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061 - Der Fuerst der Finsternis

061 - Der Fuerst der Finsternis

Titel: 061 - Der Fuerst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ball
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herunter.“
    Jerry hatte keine Lust, über seine Lebensrettung zu reden. Ein neuerlicher Fieberanfall schüttelte ihn.
    „Kann man bei Ihnen übernachten?“ fragte er zähneklappernd.
    „Ja. Sie auch, Bill?“
    „Nein. Brenda und ich werden sehen, daß wir uns wieder auf die Socken machen.“
    „Das würd’ ich lieber sein lassen“, gab Raybould zurück. Seine wäßrigblauen Glotzaugen hatten einen unappetitlich verzückten Ausdruck, als sein Blick zwischen Brenda und Bill hin und her wanderte. Seine geschrumpfte Physiognomie – Augen, Nase und Mund saßen dicht beieinander – gaben ihm das Aussehen eines Wiesels.
    Brenda bemerkte Rayboulds Blick und schnaubte verächtlich. Sie nahm ihre Teetasse und setzte sich an den Kamin, in dem ein wild flackerndes Feuer brannte. Sie ließ sich auf einem niedrigen Stuhl nieder, neben einem riesigen Kohlenbehälter aus Messing, den Jerry hier noch nie gesehen hatte. Als er das letzte Mal hier gewesen war, hatte die Sommersonne vom Himmel gelacht. Raybould und Bill unterhielten sich über den Straßenzustand in Richtung Manchester. Bill war sicher, mit seinem großen roten Lastwagen durchzukommen, auch ohne Schneeketten. Er wollte gleich, nachdem er seinen Tee getrunken hatte, mit Brenda losfahren, und er wollte sich um keinen Preis von Jerry den Tee zahlen lassen.
    „Nicht nötig, Junge“, sagte er. „Ich habe gern geholfen. Ist doch eine Selbstverständlichkeit. Wie geht’s dem Knöchel?“
    „Gebrochene Beine haben wir hier massenhaft“, mischte sich Raybould ein. „Diese Lumpenkerle, die in den Bergen herumkriechen. Man sollte glauben, daß sie wüßten, was sie tun, samt ihren Seilen und Helmen. Aber immer wieder fallen sie herunter. Letztes Weihnachten haben wir wieder einen beerdigt.“
    Jerry bemerkte Brendas dünnes Lächeln, ein Mittelding zwischen Geringschätzung und Belustigung. Sie drehte sich abrupt weg und begann, über die Verzierungen des Kohlenbehälters zu streichen. Jerry kämpfte gegen die Fieberwelle, die seine Sinne zu umnebeln drohte. Er begann, die Schuhe auszuziehen, wobei er nur mit Mühe das Zittern seiner Hände unterdrücken konnte. Sein verstauchter Knöchel war beträchtlich angeschwollen.
    „In ein bis zwei Tagen bin’ ich wieder flott“, wandte er sich an Bill.
    „Sie sollten lieber zusehen, daß Sie das nasse Zeug vom Leib bekommen“, warf Reybould ein. „Brenda! Hängen Sie Ihr nasses Zeug über den Stuhl. Kommen Sie, Brenda.“
    Aber Brenda hörte gar nicht zu. Jerry beobachtete sie, wie sie mit den Fingern sanft das Messing liebkoste. T-R-U-E konnte er nun auf den Fingern ihrer linken Hand lesen. Diese Finger, lang und schmal, malten hypnotische Muster in das flackernde Licht des Feuers. Sie starrte vor sich hin, gefesselt von ihrem eigenen Spiel. Jerry spürte, wie seine Gedanken verschwammen, als würden das glitzernde Messing, die Hitze und die unentwegten Bewegungen des Mädchens ihn hypnotisieren. Wie durch einen Vorhang hörte er die Stimmen der anderen, verschwommen und weit entfernt.
    „Los, Brenda!“ befahl Bill Ainsley. „Wir ziehen Leine.“
    Brenda blickte nicht auf.
    „Dieses blödsinnige Messingding“, half ihm Raybould. „Immer wieder sitzt sie so da und starrt das Ding an. Brenda!“
    „Hau ab! Pack dich!“ schrie sie, als etwas Weißes, Wütendes auf sie zugeschossen kam. „Zieh ab, du Pest!“
    Jerry waren die Augen zugefallen. Er blinzelte nun mühsam, als er einen schwachen, fiependen Laut hörte. Hip-hip-hip! Hap! Er sah zu seinen Füßen einen weißen Fleck, mit offenem roten Maul und entblößten spitzen Zähnen. Es war … ein Huhn? Ein Huhn! Es schien das Mädchen attackieren zu wollen, das seinerseits wieder bösartig zurückknurrte. Jerry erschauerte.
    Das Huhn hatte am ganzen Körper weiße Löckchen.
    „Es gibt keine bellenden Hühner“, sagte er laut und gequält zu sich selbst. „So etwas gibt es doch nicht.“
    „Ein was?“ fragte Bill besorgt. „Ein bellendes was? Junge, Ihnen geht es aber gar nicht gut!“
    „Raus mit dir, Sukie!“ rief Raybould. Jerry sah nun, daß er einen ängstlich zitternden Zwergpudel vor sich hatte, ein Bündel aus dünnen Knochen und wolligem Flaum. „Laß sie in Ruhe, Sukie!“
    Der Pudel machte kehrt und verschwand durch die Küchentür.
    Bill und Brenda sagten‚ Gute Nacht’ und gingen hinaus in den Schneesturm. Jerry dankte dem Himmel, daß er geborgen hier am Feuer sitzen durfte.
    Mrs. Raybould kam aus der Küche.
    „Sie sind ja ganz

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