0609 - Das Giftmüll-Monster
Parapsychologe Zamorra und dessen Gefährtin Nicole Duval lümmelten sich in den Gartenmöbeln auf der Terrasse.
Sie genossen die schon sehr warme, jetzt aber noch erträgliche Vormittagssonne.
Tendyke’s Home hatte wieder einmal eine der traditionellen und oft ausufernden Festivitäten erlebt, diesmal unter dem Motto ›Kostümball 17. Jahrhundert‹ Somit hatten sich Gäste und Gastgeber in nachgeschneiderte Kleidung der Barockzeit gezwängt.
Am stilechtesten waren Professor Zamorra und Nicole Duval aufgetreten. Ihre Kleidung war sogar absolut echt, denn sie hatten, sie frisch aus dem Jahr 1675 mitgebracht, in dem sie sich gerade einen Tag vorher noch anläßlich einer Zeitreise aufgehalten hatten… [1]
Jetzt, am Vormittag darauf und nach nur ein paar Stunden Schlaf, kleideten sie sich wesentlich legerer. Nicole hatte den umfangreichen Wust aus Stoff gegen Jeans und T-Shirt eingetauscht, Zamorra trug weiße Jeans und ein ebenfalls weißes, offenes Hemd, und Robert Tendyke, sonst generell in Western-Look gekleidet, trug zum Erstaunen aller diesmal nur Shorts.
Zamorra bediente sich gerade am Servierwagen, der eine Vielzahl erfrischender Getränke anbot, über Fruchtsäfte und kalte Tee-Sorten bis zum gekühlten Bier, an dem sich aber zu dieser Tageszeit noch niemand vergreifen wollte. Nicole nippte an einer Sektschale.
»Sind denn nicht alle Gäste außer uns längst fort?« fragte Zamorra jetzt.
»Ich hab’s noch nicht überprüft«, antwortete Tendyke.
Butler Scarth sah auf. »Verzeihung, Sir, ich habe es aber bereits kontrolliert. Demzufolge befinden sich noch drei der Gäste auf dem Grundstück. Genauer gesagt, einer schläft in einem der Gästezimmer. Die beiden anderen befinden sich allerdings nicht im Haus.«
»Nanu«, staunte Nicole und plazierte die Sektschale neben sich im Schatten. »Seit wann werden denn hier Strichlisten geführt?«
»Keine Strichlisten«, sagte Tendyke. »Aber eine Art Radaranlage draußen am Tor zählt Fahrzeuge und Insassen. Die Autos werden gewissermaßen durchleuchtet. Dadurch weiß ich, ob mehr Gäste als vorgesehen auftauchen, ob jemand im Kofferraum eingeschmuggelt oder entführt wird, und wenn Zu- und Abgänge miteinander verglichen werden, wissen wir, ob noch jemand hier ist.«
»Wissen deine Gäste von dieser Bespitzelung?« fragte Zamorra stirnrunzelnd.
Tendyke nickte. »Ihr etwa noch nicht? Sorry, dann habe ich nur vergessen, es euch zu erzählen. Bespitzelung ist ein böses Wort dafür, das hier nicht so richtig paßt. Manche Besucher wünschen sich sogar solche Sicherheitsüberwachung. Immerhin merken sie nichts davon, werden also nicht belästigt, und sie können davon ausgehen, daß sich weder Sensationsreporter noch Terroristen einschleichen oder jemand eine Autobombe einschmuggelt. Die Angst vor Attentätern ist nicht geringer geworden in den letzten Jahren.«
Er zuckte mit den Schultern. »Nun ja, wer hierher kommt, der kann sich auf jeden Fall sicher fühlen. Bei der Klientel aus Wirtschaft, Politik und Kunst, die sich darum reißt, eingeladen zu werden, ist das wohl wirklich ein Grundbedürfnis.«
»Und du profitierst davon, weil du überallhin Beziehungen aufbaust«, sagte Nicole.
»Sicher. Ist das verboten?« Er klang etwas aggressiv.
Überhaupt wirkte Tendyke heute ein wenig anders als bei ihren früheren Begegnungen.
Vielleicht lag es daran, daß Zamorra und Nicole ihn mit einem Aspekt seiner Vergangenheit konfrontiert hatten, der ihnen - gelinde ausgedrückt - etwas befremdlich erschien. Sie hatten Rob bei ihrer Zeitreise in einer seiner früheren Inkarnationen kennengelernt, die sich völlig von dem unterschied, was er heute darstellte.
Darauf angesprochen, war Tendyke aber nur ausgewichen und danach sehr schweigsam geworden.
Jetzt fuhr er stirnrunzelnd fort: »Je mehr Leute man kennt, desto mehr kann man erreichen. Geschäfte pflege ich allerdings hier und auf anderen Parties generell nicht anzubahnen. Hier entspannt man sich und genießt das Leben. Aber später können solche Bekanntschaften schon nützlich sein. Man sieht sich wieder und erinnert sich aneinander.«
Zamorra schmunzelte. »In der Tat - einer der Gäste sprach mich an und wollte wissen, ob ich zwischendurch mal wieder an der Harvard-Universität gewesen wäre. Ich kannte ihn nicht, aber er schien mich zu kennen.«
»Vielleicht einer deiner früheren Studenten.«
»Dazu war er zu alt.«
»Vielleicht wissen ja Monica und Uschi, war es war«, überlegte Robert Tendyke,
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