0618 - Doktor Wahnsinn
Ende. Er ist nur ein notwendiges Übel, ein Zwischenstadium! Natürlich muß man vorher noch etwas dafür tun. Von allein gibt es dieses Geschenk nicht. Ich bin das Risiko eingegangen, und ich habe es geschafft! Ich hätte es schon viel früher schaffen können, aber Sie haben mir das Sterben ja verweigert…«
»Sie sind wahnsinnig«, stöhnte Diaz. »Verdammt, legen Sie diese Insektenmaske ab, diese lächerliche Verkleidung, und öffnen Sie diesen Behälter!«
Der Insektenmann kicherte.
Da er kein richtiges Gesicht besaß, war ihm nicht anzusehen, ob er sich wirklich amüsierte.
Er hielt plötzlich eine Injektionsspritze in der Hand. In ihr befand sich eine rötliche Flüssigkeit. Der Insektenmann richtete sie empor und rückte leicht auf den Kolben. Ein Tröpfchen trat aus der Nadelspitze aus.
»Schon bald werden Sie wissen, was ich meine«, sagte der Insektenmann heiter. »Denn ich werde auch Sie zu einem Unsterblichen machen. Sie werden so sein wie ich. Nur… Strafe muß sein«, kicherte er.
»Strafe für das, was Sie mir angetan haben. Für die Unmenschlichkeit. Für die Jahre voller Qual. In dem Moment, in welchem Sie das ewige Leben vor sich sehen und wissen, daß Sie nie mehr eines natürlichen Todes sterben können - werde ich Ihnen die Unsterblichkeit wieder nehmen. Und Sie im Moment der Hoffnung töten.«
Er trat auf den Glasbehälter zu, in dem sich der gefesselte Diaz befand.
Komm nur, dachte Diaz voller Bitterkeit und Angst. Gib mir die Chance. Wenn du mir diesen roten Dreck spritzen willst, mußt du den Behälter öffnen! Dann…
Der Gedanke war falsch.
Erstens war er gefesselt. Es nützte ihm nichts, wenn der Insektenmann den Glasbehälter öffnete. Diaz konnte ihn nicht angreifen und fliehen. Er war dem Wahnsinnigen hilflos ausgeliefert.
Und zweitens brauchte dieser den Behälter gar nicht zu öffnen.
Diaz begann zu schreien.
»Nur zu«, ermunterte ihn der Insektenmann. »Schreien Sie ruhig. Niemand wird Sie hören. Niemand wird Ihnen helfen. So wie auch niemand auf meine Schreie reagiert hat. So viele Jahre… so endlos viele Jahre… doch nun ist es vorbei.«
Er ging um den Glasbehälter herum.
Diaz schaffte es, sich trotz der Fesselung irgendwie umzudrehen, so daß er den Insektenmann wieder vor sich sehen konnte. Die Nadel der Spritze war durch das vermeintliche Glas gedrungen und bedrohte Diaz.
»Nun halten Sie doch still, Freundchen«, verlangte der Insektenmann. »Wenn ich nicht den richtigen Punkt treffe, tötet die Substanz Sie, ohne daß es eine Möglichkeit zur Wiederbelebung gibt!«
***
Im gleichen Moment, in dem Galworthys Hand den Mann berührte, löste sie sich auf. Aus ihr entstanden unglaublich viele kleine Wesen…
Insekten? Käfer?
Dutzende waren es, Hunderte. Galworthy fehlte plötzlich nicht nur die Hand, sondern auch der Unterarm. Und der Auflösungsprozeß setzte sich fort. Immer mehr von ihm zerfiel regelrecht, wurde zu einem gewaltigen Schwarm von Sechsbeinern. Sie waren unterschiedlich groß, wie eine Fingerkuppe oder nur ein Daumennagel.
Jene, die anfangs aus Galworthys Hand und Unterarm entstanden waren, krochen über das Gesicht des nächtlichen Aufpassers. Über den ganzen Kopf. Unheimlich schnell waren sie dabei. Zamorra sah, wie endlich Bewegung in ihn kam, wie er zurückwich, um sich schlug, versuchte, die kleinen Bestien von seinem Gesicht zu wischen.
Aber er schaffte es nicht.
Sie hatten sich bereits an ihm festgebissen.
Die Zeitschau war ein reines Bild-Medium. Kein Ton wurde laut. Zamorra konnte nur sehen, daß der Mann zu schreien begann, aber das war schon schlimm genug, war fast noch schlimmer, als hätte er ihn auch hören können. Dieses stumme Sterben…
Das Gesicht, soweit es unter der Schicht der Insekten noch zu sehen war, verzerrte sich zu einer wilden Grimasse des Schmerzes und der Angst. Der Mund weit aufgerissen zum panikerfüllten Schmerzensschrei - und die Käfer krochen hinein, erstickten das Schreien.
Es ging alles unwahrscheinlich schnell.
Als es vorbei war, lag ein kopfloser Leichnam auf dem Boden, und aus dem Halsstumpf rann das Blut in ersterbenden Pulsschlag…
Von Brian Galworthy existierte zu diesem Zeitpunkt schon nichts mehr als ein großer Schwarm Insekten, die auseinanderstrebten, in Winkeln und Ritzen verschwanden, an Wänden emporkletterten, Öffnungen fanden, durch die sie ins Freie gelangen konnten. Das grobmaschige Gitter der Klimaanlage war nicht fein genug, sie aufzuhalten…
Als sich die Tür
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