0629 - Attacke der Werwölfe
gestrige Aktion in Exeter war riskant genug. Erledigt eure Aufgabe.«
Er schaltete wieder ab und ließ das Handy in der Tasche verschwinden.
Den Schattenbereich nicht verlassend, ging er langsam zum Pub zurück.
***
Nicole Duval fühlte sich überflüssig. Was konnte sie tun, außer darauf zu warten, daß Julio Comez wieder erwachte? Und dann konnte sie immer noch nichts für ihn tun, weil ihr die entsprechenden Hilfsmittel fehlten. Die mußte Zamorra erst hierher bringen.
Sie war überzeugt, daß es effektiver gewesen wäre, mit Zamorra zum Dorf zu laufen und ihm dort zu helfen. Aber es war klar, daß sie Comez nicht einfach allein hier liegen lassen konnten. Jemand mußte sich um ihn kümmern, schon allein des Werwolfkeims wegen!
Die Wolkenbänke wurden dichter. Fehlte nur noch, daß es anfing zu regnen. Nicole überlegte, ob sie Comez dann bis zum Wald schleppen konnte. Sie hatte nämlich keine Lust, mehr als nötig durchnäßt zu werden, und dem paralysierten Comez tat ein Regenguß auch nicht gut. Das Laubdach der Bäume konnte wenigstens einen Teil des Regens abhalten.
Aber den Mann über fünfzig Meter weit zu schleppen, war auch eine Tortur.
Wenn er wenigstens rechtzeitig wieder aus seinem Paralysezustand erwachen würde! Dann könnte sie ihn dazu bringen, die Strecke selbst zu laufen.
Der bisher nur leichte Wind wurde stärker; ein weiteres Zeichen für eine Wetterverschlechterung. Nicole seufzte. Es wurde Zeit, daß Zamorra mit dem Wagen kam und sie hier abholte.
Doch das konnte noch dauern. Nicole warf einen Blick auf ihre Uhr; die Leuchtanzeige verriet ihr, daß erst etwa 20 Minuten vergangen waren. Vielleicht gerade mal genug Zeit, Longdown zu erreichen, aber vielleicht würde Zamorra erst noch auf Cosimas Ankunft warten müssen. Vielleicht kam es auch zu Problemen, die ihn aufhielten. Immerhin sah es so aus, als wolle die Spanierin sich mit Brendon anlegen.
Nicole überlegte, wie sie Comez am besten griff. Ihn sich irgendwie über die Schulter zu wuchten, war eine Möglichkeit. Vielleicht reichte es auch, wenn sie ihn hinter sich her zerrte. Was war weniger anstrengend?
Obgleich sie vor körperlichen Anstrengungen noch nie zurückgeschreckt war, gehörte das Transportieren bewußtloser Menschen nicht gerade zu ihren täglichen Pflichtübungen.
Sie entschied sich dafür, Comez erstmal zu ziehen. Wenn ihr das auf dem unebenen Boden zu schwer wurde, konnte sie ihn sich immer noch auf die Schulter hieven.
Da fielen die ersten Regentropfen.
Sie murmelte eine Verwünschung und bückte sich nach Comez. Dabei sah sie in Richtung Waldrand.
Und entdeckte die Schatten, die sich ihr fast geräuschlos näherten…
***
Cosima betrat die Gaststätte. Der Wirt war hinter der Theke beschäftigt. Ein schneller Rundblick verriet der Spanierin, daß in diesem Moment niemand außer ihr und dem Wirt im Raum waren.
»Doktor?« sprach sie ihn an.
Er hob den Kopf, schien sie erst jetzt zu bemerken. »Ja?«
Sie nickte. Sie war am Ziel.
»Sie haben Antony umgebracht«, sagte sie.
»Wovon reden Sie?« fragte der bärtige Wirt überrascht.
»Sie haben auf ihn geschossen. Und jetzt werde ich auf Sie schießen.«
»Machen Sie keine Dummheiten«, bat er erschrocken, als sie die Hand mit der Waffe hob und auf ihn richtete. Langsam hob er die Hände. »Legen Sie die Waffe weg. Überlegen Sie sich, was Sie tun!«
»Ich bin sicher, daß Antony die gleiche Bitte an Sie gerichtet hat. Aber Sie haben auf ihn geschossen.«
»Ich verstehe immer noch nicht, wovon Sie reden.«
»Von Antony Grissom!« schrie sie. »Er könnte noch leben, wenn Sie ihm nicht die verdammte Silberkugel verpaßt hätten!«
»Hören Sie mir zu«, bat Brendon. »Sie…«
...schoß!
***
Unwillkürlich ließ Nicole Comez wieder los. Sie sah zu Grissom hinüber, der nach wie vor in seiner monströs verwandelten Gestalt neben der Straße lag. Aber ihr erster Gedanke, er könne vielleicht doch noch leben und habe auf magische Weise seine ›Brüder‹ zu sich gerufen, erwies sich als falsch.
Grissom war und blieb tot.
Was das Rudel Wolfsmenschen jedoch nicht daran hinderte, Nicole anzugreifen.
In weiten Sprüngen jagten sie heran. Nicht als Wölfe auf vier Beinen, sondern durchaus zweibeinig, in menschenähnlicher Werwolfsgestalt. Einige trugen nur ihren Pelz, andere Reste zerfetzter Kleidung. Aber allen gemeinsam waren die funkelnden Augen und die Klauen und gefletschten Zähne.
War das die Horde, die Grissom in Exeter erlebt hatte?
Ihr
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