den äußeren Schein des flackernden Kerzenlichts, der seine Umrisse wie einen gefährlichen Schatten vom Boden her abhob.
    Der Abt machte auf mich einen unheimlichen Eindruck. Es konnte durchaus an der langen Kutte liegen, die mit ihrem Saum fast über den Boden schleifte.
    Sein Gesicht bewegte sich als unruhiger Fleck innerhalb der Kapuzenöffnung. Da verschwammen Mund, Nase und Augen. Seine Haltung war nicht normal, er hatte einen Arm – den rechten – ausgestreckt, nur der linke hing normal herab.
    Bei jedem Schritt hinterließ er ein Echo auf dem Steinboden. Er hatte sehr hart zugetreten, wollte uns womöglich seine Macht beweisen. Rosa reagierte als erste.
    Während wir regungslos standen und auf den Abt warteten, ging sie einen Schritt zurück, den Kopf dabei schüttelnd. »Nein«, sagte sie, »nein, er soll gehen.«
    »Warum?« flüsterte ich.
    »Das kann… das kann ich genau sagen. In ihm steckt etwas Schreckliches, etwas Böses. Das spüre ich. Es … es dringt mir entgegen, und ich kann es nicht abwehren.«
    »Wie meinst du das?«
    Rosa gab keine Erklärung mehr. Statt dessen umklammerte sie die rechte Schulter des Mönchs, als wollte sie bei ihm einen besonderen Halt bekommen.
    Der Abt ging noch zwei Meter vor, neigte seinen Kopf, als wollte er uns begrüßen, hob das Gesicht wieder an und hielt es so gegen den Kerzenschein, daß es von einer Mischung aus Licht und Schatten überflutet wurde und einen unheimlichen Ausdruck bekam.
    Der Abt war jünger als Marinus. Auch sein Haar zeigte noch kein Grau. Ich sah einen schwarzen Ansatz über der Stirn. Sein Gesicht wirkte wie aus Knochen modelliert. Dünne Haut bedeckte die Wangen, in der ich kleine Kuhlen erkannte. Ein breiter Mund floß unter seiner schmalen, langen Nase, und in den Pupillen, die aussahen wie kleine, schwarze Teiche, verfingen sich die Lichtreflexe.
    Er sprach nicht, schaute uns nur an. Hin und wieder bewegten sich die Falten der langen Kutte.

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