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062 - John Flack

062 - John Flack

Titel: 062 - John Flack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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sie, und führte sie den Weg zurück bis zu dem langen Brustwall. Dort standen sie eine Viertelstunde und blickten, die Arme auf die Brüstung gestützt, in die Dämmerung unter sich.
    »Sie sollten sich gelegentlich jemand nehmen und sich um das Kliff herumrudern lassen. Es ist wie durchlöchert von Höhlen«, sagte sie. »Eine, direkt am Rand der See, geht bis unter das Verlies. Wenn die Flut außergewöhnlich hoch steigt, steht sie unter Wasser. Ich wundere mich eigentlich, daß Daver kein Buch darüber schreibt.«
    In ihrer Stimme lag ein ganz feiner Hohn, der aber Margaret nicht entging.
    »Da muß der Eingang sein«, sagte sie und zeigte auf einen Wirbel im Wasser, der bis an das Kliff zu laufen schien.
    Olga nickte.
    »Bei Hochwasser würden Sie das nicht bemerken«, antwortete sie. Dann drehte sie sich plötzlich um und fragte, ob Margaret schon den Badeplatz gesehen habe.
    Dieser war ein langes Viereck, von höhen Buchsbaumhecken geschützt und gänzlich mit blauen Kacheln ausgelegt; ein herrliches Schwimmbecken.
    »Außer mir benutzt es niemand. Daver würde schon bei dem Gedanken, hineinzuspringen, tot umfallen.«
    Jedesmal, wenn sie Mr. Daver erwähnte, drückte ihr Ton kaum verhüllte Verachtung aus. Sie war aber auch nicht verbindlicher, wenn sie die anderen Gäste erwähnte. Als sie sich dem Haus näherten, bemerkte Olga ganz unvermittelt:
    »Wenn ich Sie wäre, würde ich Mr. Daver nicht zu viel erzählen. Überlassen Sie ihm das Reden!«
    »Was meinen Sie damit?« fragte Margaret gelassen; aber in diesem Augenblick ließ Olga sie ohne jedes weitere Wort stehen und ging auf den Oberst zu, der ihnen entgegenkam.
    Das Haus der Tränen!
    Margaret dachte an diesen Namen, als sie sich am Abend entkleidete, und trotz all ihrer Selbstbeherrschung überlief sie ein leiser Schauder.

4
    Der Polizist Dyer, der an der Bennet Street Ecke Hyde Lane stand, hatte sein Reich für sich allein. Es war gegen drei Uhr, an einem trüben Frühlingsmorgen; kein Lüftchen wehte, und es war unangenehm schwül. Irgendwo im Süden Londons entlud sich ein Gewitter; man hörte den Donner in unregelmäßigen Zwischenräumen grollen. Gute und Böse in Mayfair schliefen - mit Ausnahme von Mr. J.G. Reeder, dem Hüter des Gesetzes und dem Schrecken der Verbrecher. Der Schutzmann Dyer sah das gelbe Licht hinter dem Schiebefenster und lächelte wohlwollend.
    Die Nacht war so still, daß er bei dem Geräusch eines Schlüssels in einem Türschloß über seine Schulter blickte, weil er glaubte, es käme von dem Haus direkt hinter ihm. Aber diese Tür blieb verschlossen. Dagegen sah er eine Frauengestalt auf der obersten Stufe des Treppenabsatzes fünf Häuser weiter weg. Sie war spärlich bekleidet.
    »Schutzmann!«
    Die Stimme klang leise und sehr dringlich. Er ging schneller auf sie zu, als man dies im allgemeinen von Polizisten gewohnt ist.
    »Irgend etwas nicht in Ordnung, Miss?«
    Ihr Gesicht, er war erfahren genug in diesen Dingen, war ›zurechtgemacht‹; die Wangen waren stark geschminkt und die Lippen für jemand, der sich fürchtete, überraschend rot. Er nahm an, daß sie unter normalen Verhältnissen hübsch war, konnte sich aber über ihr Alter kein Urteil bilden. Sie trug einen langen, schwarzen Schlafrock, der bis zum Kinn hinauf geschlossen war.
    Außerdem bemerkte er, daß die Hand, die sich am Treppengeländer festhielt, im Licht der Straßenlampen funkelte.
    »Ich weiß nicht - genau. Ich bin allein im Haus, und mir war, als - hätte ich etwas gehört.«
    Sie stieß die Worte hastig hervor. Augenscheinlich war sie in großer Angst.
    »Haben Sie keine Hausangestellten?«
    Der Schutzmann war überrascht und beunruhigt.
    »Nein. Ich bin erst gegen Mitternacht von Paris zurückgekommen - wir haben das Haus möbliert gemietet -, und ich befürchte, die Dienstboten haben sich im Datum meiner Rückkehr geirrt. Ich bin Mrs. Granville Fornese.«
    Er entsann sich dunkel dieses Namens, er mußte ihn irgendwann schon einmal gehört haben - er klang vornehm wie der Name einer hochstehenden Persönlichkeit. Und Bennet Street war eine Gegend, wo ›solche‹ Leute wohnten.
    Der Polizist starrte forschend in den dunklen Vorraum.
    »Wenn Sie Licht machen wollten, Madam, will ich mal nachsehen.«
    Sie schüttelte den Kopf; er spürte, daß sie zitterte.
    »Das Licht ist nicht in Ordnung . . . Und das hat mich ja so entsetzt. Als ich um ein Uhr zu Bett ging, funktionierte die Beleuchtung noch. Irgend etwas weckte mich auf . . . Ich weiß

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