0604 - Stunden der Angst
nicht, daß sich die Kreatur vor ihm wegdrehte, um sich dem Angreifer stellen zu können.
Darauf hatte der Mann nur gewartet. Er hielt etwas in seiner Faust, das als langer, silberner und glänzender Gegenstand hervorragte, durch die Luft wischte, als er seinen Arm bewegte und die Klinge wuchtig in den Leib rammte.
Tief und dicht unter dem Maul verschwand die Waffe im Körper.
Den Griff hielt der Mann fest, trat mit dem rechten Fuß gegen den Körper. Das Monstrum rutschte nach hinten, die Klinge glitt wieder aus seinem Körper, dann prallte es zu Boden.
Es traf keinerlei Anstalten, sich abzustützen oder herumzuwälzen.
Schwer und rücklings breitete es sich aus, wobei aus der tiefen Wunde, die das Messer hinterlassen hatte, ein schwarzgrüner Strom hervorschoß: dämonisches Blut.
Der Mann mit dem Dolch beobachtete die Kreatur genau. Er war bereit, noch einmal anzugreifen und wieder sein Messer einzusetzen, das brauchte er nicht mehr. Dieser eine Stich hatte voll und ganz ausgereicht. Er war tief in den Körper hineingedrungen und hatte das dämonische Leben radikal zerstört. Die Lache vergrößerte sich. Umgekippte, aber noch brennende Kerzenflammen leckten hinein und verloschen zischend. Die Pusteln auf dem Rücken des Untiers platzten auf und entließen dicke, tropfenartige Spritzer, die sich überall verteilten.
Dann knackte es unter der Haut. Knochen brachen, als hätte man sie zerrissen. Das gleiche geschah mit dem Gesicht, auch seine Züge verflossen.
Tony bekam nicht sehr viel vom Sterben der Kreatur mit, denn der Fremde nahm ihm den Großteil des Blicks. Doch der junge Mann begriff, daß die Gefahr vorbei und er gerettet worden war. Da war der Retter in der Not gekommen und hatte zugeschlagen, fast wie im Film.
Das Monster verging und löste sich auf innerhalb der schwarzen, leicht dampfenden Blutmasse.
Langsam drehte sich der Mann um. Den Dolch hielt er noch immer in der Hand.
Tony starrte auf die Klinge, an der noch die dunklen Blutreste der Kreatur klebten. Er sah das Lächeln auf dem Gesicht des Mannes und fühlte sich besser.
»Wer sind Sie, Mister?«
»Ich heiße John Sinclair!«
***
Tony Bedford starrte mich ungläubig an, als ich meinen Namen gesagt hatte. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, das kann nicht sein. Das glaube ich nicht. Wie kommen Sie hier in diesen Stall?«
Ich hob die Schultern. »Wollen Sie das wirklich wissen?«
»Ja, ich…«
»Bedanken Sie sich bei Ihrer Mutter, Tony. Sie hat dafür gesorgt, und wir haben beide Glück gehabt. Sekunden später, und es wäre um Sie geschehen gewesen.«
»Ich… ich weiß«, hauchte er und sprach von seiner Mutter. »Sie also hat Ihnen doch Bescheid gesagt.«
»Seien Sie froh. Und meinen Namen hat sie ja schon einige Male erwähnt, oder?«
»Sie… sie hörte von Ihnen, Mister.«
»Okay, wir reden später über alles.« Ich kümmerte mich um die Fesseln des Tony Bedford. Mit dem Dolch, der auch die Kreatur zur Hölle geschickt hatte, trennte ich die Stricke durch. Sie waren hart gespannt worden und zersprangen mit surrendem Geräusch. Peitschend fielen sie zu den Seiten hin weg. Zum Schluß kümmerte ich mich um die Fesseln an den Handgelenken des jungen Mannes. Als ich sie durchtrennte, da kippte er plötzlich nach vorn.
Am Kragen hielt ich ihn fest. Er war geschwächt worden, aus eigener Kraft konnte er sich nicht auf den Beinen halten. Ich stützte ihn ab. Wir standen im Schein der Kerzen, und ich hörte ihn weinen.
Jetzt erst folgte der Schock. Die Reaktion ließ ihn zittern und mit den Zähnen schlagen. Er schüttelte den Kopf, weinte, redete Worte, die ich nicht verstand und ließ sich von mir wegschleifen. Von einem normalen Gehen konnte da kaum gesprochen werden.
Ich wollte raus aus diesem alten Stall, nach draußen Luft schnappen und stieß die alte Tür mit dem Fuß auf.
Da hörte ich den Schrei.
Laut, irre, aber auch voller Freude. Mrs. Bedford hatte gerufen. Sie stand nicht weit entfernt zusammen mit Suko am Rover. Dahinter parkte der kleine Toyota der Bedfords, denn wir waren mit zwei Fahrzeugen den Rest der Strecke gefahren.
Die Frau rannte auf uns zu, und es gab kein Halten mehr für sie.
Sie riß ihren Sohn an sich, der diese Begrüßung völlig verstört über sich ergehen ließ, die Schwäche noch nicht überwunden hatte und seine Mutter fast umgerissen hätte.
»Mein Junge, mein Junge. Gott, Tony, was habe ich eine Angst um dich gehabt! Was habe ich gezittert und gebetet!«
Ich ließ die beiden
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