0651 - Zeitfeuer
Stelle, an der die Regenbogenblumen gewesen sein mußten. Nicole folgte ihm.
»Da!« wischte ihr Ausruf seine Gedanken plötzlich beiseite. »Schau dir das an, Chef!«
Er sah in die Richtung, die sie ihm wies.
Es war die Stelle, an der sie zwischen den Blumen aufgetaucht sein mußten.
Die Blumen zeigten sich immer noch nicht wieder.
Statt dessen gab es da einen Schacht, der in die Tiefe führte.
Zamorra war sicher, daß dieser Schacht noch vor wenigen Augenblicken nicht dagewesen war. Nicole bestätigte seine Vermutung.
Eine Treppe führte in die Tiefe. Von dort unten herauf leuchtete es in hellem Blau.
»Eine Einladung?« murmelte Nicole.
»Schauen wir es uns an!« beschloß Zamorra.
***
Das Flugzeug rollte aus. Die Piste, auf der Shado es landete, war wesentlich ebener als das Gelände, von dem aus er gestartet war; die beiden Insassen der einmotorigen Maschine wurden kaum durchgeschüttelt. Kein Wunder: der Besitzer der Farm hatte die Landebahn künstlich angelegt.
Im nachhinein hielt es Stefan Kreis für ziemlich unglaublich, daß sie auf dem unebenen Gelände tatsächlich hatten starten können.
Shado schaltete alles aus und kletterte nach draußen. Der Student folgte ihm.
Die Farmgebäude waren nur etwa hundert Meter entfernt. Ein Wohnhaus, ein paar Anbauten. Alles aus Holz. Und ziemlich verwahrlost.
»Ich sagte schon, Monty kommt kaum noch hierher«, erwiderte Shado, als Kreis sich etwas abfällig über den Erhaltungszustand der Farm äußerte. »Seit seine Frau tot ist, läßt er sich nur noch hin und wieder hier blicken. Hat auch sein Gutes: hin und wieder kann ich mich hierher zurückziehen, wenn ich allein sein will.«
»Ist man im Outback nicht allein genug?«
»Das hier ist Outback«, erwiderte der Aborigine trocken. »Man ist nie wirklich allein. Es gibt in Sydney meine Wohnung und meine Arbeit, es gibt draußen meinen Clan, bei dem ich mich oft aufhalte. Und es gibt die Traumzeit. Wenn ich von alledem nichts mehr wissen will, komme ich hierher zu Montys Farm.«
»Wer ist dieser Monty eigentlich?«
»Mein Freund«, sagte Shado einfach.
Kreis fühlte, daß er nicht mehr aus dem Aborigine herausbekommen würde. Der Yolngu stapfte auf das Wohnhaus zu.
»Hier stimmt etwas nicht«, murmelte Kreis.
Wieder hatte er das eigenartige Gefühl, erwartet zu werden. »Shado«, rief er den Aborigine an. »Wir sind nicht allein hier.«
»Ich sagte es schon - man ist niemals allein. Nur manchmal ist man verlassen.«
»Es ist etwas anderes«, erwiderte Kreis. »Etwas - Gefährliches.«
»Bist du sicher, Weißbursche?«
Kreis packte ihn an der Schulter und zog ihn herum.
»Verdammt, ich habe einen Namen!« stieß er hervor. »Den habe ich Ihnen genannt, Shado. Stefan Kreis! Hören Sie auf, mich so abfällig Weißbursche zu nennen! Für meine Hautfarbe kann ich nichts, Sie für Ihre auch nicht! Aber ich nenne Sie nicht einen Nigger!«
»Dafür würde ich Sie auch töten«, erklärte Shado gelassen.
Kreis war nicht sicher, ob er das tatsächlich ernst meinte.
»Oder wie auch immer«, ergänzte er leise. »Was geschieht jetzt?«
Der Aborigine schwieg. Langsam machte er ein paar weitere Schritte auf das Haus zu.
Dann stoppte er plötzlich.
»Sie haben recht, Kreis«, sagte er. »Gefahr. Jemand ist hier. Shirona!«
***
Stygia näherte sich ihren Feinden. Sie sah, wie Zamorra und seine Begleiterin sich dem erleuchteten Schacht näherten. Dem Einstieg zur Unterwelt.
Sie war selbst überrascht. Um diese Welt hatte sie sich noch nie sonderlich gekümmert. Warum auch? Sie war unwirtlich, lebensfeindlich und eine von Millionen anderen im Universum.
Daß jemand hier eine unterirdische Anlage geschaffen hatte, überraschte sie. Ausgerechnet in diesem vulkanischen Gebiet, in dem Lava-Ausbrüche oder Beben jederzeit alles vernichten konnten? Was konnte es für einen Sinn haben, hier etwas zu schaffen?
Es konnte von einem Moment zum anderen zerstört werden!
Oder war diese Anlage von Magie geschützt?
Die Fürstin der Finsternis wurde neugierig. Vorsichtig folgte sie den beiden Menschen.
Unter ihren Füßen begann der Boden zu zittern. Die Dämonin sah auf und stellte fest, daß der am nächsten gelegene Vulkankegel schwarze und graue Qualmwolken ausstieß. Qualm und Asche! Dann jagte ein Feuerstrahl zwischen den Wolken empor. Lava regnete herab, ein hellrot, beinahe gelb leuchtender Strom verflüssigter Masse. Der hochgeschleuderten Lava folgte ein roter Strom, der aus der Bergspitze hervorbrach
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