0624 - In den Katakomben von Nopaloor
Rhodans Versteck zu.
Die feierliche Prozession, die zugleich grotesk anmutete, zog dicht an ihm vorüber, hinein in den breiten Korridor, der zu einem unbekannten Ziel führte. Mit betonter Würde trugen die zehn Roboter die Urnen mit den abgestorbenen Gehirnen. Rhodan brauchte den Bordin gar nicht zu fragen, er wußte auch so, daß er Zeuge einer unheimlichen Bestattung wurde.
Vielleicht wurden die „Toten" verbrannt, oder sie landeten in einer Konverteranlage, damit keine Energie verloren ging.
Jedenfalls verschwanden sie für immer aus dem Tempel der klagenden Gehirne, um neuen Platz zu machen.
Rhodan widerstand dem fast hypnotischen Zwang, der Prozession zu folgen. Ihm war einen Augenblick sogar so, als hindere ihn das bislang so schwache Restbewußtsein Tectos daran, der immerhin noch seinen eigenen Körper besaß, wenn er auch jetzt Rhodan gehörte.
„Sie hätten uns töten müssen, wären wir von ihnen entdeckt worden", teilte der Bordin entsetzt mit. „Es ist schon ein todeswürdiges Verbrechen, in den Tempel der Gehirne einzudringen, aber einer Bestattung zuzusehen - das ist ... das ist ungeheuerlich."
Auch ohne diesen Hinweis war es Rhodan klar, daß er ein furchtbares Verbrechen begangen hatte. Aber seine Ethik war eine andere als die der Yaanztroner.
„Sie haben uns nicht entdeckt", gab Rhodan zurück. „Und jetzt müssen wir weitersuchen, oder wir müssen den Weg zurück zur Oberfläche finden."
„Dort finden wir vielleicht etwas zu essen, und ganz bestimmt finden wir dort den Tod."
Rhodans Hand strich unwillkürlich über die nackte Brust und über die biologisch verklebte Identifikationsmarke, die ihn als entflohenen Diener kennzeichnete. Sein Partner hatte recht. Es gab keinen Ausweg.
Und so betrachtet waren sie beide so gut wie tot. Schon jetzt.
Er ging weiter, in entgegengesetzter Richtung.
Schon längst hatte er keine Ahnung mehr, wo er sich eigentlich befand. Der Tempel mußte ungeahnte Ausmaße besitzen, vielleicht viele Quadratkilometer. Bis sie ihn zur Gänze durchforscht hatten, waren er und der Borgin verhungert - zuerst der Körper, dann das Gehirn.
Zwei Stunden später hielt er total erschöpft inne und setzte sich dort auf den Boden, wo er gerade stand.
„Es hat keinen Zweck, wir finden weder Nahrung, Wasser noch den Weg zurück. Wir müssen Kontakt mit einem der Wartungsroboter aufnehmen. Sie sind unbewaffnet."
„Sie bedeuten trotzdem sofortigen Tod, denn sie sind dazu programmiert, unbefugte Eindringlinge unschädlich zu machen.
Mein Gehirn wird hier im Tempel bleiben, bis es gänzlich abstirbt, und das deine bekommt vielleicht einen neuen Körper - vielleicht auch nicht."
„Ich muß es riskieren."
Rhodan wußte selbst, wie sinnlos sein Kampf geworden war.
Er konnte den Bordin nicht als echten Bundesgenossen bezeichnen, denn er war selbst dieser Bordin Tecto. Seine ganze Hoffnung bestand darin, den Wissenschaftler Doynschto zu finden, den man auch „Den Sanften" nannte.
Er blieb eine volle Stunde sitzen, ehe sich der Bordin-Körper wieder kräftig genug fühlte, den sinnlos erscheinenden Marsch fortzusetzen. Mühsam setzte er seinen Weg fort.
Sie begegneten Robotern und fanden rechtzeitig ein Versteck.
Einmal kam ihnen sogar ein Transportkommando entgegen, das neue Gehirne in den Tempel brachte.
Und dann, als sie abermals in einer der zahllosen Hallen standen und das Klagen und Jammern der körperlosen Bewußtseine über sich ergehen ließen, riß ein lauter Schrei Rhodan aus seinen hoffnungslosen Betrachtungen.
Es war ein echter Schrei, nicht das Klagen eines Gehirns.
„Verbirg dich!" rief Bordin entsetzt. „Die Roboter haben einen Eindringling erwischt und bestrafen ihn."
Ein Eindringling!
Der Gedanke elektrisierte Rhodan förmlich. Jemand, der unbefugt in dieses Labyrinth eindrang, konnte nur ein Verbündeter sein. Er konnte ihm vielleicht helfen, wenn man ihm jetzt beistand.
Die Überlegungen erfolgten blitzschnell. Die eventuellen Konsequenzen waren in Rhodans Überlegungen nicht einbezogen.
Abermals ertönte ein Schrei, diesmal voller Panik und Schrecken. Er brach plötzlich ab, dafür ertönte das dumpfe Dröhnen von Metall auf Metall. Dann wieder die entsetzte Stimme in Nauparo, der Hauptsprache dieser Galaxis, die Rhodan perfekt verstand.
Jemand befand sich in höchster Gefahr, daran konnte kein Zweifel bestehen.
Rhodan verlor keine Sekunde mehr. Er gab dem trägen Körper des Bordins den Befehl, und schon stürmte der Riese wie eine
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