0622 - Gefangen in den Höllenschlünden
erschöpft sind, greifen sie zu, und wir sind erledigt!«
Nicole ließ die Waffe sinken, die sie instinktiv hochgerissen hatte.
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich habe mentalen Kontakt«, sagte sie. »Es ist unser Irrwisch! Er hat überlebt. Irgendwie ist er vorhin über der Schlucht entkommen. Scheint, als habe es etwas mit dem grünen Schutzfeld deines Amuletts zu tun. Es muß wohl auch einen großen Teil der ihm zugedachten magischen Kraft abgefangen und aufgesaugt haben. Jedenfalls ist er wütend auf Stygia, weil sie ihn umbringen wollte, und uns dankbar, weil er noch lebt.«
»Das hilft uns auch nicht weiter«, sagte Zamorra. »Seine Dankbarkeit wird uns nicht aus dieser Hölle hinausbringen.«
Nicole lauschte wieder telepathisch.
»Vielleicht doch«, sagte sie. »Er spürt noch Restschwingungen der Weltentor-Magie. Er will versuchen, sie zu aktivieren. Vielleicht werden wir mit den Amuletten nachhelfen müssen.«
»Das heißt, er kann das Tor wieder aufbauen?«
»Vielleicht«, sagte Nicole. »Aber wir dürfen nicht mehr lange zögern, wenn wir hier wegwollen. Und er kann uns auch nicht versprechen, daß wir genau dort ankommen, woher wir gekommen sind. Das Tor ist schon soweit zerstört, daß es sich nicht mehr exakt kalibrieren läßt.«
»Das bedeutet, wir werden vielleicht in einem anderen Universum landen?«
»Kaum. Aber wenn wir noch lange warten, könnte es sein, daß wir voneinander getrennt werden - oder im Zerfallsprozeß des Tores vergehen.«
»Du willst das Risiko eingehen?«
»Es ist unsere einzige Chance, hier wegzukommen. Wenn wir hier bleiben, nach einem anderen Weg suchen, fallen wir Stygia bestimmt in die Hände. Und dann werden uns auch die beiden Amulette nicht auf Dauer retten können. Irgendwann erschöpfen sich ihre und unsere Kräfte, und viele Hunde sind des Hasen Tod. Laß es uns versuchen, Chef. Wir haben dann wenigstens noch eine kleine Überlebenschance. Und von jedem anderen Ort kommen wir garantiert ruhiger wieder nach Hause als von hier aus.«
»Nun gut. Dann soll der Irrwisch uns sagen, was wir zu tun haben, um ihn zu unterstützen.«
Ein paar Minuten später begann das Tor sich wieder abzuzeichnen.
Schwach nur und flackernd, aber immerhin.
»Schnell«, stieß Nicole hervor. »Er sagt, es kann jeden Moment endgültig zusammenbrechen!«
Zamorra nickte.
Er schob Nicole vor sich her durch die Öffnung und folgte sofort nach. Hinter ihnen flitzte der Irrwisch durch das Tor.
Natürlich! Die Aktion war auch in seinem Sinn gewesen! Auch er durfte sich nicht noch einmal von Stygia erwischen lassen und wollte eine so große Distanz wie nur eben möglich zwischen sich und sie bringen!
Fehlt nur noch, daß er uns um Asyl bittet, dachte Zamorra sarkastisch.
Nach dem Drachen fehlt uns so ein Irrwisch gerade noch in der Sammlung…
Hinter ihnen erlosch das Weltentor endgültig.
Und um sie herum war tiefste Dunkelheit.
Nur der Irrwisch selbst verbreitete einen schwachen Lichtschimmer.
»Verdammt«, stieß Zamorra hervor. »Wo, zum Teufel, sind wir denn jetzt schon wieder gelandet?«
Darauf wußte nicht einmal der Irrwisch eine Antwort…
Aber der Geruch, der aus der Dunkelheit hervorströmte, ließ sie nichts Gutes ahnen.
Es war der Geruch von Tod und Verwesung…
ENDE des ersten Teils
[1] Siehe Professor Zamorra Nr. 613 »Stygias Höllen-Sklaven«
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