0616 - Duell der Vampire
die wir besuchen müßten, oder schlimmer noch, die uns besuchen würden… Was, beim Stotterfuß der Panzerhornschrexe, war an diesen Weihnachtstagen also anstrengend?«
Zamorra verzog das Gesicht und deutete auf Nicole. »Das Auspacken des Geschenks«, grinste er. »Nebenbei ist es äußerst bedauerlich, daß dieses Geschenk die bemerkenswert schlechte Angewohnheit hat, sich immer wieder selbst einzupacken.«
»Pah!« fauchte sie ihn an und wies ihrerseits mit ausgestrecktem Zeigefinger auf ihn. »Mein Geschenk wickelt sich ja auch immer wieder in lästige Klamotten. Warum soll's dir also besser gehen als mir?«
»Weil ich ein Mann bin!« trumpfte Zamorra auf.
Sie verdrehte die Augen. »Auch das noch«, seufzte sie. »Weil er ein Mann ist… na ja, als Frau würdest du mir zugegebenermaßen entschieden weniger gefallen. Was ist jetzt mit dem Vampir von Key West? Schnappen wir uns den nun oder nicht?«
»Vielleicht hat ihn Gryf ja schon umgebracht, wenn wir eintreffen«, hoffte Zamorra.
»Das Opfer war ein Mann. Vielleicht handelt es sich also bei dem Vampir auch um eine hübsche Vampirm. Würde dich das stärker motivieren?«
»Nee«, winkte Zamorra ab. »Das Pfählen hübscher Vampirinnen überlasse ich auch lieber Gryf. Aber wenn du unbedingt meinst, daß wir unsere Kräfte an solches Blutsaugergezücht verschwenden sollen… meinetwegen. Machen wir eben einen kleinen Ausflug…«
***
Die Regenbogenblumen brachten sie beide nach Florida.
Mit Hilfe dieser Blumen, die mannsgroße Blütenkelche trugen, welche je nach Betrachterperspektive in allen Farben des Regenbogenspektrums schimmerten, war es möglich, innerhalb weniger Sekunden andere, weit entfernte Orte zu erreichen. Voraussetzung war, eine sehr exakte Vorstellung vom Ziel - oder von einer Person, die sich in unmittelbarer Nähe des Zieles befand - zu haben. Eine weitere unabdingbare Voraussetzung war, daß sich in der Nähe des Zieles ebenfalls Regenbogenblumen befanden.
Im Château Montagne gab es sie, und bei Tendyke's Home im Süden Floridas ebenfalls. Also kein Problem, innerhalb weniger Augenblicke von Frankreich in die USA zu gelangen.
Vorsichtshalber hatte Zamorra den Besuch telefonisch angekündigt; nicht immer war Robert Tendyke zu Hause, und nicht immer, wenn er zu Hause war, war es die passende Zeit, um Besuche zu machen.
Aber diesmal gab es keine Schwierigkeiten.
Robert Tendyke, der Abenteurer, freute sich über den Besuch, und noch am Telefon versprach er, Zamorra und Nicole bei ihrer Vampirjagd selbstverständlich zu unterstützen.
»Und wenn wir damit fertig sind, machen wir Miamis Diskotheken unsicher«, kündigte er an. »Das wird eine wilde Nacht…«
»So kennen wir dich ja noch gar nicht«, staunte Zamorra. Rob Tendyke und Diskotheken?
Aber warum nicht?
Er war ja gerade mal wenig mehr als 500 Jahre jung…
Kaum angekommen, sprach Nicole mit den Zwillingen Monica und Uschi Peters, den beiden derzeitigen Lebensgefährtinnen Tendykes, einen ausgiebigen Boutiquenbummel ab, um für den Disco-Trip entsprechend ›gerüstet‹ zu sein.
Daß sie auf Key West einen Vampir suchen und unschädlich machen wollten, war schon fast wieder vergessen…
***
Auch Tan Morano las Zeitungen.
Noch vor dem Frühstück, das er als perfekter Gentleman hergerichtet hatte, während Sylka Brown noch friedlich schlief. Sie war wesentlich müder als er. Zwei winzige rote Punkte an ihrem Hals verrieten, daß er etwas von ihrem Blut getrunken hatte.
Sylka war Abwechslung in mehr als einer Hinsicht. Normalerweise pflegte Morano die Damen in deren Apartments zu begleiten. Diesmal hatte er eine Ausnahme gemacht. Denn Sylka lebte in einer Wohngemeinschaft. Und dort wollte Morano nicht unbedingt für eine gewisse Unruhe sorgen.
Sicher hätte er auch auf genügend andere Frauen zurückgreifen können. Aber an diesem naiven Blondschöpfchen hatte er Gefallen gefunden. Und die Wohnung wollte er ohnehin bald aufgeben. Es hielt ihn niemals sehr lange an einem bestimmten Ort. Schon aus Sicherheitsgründen…
Also spielte es kaum noch eine Rolle, ob er in seiner Wohnung von ihr trank oder in ihrer.
Morano las im Klatschblatt von einem Vampir, der auf Key West seine Opfer suchte und fand.
Wo sich Key West befand, mußte er erst einmal nachschlagen. Er hatte lange, sehr lange geschlafen, und davor und danach sich größtenteils in England und auf dem europäischen Kontinent aufgehalten. Vor ein paar tausend Jahren aber hatte das Inselchen noch einen ganz
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