0609 - Das Giftmüll-Monster
und Coke-Dosen, kaputte Kochtöpfe, kaputte Videocassetten, zerschnippelte Pornohefte, Erpresserfotos, leere Feuerzeuge, Plastiktüten, auch mal Autoreifen oder ’ne tote Katze oder ’n toter Ronny… Für Giftmüll hätte es garantiert keine Genehmigung gegeben. Also hör auf, hier vom Weltuntergang zu krähen. -Okay, dann wollen wir Petes einstigen Supermann mal irgendwo unterbringen.«
Sie zerrten den Kunststoffsack mit dem Leichnam von der Ladefläche, dann zerrten sie ihn durch das Loch im Zaun und auf das Deponiegelände.
Immer wieder sahen sich die beiden Männer vorsichtig um.
Miguel konnte sich nicht vorstellen, daß die Deponie völlig unbewacht war, er rechnete ständig mit dem Auftauchen von Wächtern, die scharfe Hunde an der Leine führten. Aber nichts regte sich.
Sie schleppten den Toten einige hundert Meter weit und deponierten ihn am Fuße einer Aufschüttung.
In aller Gemütsruhe ging Roul dann zu einem schweren Bulldozer, kletterte hinein und startete die Maschine. Der Zündschlüssel hatte gesteckt.
Roul fuhr den Bulldozer an der Rückseite der aufgeschütteten Halde empor. Oben löste er eine Müll-Lawine aus, die den Sack mit dem Leichnam unter sich begrub.
Dann fuhr Roul den Dozer wieder zurück, schaltete die Maschine ab und kehrte zu Miguel zurück.
»Du mußt den Verstand verloren haben«, ächzte der Latino.
»Wenn das nun jemand gemerkt hätte!«
»Wer sollte es denn merken? Hier arbeitet nachts niemand. Und ich sehe nicht ein, daß ich mich schmutziger als nötig machen soll. Laß uns gehen.«
Sie kletterten durch das Loch wieder nach draußen, und Roul flocht die aufgetrennten Drahtenden wieder einigermaßen zusammen.
»Hier schaut kein Mensch hin«, versuchte er Miguel zu beruhigen. »Komm, verschwinden wir. Unsere Arbeit ist getan, und jeder von uns ist eine Viertelmillion Dollar reicher.«
Wenig später verschwand der Pickup in der Nacht.
Alles war, als wäre nie etwas geschehen…
***
Der elegant gekleidete Mann hob das Handy ans Ohr.
»Ja?« meldete er sich knapp.
»Das Paket wurde zugestellt«, vernahm er eine Stimme, dann war die Verbindung wieder unterbrochen.
Der Mann, den seine Freunde und Geschäftspartner einfach nur Pete nannten, wußte jetzt, daß Ronny Deveres Leichnam beseitigt worden war.
Er wollte nicht wissen, wo und wie. Nur, daß es passiert war und daß es kein Risiko mehr gab.
Eines wunderte ihn jedoch, wenn er nachträglich über die Sache nachdachte.
Als sie in die Wohnung und in Betty-Anns Schlafzimmer gestürmt waren, schien Ronny nicht einmal wirklich überrascht gewesen zu sein. Und er hatte sich kaum gewehrt.
Gerade so, als habe er gewußt, daß es jetzt passierte.
Und da war so ein eigenartiger Ausdruck in seinem Blick gewesen, als er Pete ansah, bevor Miguel ihn erschoß.
Sehr eigenartig…
***
Gegen Mittag des folgenden Tages erreichte einer von vielen Mülltransporten die Deponie. Die transportierten Stoffe waren als harmlos deklariert, die Fässer dunkel angestrichen und mit weißer Farbe beschriftet.
Die Männer, die die Fracht annahmen, dachten sich nichts dabei.
Jedenfalls nicht mehr als bei jeder anderen Anlieferung auch.
Sie vertrauten auf die Papiere.
Deshalb wurden die Fässer ganz normal auf der Südhalde abgekippt. Später ließ ein Bulldozer weiteren Müll darüberrutschen.
Immer mehr Material wurde über einem Kunststoffsack aufgetürmt, der in der Nacht hier heimlich zugeschüttet worden war. Selbst wenn jemand auf den Gedanken kommen sollte, hier nach einer Leiche zu suchen, er würde angesichts der immensen Abfallmengen, die hier jeden Tag eintrafen, wohl bald kapitulieren.
Und niemand ahnte, daß der Inhalt der soeben abgeladenen Fässer alles andere als harmlos war und in Wirklichkeit aus der Hexenküche eines Geheimlabors stammte. Das fehlerhafte Abfallprodukt einer chemischen Neuentwicklung, von der die Welt nichts erfahren durfte. Verbrecherische Wissenschaftler waren daher der Ansicht, daß es am sichersten sei, diese Substanz in absolut bruchsicheren Fässern auf einer ganz normalen Deponie für alle Zeiten verschwinden zu lassen.
Und niemand ahnte, daß eines der ›absolut bruchsicherem Fässer‹ aufgeplatzt war und der zähflüssige Inhalt langsam, aber sicher auslief und sich mit dem umgebenden Hausmüll mehr und mehr vermischte.
Und nicht nur mit dem Müll…
***
Drei Tage später wurde Ronny Devere als vermißt gemeldet.
Er war nicht an seinem Arbeitsplatz erschienen. Seine Wohnung war
Weitere Kostenlose Bücher