0609 - Das Giftmüll-Monster
einfach.«
»Ich will mehr Geld«, sagte sie einfach.
»Wieviel?«
Sie schluckte. War das nur eine Frage, oder vielleicht eine Zustimmung?
Plötzlich wurde sie vorsichtig. »Das Doppelte«, sagte sie.
»Einverstanden.«
Betty-Ann stutzte. »Du überraschst mich. Wo ist der Haken?«
Pete lächelte.
»Es gibt keinen Haken. Wir haben ein gemeinsames Geheimnis. Und Freunde helfen einander und schützen sich gegenseitig. Wenn du Geld brauchst, kannst du es jederzeit bekommen. Also noch einmal hunderttausend. Morgen mittag findest du ein Päckchen in deinem Brieffach.«
»Hast du keine Angst, daß ich immer weitere Forderungen stellen werde?«
Er lächelte verbindlich. »Sagte ich nicht, daß wir Freunde sind? Ich vertraue dir einfach, Betty-Ann.«
Später, als sie wieder in ihrer Wohnung war, fror sie innerlich. Sie erinnerte sich daran, was Pete einmal zu Ronny gesagt hatte: Ich vertraue dir…
Es war zwar in einem völlig anderen Zusammenhang gewesen, aber der Tonfall stimmte überein.
Ich vertraue dir, Ronny.
Und nun war Ronny längst kalt und bleich und tot und spurlos verschwunden.
Aber Betty-Ann wollte leben.
Das Päckchen mit dem Geld fand sich tatsächlich in ihrem Brieffach. Sie nahm es, aber bei einem späteren Gespräch signalisierte sie Pete, daß sie sich in ihrer Hochhauswohnung nicht mehr so sicher fühle wie früher. Es gäbe Gerüchte über eine Einbruchserie. Deshalb habe sie einige wichtige Papiere -Versicherungspolicen, Wertpapiere und einige Dokumente - bei einem Anwalt hinterlegt, damit sie nicht abhanden kämen.
Er zuckte kaum merklich zusammen, aber sie sah ihm an, daß er begriffen hatte, was das für ›Dokumente‹ waren.
Sie sahen sich in der Folge viel seltener als zuvor.
Betty-Ann fühlte sich nicht wirklich sicher. Der Mord an Ronny war unaufgeklärt geblieben. Warum sollte das bei ihr anders sein?
Pete wußte, daß sie sich abgesichert hatte, aber wenn er sie wirklich umbringen ließ, würde er es wie bei Ronny so drehen, daß trotz allem kein Verdacht auf ihn fiel. Vielleicht würde er sogar dafür sorgen, daß sie beziehungsweise ihr Geständnis, das jetzt bei ihrem Anwalt lag, völlig unglaubwürdig wirkte.
Sie traute ihm alles zu.
Deshalb zog sie sich allmählich ins Schneckenhaus zurück.
Sie besaß nicht Petes Energie. Ein Mann wie er konnte alles erreichen, aber sie verfügte nicht über das entsprechende Durchhaltevermögen. Pete war ein Wolf, und sie gehörte eher zu den hilflosen Lämmern.
Dafür traf sie sich neuerdings öfters mit Miguel.
Seine Brutalität, die Betty-Ann anfangs erschreckt hatte, faszinierte sie mit der Zeit. Und irgendwann einmal ließ er die Bemerkung fallen, Pete habe zu ihm gesagt: »Ich vertraue dir, Miguel.«
Da sagte sie ihm, daß Pete das auch zu Ronny gesagt hatte.
Miguel fand das äußerst interessant…
***
Und wieder verging ein halbes Jahr.
Es wurde Sommer.
Die Mülldeponie in der Nähe von Belle Glade im Palm Beach County begann einigen einflußreichen Personen zu stinken. Es hatte Neuwahlen im District gegeben, und ein frischer Wind blies den Betreibern der Deponie kräftig ins Gesicht.
Neue Auflagen wurden erlassen, zu deren Umsetzung eine ganze, noch relativ frische Halde wieder abgetragen und verlegt werden mußte.
Bulldozer und schwere Kippfahrzeuge begannen mit der Arbeit.
Einer der Dozer ramponierte ein dunkel angestrichenes und weiß beschriftetes Faß, das neben etlichen anderen unter dem Müll verborgen war.
Ätzende Dünste strömten aus, und der Fahrer des Dozers erlitt einen Übelkeitsanfall, wurde nach West Palm Beach ins Krankenhaus gebracht und hatte sich drei Tage später noch nicht wieder erholt.
Die Deponie wurde umgehend geschlossen und abgeriegelt.
Die Fässer wurden sichergestellt.
Und eine Lawine kam ins Rollen.
Aber das war noch nicht alles…
***
In der Luftlinie etwa 110 Kilometer weiter südlich wanderte Butler Scarth, der Mann mit dem Totenkopfgesicht, ruhelos durch das Haus, über die Terrasse und die Rasenfläche rund um den großen Swimmingpool und sammelte auf, was von Robert Tendykes großer ›Barock-Party‹ übriggeblieben war.
Der Butler warf es in einen mitgeschleppten Abfallkorb.
Die Party hatte erst ihr Ende gefunden, als es bereits wieder hell geworden war. Viel Schlaf hatten Gastgeber, Gäste und Personal nicht abbekommen.
»Wenn Sie noch ein paar übriggebliebene Partygäste finden, werfen Sie sie ruhig mit weg«, bemerkte Robert Tendyke schmunzelnd.
Er, der
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