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063 - Das Verrätertor

063 - Das Verrätertor

Titel: 063 - Das Verrätertor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Silford weitergegeben worden war. Einen Augenblick lang war er besorgt, denn er wußte einiges von dem Privatleben des Radscha.
    »Ich habe für die ganze Bewegung zugunsten der braunen Frauen nicht viel übrig«, sagte er. »Es gibt eine große Anzahl einwandfreier Gesellschaften, die wirklich Gutes tun, aber die Gesellschaft zur Befreiung der orientalischen Frauen ist ein Schwindel. Die Polizei hat die Kollekte verboten.«
    »Ich bin auch nicht gar so stark daran interessiert«, bekannte sie, als sie der Tür zuschritten. In dem breiten Gang trafen sie mit Diana zusammen. Miss Martyn grüßte Hope mit einer liebenswürdigen Begeisterung, wie sie nur die engste Freundschaft hätte rechtfertigen können.
    »Sieh da, unsere liebe kleine Hope!« plauderte sie. »Ist sie die Glückliche, Dick?«
    Hope ersparte ihm die Unannehmlichkeit einer Antwort.
    »Ich sah Sie schon, als ich die Treppe heraufkam, aber ich hatte keine Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen, Miss Martyn. Ich möchte Ihnen etwas übergeben.«
    Sie öffnete ihre diamantengeschmückte Handtasche und nahm ein flaches Lederetui heraus.
    »Dies wurde mir durch einen Boten überbracht, gerade als ich Devonshire House verlassen wollte«, sagte sie. »Die Karte des Fürsten liegt in dem Etui. Ich nehme an, daß hier ein Irrtum vorliegt. Wollen Sie bitte so liebenswürdig sein und die Sache für mich in Ordnung bringen?«
    Diana nahm das kleine Kästchen zögernd entgegen.
    »Ich weiß nicht, was das alles bedeuten soll!«
    »Es ist eine Perlenkette«, sagte Hope ruhig. »Würden Sie die Güte haben und Seiner Hoheit bestellen, daß es in England nicht üblich ist, daß eine Dame Geschenke annimmt – selbst nicht von Fürsten aus dem goldenen Orient?«
    Dick sah, wie Diana errötete.
    »Weshalb sollte ich denn für Sie den Boten spielen?«
    »Weil…« Hope lächelte – »Sie werden die Karte des Fürsten in dem Etui finden. Meine Adresse ist darauf geschrieben – und zwar mit Ihrer Handschrift!«
    »Warten Sie einen Augenblick!«
    Dianas Stimme wurde hart. Sie streckte ihre Hand aus, um Hope zurückzuhalten, als sie fortgehen wollte.
    »Ich sehe nicht ein, warum Sie nicht ein kleines Geschenk annehmen sollten, wenn Seine Hoheit Sie so auszeichnen will. Und dann« – sie zuckte verächtlich die Achseln –, »Sie sind doch niemand Besonderes. Verzeihen Sie, wenn ich so offen rede – ich meine, man findet Ihren Namen weder in den Listen des Landadels noch im Debrett oder in sonst einem dieser nützlichen Bücher.«
    »Sie finden ihn auch nicht in Carlows Liste«, sagte Hope kühl.
    Diana wurde dunkelrot vor Ärger. Sie blieb mit einem leeren Lächeln stehen, aber in ihren Augen lauerte ein haßerfüllter Blick, wie ihn Dick nur einmal früher gesehen hatte.
    »Wer ist denn eigentlich Carlow?« fragte er Hope, als sie aus dem Gedränge herauskamen.
    »Wissen Sie das nicht?« meinte sie unschuldig. »Carlow ist eine große Nachrichtenagentur, die ihren Kunden streng vertraulich und geheim eine Liste zuschickt. Ich gehöre auch zu ihren Kunden. Die Liste enthält alle Namen von Leuten in England, besonders in London, die von dunklen Geschäften leben.«
    »Sie sind doch ein außergewöhnliches Mädchen!« sagte Dick.
    »Bin ich das?« lächelte sie, obgleich ihr in ihrem Leben niemals so wenig zum Lachen zumute war wie in diesem Augenblick. »Aber ich bin auch in einer außergewöhnlichen Lage.«
    Sie lehnte seine Begleitung ab und fuhr allein nach Hause. Ihre Gefühle und Gedanken waren in hellem Aufruhr. Diana Martyn hatte das ausgesprochen, was ihr soviel Unruhe, Sorge und Kummer bereitete. Sie hatte die verhängnisvolle Frage angeschnitten, die sie sich selbst in den letzten fünf Jahren immer wieder vorlegte.
    Sie war ein »Niemand« – Diana hatte die Wahrheit gesagt. Sie wußte nur, daß ihre Eltern tot waren und daß sie Landbesitz in Südamerika hatte. Sie verfügte über ein fürstliches Einkommen, das regelmäßig Anfang jeden Vierteljahres von gewissen Rechtsanwälten auf ihr Bankkonto eingezahlt wurde. Sie wußte auch, daß diese Firma sonst mit den dunkelsten Leuten in Verbindung stand. Weiter war ihr nichts über ihre eigene Person bekannt.
    Sie hatte niemals ihren eigenen Geburtsschein gesehen. Ebensowenig wußte sie, in welchem Land sie das Licht der Welt erblickt hatte. Der geheimnisvolle Mr. Hallett hätte es ihr sagen können, aber sie hatte ihn ja nie gesehen. Sie wußte nichts von ihm, nur daß er ein älterer Herr war, der sehr viel reiste

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