0626 - Kopfjagd in der Höllenwelt
Verwünschung. Da drängte sich ein Mann in regenbogenschillernder, eng anliegender Kleidung durch die Soldaten und blieb vor ihm stehen.
»Du bist der Dominus?«
»Aber du nicht der Kaiser, wie ich mir denke«, sagte Santor.
»Nur ein unwürdiger Diener seiner Majestät«, sagte der Schillernde. »Du kannst mich Ran nennen, wenn es dir beliebt.«
»Es beliebt mir.« Santor stieg ab. Ran gab einem der Soldaten einen Wink. Der Mann nahm die Zügel des Pferdes.
»Er wird dein Tier gut versorgen«, erklärte Ran. »Es wird in jenem Stall stehen, bis du uns wieder verläßt.« Er deutete über den Vorhof zwischen Festungsmauer und Palasttor auf einen größeren Holzbau.
Santor blieb stehen, bis er sah, daß das Tier wirklich in den Holzbau gebracht wurde. Ganz beruhigt war er immer noch nicht. Jemand konnte das Pferd, während er im Palast war, ohne weiteres verschwinden lassen und ihn damit seiner Fluchtmöglichkeit berauben. Aber das konnte er nicht verhindern. Er zuckte mit den Schultern und deutete auf die Weißen. »Was sind das für Waffen?« fragte er.
»Gute«, lächelte Ran. »Gute und wirkungsvolle. Komm, Dominus. Seine Majestät ist von deiner Ankunft unterrichtet und erwartet dich mit einem kräftigenden Imbiß. Dein Ritt muß lang und beschwerlich gewesen sein. Sarnalon ist weit von hier.«
Santor nickte und folgte dem Schillernden, der rasch ausschritt. Das Obergewand Rans war weit geschnitten. Er trug keine Waffe am Gürtel, aber unter seinem glitzernden Hemd ließ sich ohne weiteres eine dieser stabförmigen Waffen verbergen. Die Dinger schienen leicht zu sein.
Vor dem Palasteingang standen weitere weiße Soldaten. Santor schüttelte den Kopf. »Wird es den Männern nicht lästig, stundenlang mit geschlossenem Visier herumzulaufen?«
»Man müßte sie bei Gelegenheit einmal fragen«, lächelte Ran. »Folge mir derweil, Dominus.«
Der Prunk, der ihn erwartete, verschlug Santor fast den Atem. Er war vom Palast des Stadtkönigs und auch von seinem eigenen Haus her einiges gewohnt, aber das hier übertraf alles bisher Gesehene. Überall funkelte und blitzte es. Unzählige Fackeln und Kerzen brannten, und alle Flammen waren hinter Glas abgeschirmt, so daß kein Windzug sie zum Erlöschen bringen konnte. Die Stiefel versanken fast in weichen Teppichen. Die Wände waren bemalt und zeigten erschreckende, aber auch bezaubernde Szenen. Santor wagte nicht sich vorzustellen, wie viele Künstler wie viele Jahre lang daran gearbeitet haben mußten.
Überall standen weißgepanzerte Soldaten, aber je tiefer sie in das Palastinnere vorstießen, desto weniger Krieger waren zu sehen. Dafür huschten prächtig gekleidete Männer und Frauen hin und her, einige blieben kurz stehen, grüßten oder schauten nur.
Der Korridor mündete in eine Halle. Ran durchquerte sie einfach und öffnete dann ein Portal. Dahinter erstreckte sich ein noch größerer Saal.
Santor trat ein.
Das erste, was ihm auffiel, war das völlige Fehlen von Soldaten. Das beruhigte ihn ein wenig. Am Ende des Saales erhob sich ein Thronsessel. Die Lehnen endeten in geschnitzten Löwenköpfen. Ein Wesen, das zugleich an einen schwarzen Leoparden und einen Yeti gemahnte, lag vor den Stufen, die zum Thronsessel hinauf führten. Ein dunkelhäutiger Sklave stand neben dem Thron, bereit, jedem Befehl zu gehorchen.
Eine Harfe klang, eine Flöte spielte eine einschmeichelnde Melodie. Einige unbekleidete Mädchen tanzten dazu.
Unten vor dem Thron stand ein großer, flacher Tisch mit Speisen und Getränken.
Santor sah auf.
Er begegnete einem Blick, den er nicht zu deuten wußte.
Magnus hob die Hand. Er war einfach gekleidet und strahlte Ruhe aus. Er sprach nicht laut. Santor wunderte sich, daß er trotz der Entfernung den Kaiser deutlich verstehen konnte.
»Sei Uns willkommen, Dominus Santor«, sagte der Kaiser. »Tritt näher. Man sagt, dein König schenkt dir stets nicht nur ein, sondern beide Ohren. Du mußt ein kluger Mann sein.«
Santor neigte nur leicht den Kopf. Er sah kurz nach Ran, aber der Schillernde war zur Seite getreten und nickte dem Dominus auffordernd zu. Santor durchmaß die Halle mit raschen Schritten und blieb vor dem Tisch stehen. Der Leopard-Yeti hob den Kopf und öffnete träge seinen Rachen. Lange Fänge schimmerten. Dann klappte das Raubtier Maul und Augen zu und döste weiter.
»Greif zu, Dominus«, sagte Magnus. »Du mußt hungrig sein.«
Santor betrachtete die Speisen und Getränke mit gemischten Gefühlen. Magnus
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