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062 - John Flack

062 - John Flack

Titel: 062 - John Flack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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wahnsinnig; sie stand an der Tür, das Ohr gegen die Füllung gepreßt. Sie lauschte angespannt, aber kein anderer Laut ließ sich mehr hören. Sie verbrachte den Rest der Nacht aufrecht im Bett sitzend mit einer Steppdecke über den Schultern . . . lauschend . . . immer lauschend . . .
    Der Tag dämmerte, und die Sonne kam herauf. Sie legte sich nieder und schlief ein. Als das Mädchen den Tee brachte, wachte sie auf, stand auf und öffnete die Tür. Etwas an der Tür zog ihre Aufmerksamkeit auf sich.
    »Ein schöner Morgen, Miss«, sagte das rotbäckige Landmädel heiter.
    Margaret nickte. Sobald das Mädchen gegangen war, öffnete sie die Tür noch einmal, um genauer zu untersuchen, was ihr an der Tür aufgefallen war. Es war ein dreieckiges Stückchen Stoff, das herausgerissen und an einem Splitter der alten, eichenen Tür hängengeblieben war. Sie nahm es vorsichtig ab und legte es auf ihre Hand. Ein zackiges Dreieck aus rosa Seide. Nachdenklich legte sie es auf ihren Toilettentisch. Dem mußte ein Ende gemacht werden. Wenn Ravini an diesem Morgen nicht das Haus verließ oder Mr. Daver ihn nicht aufforderte, das Haus zu verlassen, würde sie selbst am gleichen Abend nach London abreisen.
    Als sie aus dem Zimmer trat, traf sie das Stubenmädchen.
    »Der Herr von Nummer 7 ist fort, Miss«, sagte sie, »aber er hat seinen Pyjama vergessen.«
    »Schon fort?«
    »Er muß schon am Abend abgereist sein, Miss. Sein Bett ist unberührt geblieben.«
    Margaret folgte ihr den Gang entlang in Ravinis Zimmer.
    Sein Koffer war verschwunden, aber auf dem Kopfkissen lag sorgfältig zusammengefaltet ein rosaseidener Pyjama. Sie beugte sich darüber und stellte fest, daß er an der Brust leicht zerrissen war. Ein kleines dreieckiges Stückchen rosa Seide fehlte.

7
    Als ein flinker, alter Mann um Mitternacht von einer hohen Mauer herabsprang und nur stehenblieb, um sich das Blut von den Händen zu wischen - auf seiner Flucht war er auf einen der Wächter im Gefängnishof gestoßen -, als er munter in der Richtung nach London marschierte und bei jedem Seitenweg nach dem kleinen Auto spähte, das auf ihn warten sollte, brachte er in so manches Leben schwere Verwicklungen, und sein Wiederauftauchen sollte für mehrere Menschen den Tod bedeuten.
    Gewöhnlich zögert das Polizeipräsidium nicht, seine Wünsche mit Hilfe der Presse zu veröffentlichen, aber die Flucht eines wahnsinnigen Mörders ist eine Angelegenheit, die man sich weniger beeilt, dem Publikum mitzuteilen. Nicht einmal, nein, viele Male hatte man schon die Hilfe des Publikums angerufen, um den alten John Flack den Händen der Gerechtigkeit zu überliefern. Seine Beschreibung war veröffentlicht worden, seine Schlupfwinkel bekanntgegeben, ohne daß diese in die entlegensten Orte verteilten Anzeigen irgendwie Erfolg gehabt hätten.
    In Scotland Yard fand eine Konferenz statt, an der Mr. Reeder teilnahm; fünf ernste Männer saßen um den Tisch des Oberinspektors herum, das Thema ihrer Besprechung waren hauptsächlich ungemünztes Gold und ›Schnüffler‹, und mit diesem eleganten Ausdruck wurden die unvermeidlichen Polizeispitzel bezeichnet.
    ›Klaps-John‹ war schließlich durch Verrat eines Außenseiters gefaßt worden. Ravini, einer der leistungsfähigsten Bandenführer, war von John Flack engagiert worden, den Einbruch in der Leadenhall Bank zu ›decken‹. Ungemünztes Gold war John Flacks Spezialität - und war auch für Mr. Ravini nicht ohne Interesse.
    Der Einbruch war erfolgreich. Eines Sonntagmorgens fuhren zwei Autos aus dem Hof der Leadenhall Bank heraus. An der Seite des Führers eines jeden Wagens saß ein Polizeibeamter in Uniform - im Inneren eines jeden Wagens ein zweiter. Ein Schutzmann sah die Wagen abfahren, war aber durch die Gegenwart der uniformierten Beamten beruhigt und rief die Wagenführer nicht an. Es war kein ungewöhnliches Ereignis. Transport von Gold oder Papieren am Sonntagmorgen war schon häufiger vorgekommen, nur hatte man gewöhnlich die städtischen Behörden benachrichtigt. Der Beamte rief die Old Jewry Polizeiwache an, um den Vorfall zu melden, aber um diese Zeit war John Flack schon weit weg.
    Ravini, der sich um den gerechten Anteil an der Beute betrogen glaubte, war es, der den alten Flack verriet, aber das Gold wurde niemals gefunden.
    Ganz England wurde durchsucht, um John Flacks Hauptquartier zu finden, ohne Erfolg. Es gab kein Hotel, keine Pension, die nicht Flacks Steckbrief erhalten hatte. Aber kein Mensch hatte ihn in

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