0625 - Lucifuges Mörder-Horden
Händler oder Käufer packte zwischen seinen Geschäften der Durst.
Plötzlich stand jemand im Eingang. Die ihn sahen, drehten sich rasch wieder um, um von den stechenden Blicken nicht durchbohrt zu werden, die der Ankömmling aussandte. Er war schwarz gekleidet und wurde von einem langen Mantel umwallt, der in ständiger Bewegung zu sein schien. Sein Gesicht lag merkwürdigerweise ständig im Schatten. Nur seine Augen stachen als rötliche Punkte daraus hervor.
Der Wirt zog sich plötzlich zurück. Er wollte nichts mit dem Unheimlichen zu tun haben.
Der Schwarzgekleidete sah sich in der Taverne um, dann näherte er sich lautlos dem Tisch, an dem die beiden schwarzhaarigen Beobachter saßen. Unaufgefordert ließ er sich auf einem freien Stuhl neben ihnen nieder.
»Berichtet«, verlangte er.
Seine Stimme klang nicht wie die eines Menschen, sondern auf unbeschreibliche Weise… anders. Die beiden Schwarzhaarigen flüsterten ihm ihre Beobachtungen zu. Der Fremde rührte sich nicht, sprach auch kein Wort, bis sie mit ihrem Bericht fertig waren. Dann hob er die Hand. Sie war schlank und dürr, seltsam knochig und von pergamentartiger Haut überzogen.
»Ihr wartet bis zum Abend«, raunte der Fremde. »Dann werdet ihr die Wächterwölfe schlafend finden. Ich ebne den Weg. Ihr holt das Mädchen, so, wie es besprochen war. Keine Änderung in der Planung. In dieser Nacht geschieht es.«
»Er hat einen Sklaven, der bewaffnet ist«, murmelte der Mann mit dem Wurfmessergürtel.
»Der Sklave wird sein Zimmer nicht verlassen können. Glaubst du, ich denke nicht an alles?« Der Fremde lachte leise meckernd. Dann erhob er sich, wandte sich wortlos um und schritt lautlos davon. Fast hätte man meinen mögen, daß er schwebte, und als der wiederauftauchende Wirt genau hinschaute, entdeckte er, daß der Fremde drei Schatten in drei verschiedene Richtungen warf.
Nach Morgen, Mittag und Abend zugleich…
Kalt kroch es ihm über den Rücken, und er ahnte, daß es besser war, diesem Mann und seinen beiden Helfern so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen.
Beide brauchten ihre Zechen nicht zu bezahlen. Der Wirt war froh, als sie gingen…
Dies war es, was Santor fürchtete. Und doch hatte er den Zauberer ebenso unterschätzt, wie er den Mut seines neuen Sklaven überschätzte.
***
Zamorra wies Parco eine freie Kammer neben seiner zu. Er zählte ihm seine Pflichten auf und erklärte ihm die kleinen Eigenheiten des Dominus und seiner hübschen Tochter, zeigte ihm Haus und Garten und war bemüht, nichts Wichtiges auszulassen. Parco hatte daran zu schlucken und zu verarbeiten. Er würde viel lernen müssen und vermutlich anfangs noch viel falsch machen. Schließlich, am späten Nachmittag, ließ Zamorra es für diesen ersten Tag genug sein. Die unwichtigeren Dinge hatten Zeit. Er, Zamorra, hatte auch nicht alles am ersten Tag gewußt, und der Dominus würde es verzeihen, wenn Parco am Anfang aus Unwissenheit Fehler machte.
Aber nicht nur deshalb brach Zamorra den Unterricht schließlich ab. Da war noch etwas, das in ihm nagte und ihn nicht mehr losließ.
Immer wieder mußte er an Eva denken…
Eva, von der er nicht wußte, was er mit ihr zu schaffen hatte, die ihm aber bekannt war wie aus einem anderen Leben…
Es zog ihn wieder zum Sklavenmarkt.
Zum dritten Mal an diesem Tag erschien er vor Cristoferos Zelt. An seinem Gürtel, vor Dieben durch den Stoff einer langen Jacke geschützt, hing eine prall gefüllte Geldkatze. Darin waren jene Dukaten, die Zamorra im Laufe der Jahre zusammengespart hatte.
Er nahm all seinen Mut zusammen. Er trug keinen Sklavenkragen mehr, schien jetzt ein freier Bürger zu sein. Wer wollte ihm verbieten, was er jetzt zu tun beabsichtigte?
Eva freikaufen! Sie war jung, nicht so jung wie Parco, aber sie würde die Freiheit noch schätzen können. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich.
Als er vor Cristoferos Zelt ankam, glaubte er, in einen Abgrund zu stürzen.
Eva stand bereits auf der Bank zum Verkauf! Sie allein, kein anderes Mädchen zur Auswahl! Sie sah so traurig und hilflos aus, stand da nackt und so überaus verletzlich. Und vor ihr ein reicher Kaufmann aus der Südstadt, der ihren schlanken Körper befingerte, die Zartheit ihrer Haut und ihre Jungfräulichkeit prüfte. Zamorra kannte den Mann aus der Ferne und vom Hörensagen. Caramoine, ein herrsch- und genußsüchtiger Geschäftsmann, dem man nachsagte, daß er nur durch Betrügereien und unlautere Machenschaften zu seinem Reichtum
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