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0608 - Wo die Leichenfresser hausen

0608 - Wo die Leichenfresser hausen

Titel: 0608 - Wo die Leichenfresser hausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ohnehin zu spät dafür.
    Es stimmte ihn traurig, den guten Mann an seinem Eigensinn sterben zu sehen. Vargaz hätte schon gleich damals, als der Hai ihm ein Stück Fleisch aus der Wade biß, einen Medicus um Hilfe bitten sollen. Er hatte es nicht getan und darauf vertraut, daß die Wunde von selbst verheilte.
    »Diese verdammten, rotäugigen Bastarde«, stieß Vargaz nun hervor. »Stinkende, abscheuliche Kreaturen, halbnackt wie die Barbaren, zischend und fauchend und mit riesigen Zähnen. Sie sahen aus, als wären sie schon vor hundert Jahren begraben worden und wieder aus ihren Gräbern gekrochen.«
    Er mußte also wirklich etwas gesehen haben. Cristofero schüttelte sich. Der Fieberwahn bei Vargaz schien schon weit fortgeschritten zu sein, und…
    Plötzlich entdeckte der Grande einen Schleimbrocken auf der Stiefelspitze des Kapitäns.
    Er zuckte unwillkürlich zusammen.
    Dieser stinkende Schleim erinnerte ihn an den Erddämon, dem er begegnet war. Von einem Moment zum anderen nahm er die Sache ernst.
    »Wieviele waren es, sagtet Ihr?«
    »Sicher ein Dutzend, vielleicht mehr«, brummte Vargaz.
    »Warum fragt Ihr?«
    »Ich wollt’s nur wissen.«
    »Ihr klingt nicht sonderlich überzeugt.«
    »Aber ich bin es. Ich sehe jetzt mehr Gründe denn je, von hier schleunigst zu verschwinden.«
    »Und wohin? Wir wissen ja nicht einmal, wo wir uns befinden.«
    Don Cristofero warf einen Blick nach oben. Durch das lockere Blätterdach konnte er den Stand der Sonne erkennen.
    Ein zweiter, verstohlener Blick auf seine Armbanduhr - und er wußte, wo sich Westen befand. Er wies in die Richtung.
    »Ich gehe davon aus, daß wir uns irgendwo auf Espanola befinden«, sagte er. »Das heißt, wenn wir nach Port-au-Prince wollen, ist es am einfachsten, uns in westlicher Richtung zu bewegen.«
    »Seid Ihr da so sicher?« murrte Vargaz. »Vielleicht befinden wir uns auf der Landzunge, die südlich von Port-au-Prince noch viele Dutzend Meilen nach Westen ragt! Da könnte die Hafenstadt genauso im Nordosten liegen, von unserem Aufenthaltsort aus gesehen.«
    »Wir gehen nach Westen!« knurrte Cristofero und setzte sich bereits in Bewegung. »Folgt mir!«
    ***
    Es war nicht Kapitän Vargaz’ Verdienst, daß sich die unheimlichen Gestalten zurückgezogen hatten.
    Darcon hatte sie gerufen, und sie waren seinem Ruf gefolgt.
    Der Graue betrachtete die seltsamen Kreaturen, die sich jetzt um ihren Anführer Darcon scharten. Und der ahnte nicht, daß der Piratenkapitän gar nicht daran dachte, ihnen einen Vorteil zu verschaffen.
    Sie sollten die Menschen jagen, sie sollten sie ruhig auch töten - sofern sie nicht vorher ihrerseits von ihnen umgebracht wurden.
    Aber die Lebensenergie würde nicht dieser Gemeinschaft von Ghouls zukommen, sondern den ruhelosen Seelen der ertrunkenen Sklaven. Sie wollte der graue Dämon mit der Lebensenergie der Opfer füttern.
    Damit konnte er sie beruhigen. Was aus den Ghouls wurde, das interessierte ihn nicht.
    Sie waren für ihn nur Mittel zum Zweck.
    Immerhin - die Seelen der Verlorenen hatten die Ghouls aus ihrer Schlafstarre erweckt, und das war für den Grauen ganz gut so.
    Nun standen sie da, die schleimabsondernden, stinkenden Gestalten. Abgemagert vor Hunger, klapperdürr und beinahe skelettiert.
    Kein Wunder, daß sie in Starre verfallen waren.
    Doch nun waren sie wieder erwacht, und ihre roten Augen funkelten böse.
    Sie waren dem Ruf ihres Anführers nur unwillig gefolgt.
    Lieber hätten sie sich über die beiden Sterblichen hergemacht, die sie inmitten des Bannkreises entdeckt hatten.
    Auffordernd sahen sie jetzt Darcon und den Grauen an.
    Der Piratenkapitän hob beide Hände. »Ich werde euch jetzt aus dem Bannkreis hinausbringen«, versprach er. »Danach werdet ihr euren Teil des Paktes erfüllen, den Darcon mit mir schloß.«
    »Was ist das für ein Pakt?« fragte einer von ihnen heiser.
    »Wir trauen keinem aus der Schwarzen Familie. Ihr seid alle nur darauf aus, uns auszunutzen und zu betrügen. Ihr verachtet uns! Ihr nehmt uns nur zur Kenntnis, wenn es euch nützt!«
    Wie recht du hast, dachte der Dämon spöttisch.
    »Es ist ein Pakt, der euch Nahrung bringt. Die ihr tötet, sind meine Feinde.«
    »Warum tötest du sie nicht selbst?«
    Er lachte auf. »Das ist eine sehr gute Frage. Oh, ich könnte es jederzeit. Aber ich will, daß ihr euch wieder über diese Insel ausbreitet. Daß ihr die Sterblichen mit eurem Terror belegt. Warum sollte ich euch da in eurem Bannkreis weiter darben lassen? Ihr

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