0629 - Attacke der Werwölfe
daß sie ihn auch wirklich erwischen.«
»Und dann haben sie doch auf ihn geschossen! Das Loch in der Heckscheibe ist mit Sicherheit ein Einschußloch.«
»Das ist das einzige, was mir noch nicht ganz klar ist«, sagte Nicole. »Aber ich weiß, was ich in Grissoms Erinnerung gesehen habe. Es war, als er starb. Er konnte sich nicht mehr verschließen, gab die Bilder frei. Chef, es ist so, wie ich es sage. Das waren keine echten Polizisten.«
Zamorra verzog das Gesicht. »Warum haben sie auf ihn geschossen?« überlegte er. »Wenn sie ihn zum Werwolf machen wollten… das macht man doch nicht, indem man auf das Opfer ballert! Da stimmt doch was nicht.«
Die vermeintlichen Polizisten hatten geschossen. Und später hatte Brendon geschossen.
Zamorra fand keine Verbindung zwischen den beiden Aktionen.
***
Cosima Cordona jagte den Mercedes durch die Dämmerung. Daß er das Lenkrad auf der linken Seite hatte, kam ihr entgegen. So brauchte sie sich nicht umzugewöhnen. Die Straße -oder was die Engländer hier als Straße bezeichneten - war schlimm genug. Andalusiens Eselspfade konnten nicht holperiger sein. Die Räder knallten in Schlaglöcher, der Wagen federte darüber hinweg. Mehrfach hatte Cosima Angst, die Räder würden einfach abbrechen.
Aber sie hielten.
Nach kurzer Zeit gabelte sich der Weg; Cosima hielt sich links. Irgendwo im Osten oder Nordosten mußte Exeter sein. Dort wollte sie zwar nicht hin, aber das war ihr Fixpunkt, um nach Longdown zurückzukehren. Denn umdrehen und wieder an Zamorra und seiner Gefährtin vorbei, wollte sie nicht.
Alle Wege führen nach Rom!
In Abwandlung des alten Sprichwortes mußte auch einer dieser Wege zurück nach Longdown oder wenigstens nach Exeter führen. Es sei denn, die Engländer hatten es fertiggebracht, Überlandstraßen als Sackgassen zu konstruieren, ohne vorher mit entsprechender Beschilderung davor zu warnen.
Eine kleine Ortschaft tauchte vor ihr auf; Ide laut Ortsschild. Cosima verlangsamte das Tempo des 560 SEL nur wenig, jagte durch das Dorf und verpaßte prompt eine Abzweigung, aber dann ging es in freier Landschaft nur noch nach rechts oder links, und in einiger Entfernung voraus sah sie Lichter sich schnell bewegen - Scheinwerfer von Autos, die auf der A30 fuhren, der Schnellstraße von Exeter in Richtung Dartmoor.
Nach denen orientierte sie sich, weil ihrer Erinnerung nach die A30 an Longdown vorbeiführte, nur stellte sie dann fest, einen Fehler gemacht zu haben, weil es meilenweit keine Ausfahrt von der autobahnähnlich ausgebauten Straße mehr gab.
Je weiter sie fahren mußte, um so aggressiver wurde sie.
Erst ungefähr zwanzig Meilen weiter westlich konnte sie die Schnellstraße wieder verlassen.
Und beschloß, sich jetzt doch erst einmal die Straßenkarte näher anzuschauen, ehe sie wieder zurückraste.
***
»Es hat ihn erwischt«, sagte Zamorra. »Verdammt, so ein kleiner Kratzer… hat schon gereicht, den Keim zu übertragen. Julio Comez ist jetzt ebenfalls einer von ihnen.«
Nicole sah zum wolkigen Nachthimmel hinauf.
»Was bedeutet, daß er sich beim nächsten Vollmond in eine Bestie verwandelt.«
»Wir können ihm helfen. Wir können den Keim neutralisieren«, sagte Zamorra. »Noch… nur brauche ich dazu nicht nur das Amulett.«
Mit der Silberscheibe hatte er festgestellt, daß der schwarzmagische Keim sich in Comez festgesetzt hatte. Das Amulett hatte auf die Aura entsprechend reagiert.
»Das heißt, wir brauchen den Koffer, und der liegt im Wagen.«
Zamorra nickte.
»Ich hoffe, daß Cordona heil in Longdown ankommt. Ich laufe hinüber.«
»Und Comez?«
Er breitete die Hände aus.
»Dich bitte ich, hier auf ihn aufzupassen. Ich hole euch beide, sobald ich den Wagen zurückhabe.«
»Du bist ziemlich verrückt«, sagte Nicole. »Laß mir das Amulett hier. In Longdown wirst du es nicht brauchen. Weder Cosima noch der Arzt sind Werwölfe.«
Zamorra nickte. Er händigte seiner Gefährtin die Silberscheibe aus. Wenn er selbst das Amulett benötigte, konnte er es jederzeit mit einem Gedankenbefehl zu sich rufen. Aber die Wahrscheinlichkeit war größer, daß Nicole es benötigte, wenn sie mit dem potentiellen Werwolf Comez allein war.
Nur nicht daran denken, wieviele Opfer - tot oder infiziert! - es inzwischen in Exeter gab…
Zamorra versuchte sein Gewissen mit dem Gedanken zu beruhigen, daß überall auf der Welt zu dieser Zeit Werwölfe, Vampire, andere Dämonen über Menschen herfielen. Er konnte nicht überall zugleich
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