0612 - Galaxis am Abgrund
anrichten?"
„Sie müssen krank sein", sagte Sebas. „Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Vermutlich sind sie auch infiziert."
„Ich bin aber nicht krank."
„Du willst es nur nicht wahrhaben."
Sebas beschleunigte. Der Gleiter kämpfte gegen den Sturm an und flog an den Flanken der Berge hinab. Immer wieder wurden sie durch heftige Böen gefährdet. Je näher sie Puralon kamen, desto deutlicher wurde, welches Chaos dort herrschte. Vor der Stadt lag ein breiter Ring aus Gleitern, die nicht näher heran durften, weil diese völlig überfüllt war.
„Sieh dir das an, Sebas! Da vorn ist Schluß für uns."
„Allerdings. Ich frage mich, wie wir unter diesen Umständen zum Raumhafen kommen können."
„Ich frage mich, ob ich das überhaupt will. Ich würde mich viel lieber um meine Hähne kümmern."
„Sei nicht kindisch."
Pedral deutete spöttisch auf das Schwert des getöteten Stieres.
„Du hast nicht zufällig auch das getan, was dir Spaß macht?"
fragte er.
Sebas antwortete nicht. Er war viel zu sehr mit den Halutern beschäftigt. Er konnte einfach nicht bereifen, warum sie so seltsam handelten. Seit Jahrhunderten galten sie als Freunde der Menschen. Sie hatten sich niemals gegen sie gewandt. Warum gingen sie jetzt so rücksichtslos vor?
Vor etwa 50.000 Jahren hatten sie große Teile der Galaxis beherrscht. Sie galten zu dieser Zeit als wilde und aggressive Geschöpfe, die den Kampf und das Abenteuer suchten und für ihr seelisches Gleichgewicht auch benötigten. Sebas hatte viele Sagen von längst verschollenen Völkern der Milchstraße gelesen, in denen die Haluter als Monstren beschrieben wurden. Aber dann war dieses geistig sehr hochstehende Volk immer friedfertiger geworden. Es hatte seine Machtansprüche über andere Völker aufgegeben und sich ganz auf seinen Heimatplaneten zurückgezogen.
Ab und zu aber brach der Drang nach Abenteuern in den Halutern durch. Er hatte seinen Ursprung in den unvorstellbaren Körperkräften. Deshalb mußte sich jeder Haluter hin und wieder mal austoben. Sebas wußte, daß sie dann die Gefahr suchten.
Halutische Psychologen hatten den bildhaften und treffenden Ausdruck „Drangwäsche" für dieses Bestreben geprägt, hin und wieder einmal alle geistigen und vor allem körperlichen Fähigkeiten voll auszuspielen.
Sollten die Haluter jetzt nach Foktor-Pural gekommen sein, um einer Drangwäsche nachzugehen? Waren sie hier, um sich auszutoben?
Sebas konnte es sich nicht vorstellen, denn auf dieser Welt gab es keinen Gegner, dem sich die Haluter zum abenteuerlichen Kampf hätten stellen können. Hier lebten nur friedfertige Menschen, die nur den einen Wunsch hatten, möglichst schnell zur Erde, ihrem Heimatplaneten, zu kommen. Das war kein Verbrechen. Das war nicht einmal etwas Besonderes.
Oder doch?
Sebas schwankte.
Er wußte nicht, was er fühlen und denken sollte. War es normal, daß alle Bewohner von Foktor-Pural zur Erde fliegen wollten, oder war es anormal?
„Du fliegst wie ein Verrückter", sagte Pedral.
„Das ist Geschmackssache", antwortete Sebas gereizt. „Ich muß zum Raumhafen. Ich möchte wissen, was die Haluter wollen."
„Wir kommen niemals durch. Unmöglich. Außerdem - was hast du davon, wenn du mehr über die Absichten der Kolosse erfährst? Viel klüger wäre es, den Gleiter zu wenden und zur Hazienda zurückzufliegen. Dort können wir dann in aller Ruhe die Ereignisse abwarten: „Und dabei Hahnenkämpfen zusehen, wie?"
„Das auch", antwortete Pedral grinsend.
„Nein", erklärte Sebas. „Das würde ich nicht aushalten. Ich muß dauernd daran denken, daß auf der Erde auch ein Haluter lebt."
„So? Wer denn?"
„Das weiß doch jedes Kind. Icho Tolot natürlich. Er ist der Freund Perry Rhodans. Was passiert, wenn Icho auch krank wird, und wenn er womöglich Amok läuft?"
„Du malst Gespenster an die Wand."
Pedral winkte ab. Ihn interessierte viel mehr, wie es in der Stadt aussah. Sie hatten sich ihr bis auf wenige Kilometer genähert. Überall standen Gleiter herum. Die Menschen aus der Provinz saßen oder lagen darin und warteten. Viele hatten ihre Maschinen verlassen und versucht, Puralon zu Fuß zu erreichen.
Der einzige Weg zum Raumhafen führte durch die Großstadt.
Davon hatte Sebas sich überzeugen können, denn jenseits des Häusermeers und über dem Ozean parkten noch unendlich viel mehr Gleiter. Dort hindurchzukommen, war völlig unmöglich.
„Du wirst dich als Kommandant der MADRID zu erkennen geben. Dann
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