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062 - John Flack

062 - John Flack

Titel: 062 - John Flack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Ihnen in keiner Weise lästig fallen und bin gerne bereit, Sie für das Vergangene um Verzeihung zu bitten. Kann ein Kavalier noch mehr tun?«
    »Ich wüßte nicht, Mr. Ravini, daß Sie für irgend etwas um Entschuldigung zu bitten hätten«, sagte sie erleichtert und fügte in höflichem Ton hinzu: »Gefällt es Ihnen hier? Sie scheinen ja jetzt ein neues Lebensinteresse gefunden zu haben?«
    »Es ist einfach wundervoll hier«, erwiderte er verbindlich - er war ein Mann, der Superlative liebte -, »und sagen Sie bitte, Miss Belman, wer ist eigentlich diese junge Dame, Miss Olga Crewe?«
    »Sie ist ein Gast; mehr weiß ich auch nicht.«
    »Ein entzückendes Geschöpf!« rief er begeistert, und Margaret lächelte unwillkürlich.
    »Und eine Dame, jeder Zoll eine Dame«, fuhr er fort. »Ich muß sagen, ich bin wie Wachs in den Händen von wirklichen Damen! Sie haben so etwas an sich, so was Apartes. So eine richtige Dame ist doch etwas ganz anderes als eine - sagen wir - Verkäuferin oder kleine Stenotypistin. Aber natürlich meine ich damit nicht Sie«, fuhr er lustig fort, »für mich sind Sie auch eine Dame. Jeder Zoll eine Dame. Ich werde meinen Rolls-Royce kommen lassen, um mit ihr Touren zu machen. Sie sind doch nicht etwa eifersüchtig?«
    Ärger und Belustigung stritten in Margaret, aber ihr Sinn für Humor trug den Sieg davon, und auf dem Weg in ihr Büro lachte sie leise in sich hinein.
    Bald darauf verschwanden Mr. Ravini und Olga. Margaret sah sie gegen elf Uhr in die Halle kommen. Das junge Mädchen sah bleicher aus als gewöhnlich, eilte, ohne ein Wort zu sagen, an ihr vorbei und lief die Treppe hinauf. Margaret betrachtete Ravini neugierig. Sein Gesicht war gerötet, seine Augen zeigten einen ungewöhnlichen Glanz.
    »Ich fahre morgen in die Stadt«, sagte er. »Frühzug ... Sie brauchen mir keinen Wagen zu bestellen; ich kann ganz gut zu Fuß hinunterlaufen.«
    Er sprach etwas gehetzt und zusammenhanglos.
    »Haben Sie genug von Larmes Keep?«
    »Was? Genug von Larmes Keep . . .? Nein, weiß Gott nicht! Das hier ist der richtige Platz für mich!«
    Er strich sein dunkles Haar glatt, und sie bemerkte, daß seine Hand so stark zitterte, daß die Glücksringe feurig blitzten und funkelten. Sie wartete, bis er verschwunden war, ging dann nach oben und klopfte an Olgas Tür.
    »Wer ist da?« fragte scharf eine Stimme.
    »Miss Belman.«
    Der Schlüssel drehte sich, und die Tür ging auf. Nur ein Licht brannte in dem Zimmer, so daß Olgas Gesicht im Schatten lag.
    »Darf ich hereinkommen?« fragte Margaret. »Ich möchte Ihnen etwas sagen.«
    Olga zögerte erst und sagte dann:
    »Kommen Sie bitte herein; ich habe geheult.«
    Ihre Augen waren gerötet und die Tränenspuren auf ihren Wangen noch sichtbar.
    »Dieser verwünschte Ort macht mich so furchtbar niedergeschlagen«, entschuldigte sie sich. »Weshalb wollen Sie mich sprechen?«
    »Mr. Ravini . . . Ich weiß nicht . . ., ob . . . Wissen Sie, daß er ein Verbrecher ist?«
    Olga starrte sie an, und ihr Blick wurde abweisend.
    »Ich wüßte nicht, daß ich ein besonderes Interesse an Mr. Ravini hätte«, sagte sie langsam, »warum erzählen Sie mir das?«
    Margaret befand sich in einer peinlichen Lage.
    »Ich weiß nicht - ich hatte den Eindruck, Sie hätten sich besonders mit ihm angefreundet ... Es war anmaßend von mir.«
    »Das scheint mir auch so!« erwiderte Olga kühl, und die Abweisung war so deutlich, daß Margaret blutrot wurde.
    Sie war ärgerlich über sich selbst, als sie an diesem Abend auf ihr Zimmer kam, und Ärger ist ein schlechter Schlafkamerad, der von allen menschlichen Empfindungen am längsten wach bleibt. Sie warf sich in ihrem Bett von einer Seite auf die andere, suchte zu vergessen, daß es solche Leute wie Olga Crewe und George Ravini auf der Welt gab, versuchte jedes Mittel, um einzuschlafen und war beinahe erfolgreich, als ...
    Sie fuhr im Bett in die Höhe. Finger kratzten an ihrer Tür; es war nicht gerade ein Kratzen, auch kein Pochen. Sie drehte das Licht an, stand auf, schlich an die Tür und lauschte. Da war jemand. Die Klinke drehte sich unter ihrer Hand.
    »Wer ist da?« fragte sie.
    »Lassen Sie mich 'rein! Lassen sie mich 'rein!«
    Ein angstvolles, gehetztes Flüstern . . ., aber sie erkannte die Stimme - Ravini!
    »Ich kann Sie nicht hereinlassen. Gehen Sie bitte fort, oder ich telefoniere . . .«
    Sie hörte einen Laut, einen seltsam erstickten Laut . . . Eine Art Schluchzen . . . Und dann Schweigen. Ihr Herz schlug

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