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061 - Der Fuerst der Finsternis

061 - Der Fuerst der Finsternis

Titel: 061 - Der Fuerst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ball
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versucht hatten, die Teufelszinne zu besteigen. Ihre Leichen waren nie gefunden worden.
    Der rasende Schmerz in seinem Knöchel hielt ihn wach, und er konnte nun konzentriert auf den Weg achten. Es war ein anderer Weg, aber er führte bergab.
    Eine Stunde später legte er sich todmatt in den Schnee. Im Fieberwahn vermeinte er, in seiner Stammkneipe zu sein, wo ihm die vollbusige Janice einen Snowball ein Getränk aus Gin und Vermouth mit Eis, vorsetzte. Er öffnete den Mund, um einen ersten Schluck zu nehmen. Er spürte nicht, daß er mit dem Gesicht nach unten im Schnee lag. Die Dunkelheit brach herein, doch er nahm es nicht wahr. Noch eine oder zwei Stunden, und er würde unweigerlich erfrieren.
    Das Geräusch eines Dieselmotors ließ sein Bewußtsein noch einmal kurz aufflackern. Zuerst hielt er das Geräusch für das Stimmengewirr in der Kneipe. Eben fragte ihn Janice, ob er noch einen Snowball haben wollte.
    „Nur her damit!“ sagte er laut und spuckte dabei geschmolzenen Schnee aus. Mühsam öffnete er die Augen.
    „Oh, Gott!“ flüsterte er, als er sah, wo er sich befand. Nun wurde ihm auch augenblicklich klar, was für ein Geräusch er in Wirklichkeit vernommen hatte, und daß dies seine Rettung sein konnte. Er kroch auf allen vieren weiter. Das schwere Stampfen des Motors war nun nahe, sehr nahe. Doch nicht der kleinste Lichtschimmer wies ihm den Weg. Nur der dichte Vorhang aus wirbelndem Schnee war da, und der Sturm heulte ungebrochen. Jerry bewegte sich langsam vorwärts. Und da war auf einmal das Licht.
    Jerry weinte, hustete, lachte, heulte und kreischte in den Sturm, der ihn fast umwarf.
    Er pflügte durch die hohe Schneewächte, die ihm den Weg zum Licht versperrte. Plötzlich befand er sich ungefähr drei Meter oberhalb der Straße. Und von dort kam das Geräusch und das Licht. Es war ein riesiger, roter Fernlaster. Jerry sah eine Fensterscheibe, hinter der Licht brannte. Er wischte den Schnee von der Scheibe und blickte hinein. Drinnen sah er ein Liebespaar. Das unbekleidete Mädchen hatte eine dicke rote Narbe am Gesäß.
    Er klopfte verzweifelt an die Scheibe.
    „Helft mir!“ schrie er. „Bitte! Ich bin verletzt!“
    Er hob die Hände in seiner Verzweiflung wie bittend hoch, als der Diesel brüllend ansprang.
    „Bitte!“
    Jerry hörte sich ungereimtes Zeug brabbeln, er hätte ein paar Dosen Bier gerettet und ähnliches.
     

     

Der Diesel stampfte und dröhnte durch die Dunkelheit, in die Fahrerkabine den Geruch von verbranntem Öl und eine Welle von Wärme blasend, die Jerry vor Wohlbehagen laut aufstöhnen ließ. Zur Freude, daß er noch am Leben war, gesellte sich der Schmerz seiner auftauenden Nase und Finger.
    „Gib ihm Kaffee, Brenda“, sagte der Fahrer. „Unter deinem Sitz liegt die Thermosflasche.“ Er spähte in das wirbelnde Weiß, in das die Scheinwerfer zwei gelbe Löcher bohrten. „Na, mach schon.“
    Sie antwortete nicht, begann aber, unter ihrem Sitz zu rumoren. Jerry konnte ihre Feindseligkeit spüren. Er wußte, daß es der Fahrer gewesen war, der ihn gerettet hatte, nicht sie.
    „Da“, sagte sie und goß den dampfenden Kaffee in den Becher. „Gieß das Zeug nicht auf meinen Mantel.“
    „Sie ist eine Kuh“, sagte der Fahrer. „Sie heißt Brenda.“
    „Halt die Schnauze“, maulte Brenda.
    Jerry kannte diese Sorte von Frauen. Er war sich völlig sicher, daß sie ihn im Schnee hätte krepieren lassen. Der Fahrer, dessen Namen er bis jetzt noch nicht kannte, schwieg. Er war ein großer, muskulöser, gemütlicher Mann mittleren Alters. Sicher hatte er Familie.
    Jerrys Finger waren zwar immer noch gefühllos, aber den Becher konnte er mit beiden Händen umfassen. Der heiße Dampf ließ seine Nase fast bis zur Unerträglichkeit stechen und jucken. Aus tränenden Augen betrachtete er die Hände des Mädchens. Auf der einen Hand war auf vier Finger je ein Buchstabe tätowiert. Jerry las: L-O-V-E. Was auf der anderen Hand war, konnte Jerry nicht sehen.
    „Was haben Sie denn da draußen gemacht?“ fragte der Fahrer, während er den Laster sachte um eine scharfe Kurve lenkte.
    „Ich ging spazieren“, gab Jerry zur Antwort.
    „Bei dem Wetter?“
    „Als ich loszog, war’s noch schön.“
    „Wie heißen Sie?“
    „Howard. Jerry Howard.“
    „Ich bin Bill Ainsley. Brenda habe ich ja schon vorgestellt.“
    „Sehr erfreut.“
    „Wie geht’s Ihren Händen?“ fragte Bill. „Ich war während des Krieges bei der Armee. Da habe ich Erfrierungen gesehen. Sie sind

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