0622 - Gefangen in den Höllenschlünden
Zamorra glaubte, der Anprall breche ihm alle Glieder und fetze ihm die Haut von den Händen. Aber irgendwie schaffte er es, sich an dem Felsen festzukrallen, und er sah erleichtert, daß auch Nicole es geschafft hatte, Halt zu finden.
Die Eisbrücke floß zerschmelzend an ihnen vorbei abwärts.
Zamorra bekam Merlins Stern endlich wieder unter seine Kontrolle.
Wo war das 6. Amulett?
Er schaffte gerade noch, es abzufangen, ehe es in der Höllenglut verschwand. Ließ es wieder auf sich zu schweben!
Es durfte nicht verlorengehen, und es durfte auch nicht wieder in Stygias Hände geraten!
Er sah sich nach der Dämonenfürstin um. Sie stand auf der anderen Seite an der Felskante, umgeben von einigen der Skelett-Krieger.
Ein Blick nach oben - es waren etwa fünf Meter bis zur eigenen Kante. Die mußten sie kletternd überwinden.
Aber dann stürzte plötzlich etwas von oben auf sie zu!
»Verdammt!« schrie Zamorra auf.
Ein Skelett-Krieger jagte auf ihn herab. Streifte ihn noch, als er sich zur Seite duckte, und hätte ihn mit dem Ruck des Aufpralls beinahe mit in die Tiefe gerissen. Zamorra sah ihn unten in der Schlucht in den Flammen verschwinden, deren Glut jetzt fast unerträglich zu ihnen heraufstrahlte.
Weitere Skelett-Krieger stürzten sich herab, um mit ihrem Absturz bei der Berührung die beiden Menschen von der Felswand zu fegen und mit sich in die Tiefe zu reißen!
Stygia gab ihnen den Befehl dazu!
Und sie gehorchten blind. Sie fürchteten den Tod nicht, denn tot waren sie schon längst.
Einer nach dem anderen zielte auf die beiden Menschen. Es war nur eine Frage der Zeit, wann es ihnen gelang.
Plötzlich drehte Nicole sich. In ihrer Hand lag wieder der Blaster.
Der nadelfeine, blaßrote Laser strahl fauchte zu Stygia hinüber. Traf sie, ließ ihre ausgebreiteten Flügel aufflammen.
Kreischend raste sie davon, damit beschäftigt, das Feuer zu löschen. Sie suchte Deckung. Im gleichen Moment hörten auch die Skelett-Krieger damit auf, sich wie die Lemminge über die Felskante zu stürzen.
»Hoch!« keuchte Nicole. »Schnell, ehe sie sich von dem Schock erholt!« Sie lachte auf. »Damit hat sie wohl nicht mehr gerechnet!«
Aber es war schwieriger als gedacht, wieder nach oben zu kommen. Teilweise war die Felswand nicht rissig genug, um Halt zu finden, an anderen Stellen brachen Vorsprünge ab, an denen die beiden Menschen sich festzukrallen versuchten.
Immer wieder sah Zamorra sich um. Wann tauchte Stygia wieder auf?
Es dauerte erfreulich lange…
Offenbar hatte sie Probleme mit ihrer Verwundung. Sollte Nicole sie schwerer getroffen haben, als es zu hoffen gewesen war?
»Ich hätte viel früher auf sie schießen sollen«, keuchte sie, während sie weiter emporkletterte. »Hier, Chef! Versuche herüberzukommen. Wo ich bin, geht es leichter…«
Noch zwei Meter!
Noch ein Meter!
Dann konnte Nicole die Felskante erfassen und sich hochziehen.
Unmittelbar vor ihr stand ein Skelett-Krieger.
Und trat ihr blitzschnell nacheinander auf beide Hände.
Mit einem gellenden Aufschrei ließ Nicole schmerzerfüllt los und stürzte!
***
Stygia raste.
Der Schmerz in ihren Flügeln war fast unerträglich. Sie war nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Der Laserstrahl hatte die dünne Flughaut durchschlagen und in Brand gesetzt - und dieser Brand hatte ihr in Sekundenschnelle fast die ganze Haut heruntergefressen, ehe sie ihn löschen konnte. Jetzt konnte sie diese Schwingen nicht mehr gebrauchen.
Es half ihr auch nicht, die Flügel schrumpfen und in ihrem Rücken verschwinden zu lassen; der rasende Schmerz blieb und wollte sich nicht eindämmen lassen.
Stygia ahnte, daß das noch eine Weile ihr Problem bleiben würde, und ihr Zorn auf Zamorra und seine Begleiterin wuchs ins schier Unermeßliche.
Doch sie konnte im Moment nichts mehr gegen ihn tun.
Der Schmerz nahm ihr die Konzentrationsfähigkeit.
Aber sie war sicher, daß Zamorra sich in der Hölle verirren würde. Er kam hier nicht mehr raus. Die Wegmarkierungen, die er angelegt hatte, waren von einem der Irrwische verändert worden. Zamorra konnte das Weltentor nicht mehr finden.
Und vielleicht existierte es auch schon gar nicht mehr. Denn Horgon, der es erschaffen hatte, war ja tot. So wie die Brücke mit seinem Tod dahinzuschmelzen begonnen hatte, löste sich wahrscheinlich auch das Weltentor auf.
Das verschaffte Stygia Zeit.
Sie konnte sich von den Schmerzen erholen und ihren verbrannten Flügel wieder heilen lassen.
Um
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