0604 - Stunden der Angst
nicht.« Otis nickte Swane zu. »Ich glaube, der Mister muß mal spüren, was es heißt, hier eine große Klappe zu haben. So geht das nicht.«
»Meine ich auch, Otis.« Auf diesen Befehl hatte Swane gewartet.
Seine Augen glänzten, als er die Schultern vorschob, die Lippen in die Breite zog und auf Bill Conolly zukam. Dabei streichelte er mit der linken Hand den über den Knöcheln der rechten hervorstechenden blanken Schlagring. Es war klar, daß er dieses gemeine Instrument einsetzen würde.
Bill Conolly war kein Feigling. Er wußte auch, wie er sich zu wehren hatte, aber er wollte nicht unbedingt irgendwelche Blessuren abbekommen und wartete ab.
»Dein Wagen gefällt mir, Hausbesitzer. Der ist viel zu schade für dich, verstehst du?«
»Nein.«
»Ich will ihn haben.« Swane ging noch immer. Seine Blicke tasteten Bill ab, und der Reporter merkte, daß der andere eine Stelle suchte, wo er zuschlagen wollte.
Als er zuckte, um zuschlagen zu können, war Bill schneller. Der trat blitzschnell zu und traf Swane, der sich einfach zu sicher gefühlt hatte.
Der Typ mit dem Stirnband glotzte den Reporter unverständlich an. Nur für die Dauer einer Sekunde, dann wühlte der Schmerz hoch, er stöhnte und preßte seine freie Hand auf die getroffene Stelle, während er zwei taumelige Schritte zurückging.
Otis konnte es auch kaum fassen. »Das machst du nicht noch einmal!« keuchte er.
»Klar doch!« erklärte Bill und zog blitzschnell seine Pistole. Es war nicht die goldene, sondern eine normale Waffe, eine Beretta, die er ebenfalls bei sich hatte.
Otis stand da, als hätte man ihn vereist. Ihm ging plötzlich auf, daß der angebliche Hauskäufer doch nicht so harmlos war, wie er getan hatte.
»Willst du was sagen?« fragte Bill.
»Nein… ein, ich …«
»Ist auch besser so.« Bill richtete die Waffe weiterhin auf Otis, kümmerte sich aber um dessen Kumpan. »Hör zu, du Held! Ich will, daß du deinen Schmuck da abstreifst. Der ist mir zu gefährlich. So etwas hasse ich nun mal.«
Swane massierte eine Stelle südlich des Bauchnabels. »Verdammt, ich werde dich…«
»Weg mit dem Schlagring!«
Nach diesem Befehl gehorchte er. Bei diesen Typen zählte als Argument nur eine Waffe. Ohne sie konnte man sie nicht schocken.
Wütend schleuderte Otis den Schlagring in die Dunkelheit. Beide sahen das zufriedene Nicken des Reporters.
»Ihr seid klasse!«
»Freu dich nur nicht zu früh!« zischelte Otis. »Wir kommen noch richtig in Form.«
»Klar – später!« Bill nickte. »Ihr habt übrigens recht gehabt. Mir wäre nicht im Traum eingefallen, die Bude hier zu kaufen. Ich suche nämlich jemanden. Vielleicht könnt ihr mir helfen.«
»Nein!«
»Nicht so voreilig, Meister.« Bill grinste Otis an. »Ihr habt nicht zufällig einen Freund von mir gesehen?«
»Hier gibt es keinen!«
»Laßt mich ausreden. Er fällt auf, er müßte aufgefallen sein, er ist nämlich ein Chinese!«
»Hier rennt kein Schlitzauge herum. Oder hast du eines gesehen, Swane?«
»Nie, Otis, nie.«
»Und das soll ich glauben?« höhnte Bill.
»Aber klar.«
Bill lächelte. »Ich würde euch ja gern vertrauen, aber wenn ich euch so vor mir sehe, fällt es mir verdammt schwer. Deshalb mache ich euch einen Vorschlag. Wir drei werden uns ein wenig bewegen. Spazierengehen. Ihr führt mich durch die Häuser, den Stall, den vor allen Dingen, dann sehen wir weiter.«
Als Bill den Stall angesprochen hatte, wollten die beiden sich zwar zusammenreißen, was ihnen jedoch nicht so recht gelang. Das kurze Zucken der Mundwinkel, der wissende Blick der Augen, dies sagte dem Reporter mehr als viele Worte. Er hatte mit seiner Bemerkung genau ins Schwarze getroffen. Der Stall spielte noch immer die Hauptrolle, wie von John Sinclair beschrieben.
»Dann mal los!« sagte Bill. »Ihr werdet vor mir hergehen. Tut so, als wäre ich überhaupt nicht vorhanden.«
Sie blieben stehen, ignorierten zudem die Waffe des Reporters, was Bill wiederum wunderte. Sogar das feiste Grinsen sah er und auch, wie sie die Arme abspreizten.
Irgend etwas stimmte nicht.
Bill sah es nicht, er roch es. Es kam ihm vor wie eine Wolke, die an seinem Rücken herabtrieb und ihn umschlang. Aber eine Wolke aus Moder, ein widerlicher Geruch, der Ekel in ihm hochsteigen ließ.
Bill ging zur Seite, drehte sich – und sah das Monster. Widerlich und häßlich hockte es auf dem Dach seines Wagens und starrte ihn aus kalten Augen böse an…
***
In Deckung der Rückseite blieben wir stehen.
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