062 - John Flack
nicht, was es war . . ., ich schaltete die Lampe auf meinem Nachttisch ein . . ., und sie brennt nicht. Ich hatte in meiner Handtasche eine kleine Taschenlampe - die fand ich glücklicherweise und machte Licht.«
Sie hielt inne und lächelte gezwungen.
»Ich sah - ich weiß nicht, was es war - einen schwarzen Schatten, als ob jemand an der Wand entlangkröche. Auf einmal war er verschwunden . . . Und die Tür von meinem Zimmer stand weit offen . . . Und ich hatte sie doch zugemacht und abgeschlossen, als ich zu Bett ging.«
Der Schutzmann öffnete die Tür ganz weit und ließ den Lichtkegel seiner Lampe in den Gang fallen. An der Wand stand ein kleines Tischchen und auf diesem ein Tischtelefon. Er trat in die Halle und nahm den Hörer auf. Der Apparat ging nicht.
»Ist das. . .« Er hielt plötzlich inne und lauschte.
Irgendwo über sich hörte er ein schwaches, aber anhaltendes Geräusch - das Knacken einer lockeren Diele. Mrs. Fornese stand immer noch in der offenen Tür, und er ging zu ihr zurück.
»Haben Sie einen Schlüssel für die Haustür?« fragte er, aber sie schüttelte den Kopf.
Er fühlte an der Innenseite des Schlosses, fand die Riegelsicherung und schob diese hoch.
»Ich muß von irgendwo anders telefonieren. Es ist besser, Sie . . .«
Was war das Beste für sie . . .? Er war ein einfacher Schutzmann und stand einer heiklen Situation gegenüber.
»Können Sie nicht einstweilen woanders hingehen, zu Bekannten?«
»Nein«, sagte sie entschieden und fügte dann hinzu: »Wohnt denn nicht Mr. Reeder gegenüber? Irgendwer hat mir erzählt .. .«
Im Haus auf der anderen Seite der Straße brannte Licht. Mr. Dyer sah unsicher auf das erleuchtete Fenster.
Es war allgemein bekannt, daß dort die elegante Wohnung eines Mannes war, der im Rang über dem Polizeioberst stand. Bennet Street Nr. 7 war vor kurzem in einzelne Wohnungen aufgeteilt worden, und in eine von ihnen war Mr. Reeder aus seiner Wohnung in der Vorstadt gezogen. Warum er gerade in dieser vornehmen und eleganten Gegend gemietet hatte, wußte kein Mensch. Die Verbrecherwelt hielt ihn für fabelhaft reich.
Der Schutzmann zögerte, suchte dann in seinen Taschen das kleinste Geldstück, ging über die Straße und warf den halben Penny gegen das Fenster - die Dame war auf der Türschwelle stehengeblieben. Eine Sekunde später öffnete sich das Fenster.
»Entschuldigen Sie, Mr. Reeder, könnte ich Sie mal einen Augenblick sprechen?«
Der Kopf und die Schultern des Mannes verschwanden, und in sehr kurzer Zeit erschien Mr. Reeder in der Tür. Er war so vollständig angezogen, daß man glauben konnte, er hätte diese Aufforderung erwartet. Der Gehrock war fest zugeknöpft, der Hut saß auf seinem Hinterkopf, und auf seiner Nase balancierte der Kneifer, durch den er niemals blickte.
»Irgend etwas nicht in Ordnung, Schutzmann?« fragte er freundlich.
»Könnte ich mal Ihr Telefon benutzen? Da drüben wohnt eine Dame - Mrs. Fornese -, sie ist ganz allein . . . Hat jemand im Haus gehört. . ., ich auch ...«
Er hörte einen kurzen Schrei und ein Krachen und fuhr herum. Die Tür von Nr. 4 war geschlossen und Mrs. Fornese verschwunden.
In sechs Sprüngen war Mr. Reeder über die Straße und an der Tür. Er bückte sich, drückte die Klappe des Briefkastens zurück und lauschte. Kein Geräusch als das Ticken einer Uhr . . ., ein schwacher, seufzender Ton.
»Hm!« Mr. Reeder kratzte nachdenklich seine lange Nase. »Hm . . . Wollen Sie mir, bitte, diese ganzen - hm - Vorgänge noch einmal erzählen?«
Der Beamte wiederholte die Geschichte zusammenhängender.
»Sie sperrten das Schloß, damit es nicht zuschnappen konnte? Sehr vernünftig!«
Mr. Reeder runzelte die Stirn. Ohne ein weiteres Wort ging er über die Straße und verschwand in seiner Wohnung. An der Rückwand seines Schreibtisches war ein kleines Fach, das er aufschloß. Er nahm einen ledernen Werkzeugbehälter heraus, rollte ihn auf, suchte drei kleine, merkwürdige Stahlinstrumente, die beinahe wie kleine Haken aussahen, heraus, setzte einen in den hölzernen Griff und ging zu dem Schutzmann zurück.
»Ich fürchte, das ist ... Ich will nicht sagen, gesetzwidrige denn ein Mann in meiner Stellung ist nicht imstande, eine gesetzwidrige Handlung zu begehen . . . Wollen wir sagen, ›ungebräuchlich‹?«
Während der ganzen Zeit, in der er in leiser und wie um Verzeihung heischender Weise sprach, arbeitete er an dem Schloß herum, indem er das Instrument bald in dieser, bald in
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