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063 - Das Verrätertor

063 - Das Verrätertor

Titel: 063 - Das Verrätertor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Abends eine recht gedrückte gewesen, denn der Fürst war äußerst verdrießlich und sprach kaum.
    »Dick? O ja, ich sehe ihn manchmal.«
    »Ein sehr brauchbarer Offizier«, sagte der Oberst, indem er den Wein mit Kennermiene austrank. »Gott sei Dank habe ich ihn wieder von den Fliegern zurückgeholt. Vermutlich wissen Sie, daß er sich zu den Fliegern versetzen ließ, damals nach hm – nach Ihrer kleinen Auseinandersetzung. Und er ist ein ganz vorzüglicher Flieger geworden. Er hat mich in Adlershot mit auf seiner Maschine gehabt und solch waghalsige Kunststücke gemacht, daß ich zu Tode erschrocken war. Ich muß festen Boden unter den Füßen haben oder im Sattel sitzen…«
    »Er hat sich doch wieder verlobt?«
    Dem Oberst war nicht ganz wohl zumute.
    »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, ich kümmere mich nicht um die Verlobungen meiner jüngeren Offiziere, bis sie sich entschließen, mit mir darüber zu sprechen. Da ich den Offizieren des Regiments an Vaterstelle gegenüberstehe, müssen sie früher oder später doch alle zu mir kommen. Bis jetzt ist mir offiziell nichts davon bekanntgeworden.«
    »Er wird zu Ihnen kommen«, sagte Diana so freundlich als möglich. »Miss Hope Joyner – kennen Sie sie?«
    »Ja, ich habe sie getroffen«, sagte der Oberst liebenswürdig und versuchte, das Gesprächsthema zu wechseln. »Ein sehr nettes Mädel, meine Frau hat neulich gesagt… «
    Aber Diana ließ ihn nicht ausweichen.
    »Ich hoffe, Dick wird sehr glücklich werden«, sagte sie in dem Ton liebenswürdiger Resignation, der ihr so gut stand.
    »Dessen bin ich sicher«, sagte der Oberst leise. Dann sprach er davon, daß Hope eine gute Akquisition für das Regiment wäre.
    »Wird sie das sein?« fragte Diana unschuldig. Der Oberst rückte ungemütlich auf seinem Stuhl hin und her.
    »Ja, ich denke«, sagte er schnell. »Ein sehr hübsches, äußerst liebenswürdiges und schönes… «
    Er wollte die Unterhaltung weniger persönlich gestalten und fiel dann doch in die Falle, die Diana ihm gestellt hatte.
    »Nebenbei bemerkt, aus welcher Familie stammt sie?« fragte er.
    Diana Martyn konnte sich nun dem Essen widmen.
    »Hat sie überhaupt Verwandte?« warf sie dazwischen.
    »Sind sie tot?« meinte der Oberst. »Oh, das wäre schade.«
    »Man weiß nicht einmal, ob sie tot sind«, sagte Diana. Da sie fürchtete, daß sein Interesse nachlassen könnte, fügte sie schnell hinzu: »Und niemand weiß weniger darüber als Hope selbst.«
    Der alte Herr zog die Augenbrauen hoch.
    »Das ist doch aber eine sehr ernste Sache, so etwas zu sagen.«
    »Das ist wahr, und ich habe es ganz im Ernst gemeint.«
    Sie berichtete ihm kurz die Geschichte Hope Joyners und, obgleich sie glaubwürdig erzählte, unterstrich sie doch die dunklen Möglichkeiten ihrer Geburt genügend.
    »Dick könnte wirklich nicht im Regiment bleiben, wenn er sie heiratet«, fuhr sie fort. »Ich glaube auch nicht, daß er die Absicht hat. Immerhin – «
    »Im Gegenteil, er hat bestimmt vor, im Regiment zu bleiben«, sagte der Oberst schroff. »Seine Ernennung zum Hauptmann ist nächsten Monat fällig, und ich weiß, daß es von jeher sein Wunsch war, den Befehl über das Bataillon zu führen, wie es vor ihm sein Vater tat. Stets hat ein Hallowell bei der Berwick-Garde gedient, seit diese Truppe besteht.«
    »Dann werden Sie erleben, daß die Truppe einmal ohne einen Hallowell ist«, sagte sie heiter. »Es ist doch ganz unmöglich! Finden Sie nicht auch, Herr Oberst?«
    Er antwortete ihr nicht. Der Abend war ihm verdorben.
    Als er die Unterhaltung wieder aufnahm, sprach er über eine Sache, die Diana am liebsten vermieden hätte.
    »Dick hatte gerade genug Ärger mit seinem schrecklichen Halbbruder«, sagte er, »er braucht sich nicht auch noch davon niederdrücken zu lassen. Das Mädchen ist wirklich sehr hübsch und liebenswürdig, und ich würde absolut damit einverstanden sein, wenn Dick erklärte – «
    Sie schaute ihn scheu von der Seite an.
    »Ja, Sie wohl«, stimmte sie ihm bei, »aber Lady Cynthia – «
    Sie wußte, daß dieser Pfeil getroffen hatte.
    Als alle Gäste mit Ausnahme von Diana und Colley gegangen waren, fragte der Fürst, der im Laufe des Abends etwas mehr aufgetaut war:
    »Sie haben doch mit dem Oberst über Hope Joyner gesprochen? Was sagten Sie von ihr?«
    »Was hätte ich sagen sollen, als daß sie ein sehr liebenswürdiges und schönes Mädchen ist«, erwiderte sie so unschuldig wie möglich. »Ich habe aber weniger über sie als

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