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063 - Das Verrätertor

063 - Das Verrätertor

Titel: 063 - Das Verrätertor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Warum kommst du so spät?« Es war sonst nicht seine Gewohnheit, sie auszufragen, und noch dazu in so scharfem Ton. Und es war ebenso ungewöhnlich, daß Lady Cynthia so sanft antwortete.
    »Ich habe mit jemand diniert, den ich zwanzig Jahre nicht gesehen habe«, sagte sie. »Es ist eine Privatangelegenheit, und ich möchte nicht, daß du mich wieder danach fragst.«
    Der Oberst war zu erstaunt, um gleich antworten zu können. Als er telefonierte, sah er zu seiner Gattin hinüber und war erschrocken über die Veränderung, die mit ihr vorgegangen war. Sie sah alt und verbraucht aus. Dunkle Ringe lagen unter ihren Augen. Das herausfordernde Selbstvertrauen, das er so gut an ihr kannte, war verschwunden.
    Er machte seinen Bericht, ging zu seinem Zimmer hinauf und zog die Uniform an. Lady Cynthia, die erstarrt in der Halle stand, beobachtete, wie er die Treppe herunterkam und seinen Säbelgurt umschnallte. Der Kasernenhof unten war mit Soldaten gefüllt. Als der Oberst aus seiner Wohnung heraustrat, hörte er das Geräusch von Gewehrkolben auf den Steinen und die scharfen Kommandos der Kompanieführer. Als er quer über den Platz ging, holte ihn der Adjutant ein.
    »Oh, Sie sind es, Ferraby?« sagte er kurz. »Ich brauche zwanzig Mann und zwei Offiziere, um die Wache zu verstärken. Die übrigen Mannschaften bleiben Gewehr bei Fuß im Kasernenhof stehen.«
    Er war zur selben Zeit im Wachzimmer, als der Kastellan und der älteste Aufseher ankamen. Sie öffneten zusammen die Tür des Wakefield-Turmes und gingen hinein. Der Kastellan eilte voraus. Nach einigen Minuten hörte der Oberst einen Schrei.
    »Die Stahltüren sind offen!«
    Sie folgten dem Kastellan in die Schatzkammer. Ein Blick auf den Glaskasten genügte. Die Läden waren auf, aber alle Juwelen mit Ausnahme der einen Krone lagen noch dort. Man sah kein Anzeichen, daß eingebrochen war. Offensichtlich kannten die Diebe das Geheimnis, wie die schweren Stahltüren gehoben und gesenkt wurden.
    Scotland Yard wurde zuerst von dem Vorfall benachrichtigt. Als der Oberst den Wakefield-Turm verließ, wurde er bereits gerufen, um die ersten Detektive, die angekommen waren, passieren zu lassen. Er gab sofort die nötige Erlaubnis und ging zu dem Wachraum zurück. Dick Hallowell saß auf einem Stuhl im Offizierszimmer und sah noch sehr mitgenommen und blaß aus, aber anscheinend hatte die Betäubung keine bösen Folgen hinterlassen.
    »Ich weiß nicht, was geschehen ist – ich kann mich nur noch darauf besinnen, daß mir ein betäubendes Gas ins Gesicht geblasen wurde. Dann muß ich bewußtlos geworden sein.«
    Er schaute in das finstere Gesicht seines Obersten.
    »Was ist geschehen?« fragte Dick.
    »Ein Teil der Kroninsignien ist gestohlen«, sagte der Oberst.
    Einen Augenblick dachte Dick Hallowell, es sei ein böser Traum. Er legte seine Hand über die Augen, als ob er sich davon überzeugen wollte, daß er wach sei.
    »Die zweite Krone ist fort«, sagte der Oberst. »Sie ist geraubt worden. Einer der Schufte trug die Gardeuniform und hat an Ihrer Stelle die Wache kommandiert.«
    »Die Krone ist fort?«
    Dick sprang auf die Füße und hielt sich an der Tischecke fest.
    »Wer hat meine Stelle eingenommen?«
    Die Frage war an Bobby gerichtet.
    »Ich weiß es nicht.« Bobby Longfellow konnte seinem Freund nicht in die Augen sehen. »Ich bin nicht sicher, daß ich ihn wiedererkennen würde, es war so dunkel – «
    »Hast du seine Stimme gehört?« fragte Dick ruhig.
    »Ja, die hörte ich.«
    Ein tödliches Schweigen folgte. Dick brach es. »Es war natürlich Graham.« Bobby antwortete nicht.
    »Graham! Unsere Stimmen sind fast gleich, aber du kennst den Unterschied. Haben denn die Alarmklingeln im Wachzimmer nicht angeschlagen?«
    In der Aufregung des Augenblicks hatte selbst der Oberst die Alarmklingeln vergessen. Der Sergeant von der Wache wurde geholt.
    »Nein, Sir«, sagte er. »Wir haben nichts gehört.« Der älteste Aufseher machte dieselbe Aussage. Bobby Longfellow aber fand sehr schnell die einfache Lösung des Rätsels. Mit Hilfe einer Leiter untersuchte er die Klingel im Wachzimmer und erkannte auf den ersten Blick die Ursache. Der Hammer der Klingel war dicht unten abgeschnitten, und der Zapfen, der sie in Bewegung setzte, war durch einen hölzernen Keil festgeklemmt. Alle anderen Alarmklingeln waren ebenso unbrauchbar gemacht. Es war vollständig klar, was hier geschehen war. Die offizielle Untersuchung durch den >Inspektor< war durch alle notwendigen

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