0653 - Stirb, wenn du kannst!
M-Abwehr entfernt hatte und schwarzblütige Kreaturen hier lauerten, um die Burg in eine Falle zu verwandelten, war das nicht gerade viel.
Aber wer hätte diese weißmagische Abschirmung entfernen sollen? Kein Dämon konnte dies, auch kein von Dämonen beeinflußter Mensch. Für diese Leute war die M-Abwehr nicht zu durchdringen; sie kamen nicht hindurch, egalwas sie anstellten.
Es gab nur zwei Möglichkeiten: ein normaler Mensch - vielleicht auch Julian Peters - hatte die magischen Kreidezeichen verwischt, die die Abschirmung hervorriefen.
Oder sie waren durch Witterungseinflüsse beschädigt worden.
Wenn nur eines der Symbole nicht mehr korrekt aussah, war die Wirksamkeit der Schutzkuppel in Frage gestellt.
»Wir müssen das auch kontrollieren«, murmelte Zamorra. »Vielleicht hat Julian nicht darauf geachtet.« Natürlich, so konnte es sein. Er wußte sich ja anders zu schützen, durch seine Traummagie.
Der Dämonenjäger seufzte. Hoffentlich wußte William noch, wo überall die Symbole angezeichnet waren. Da Llewellyn-Castle ganz andere Abmessungen aufwies als Château Montagne, waren natürlich auch die Schutzsymbole anders angeordnet. Und sicher stimmte auch ihre Anzahl nicht mit der des Châteaus überein.
Plötzlich wurde es wieder dunkel.
Diesmal lag es nicht an einem Kurzschluß, der von einer zerplatzenden Glühbirne kam.
Diesmal mußte jemand an den Sicherungen gedreht haben.
Denn das ganze Castle versank in Dunkelheit. Bei ihrem Rundgang hatten Zamorra und William überall in den Korridoren das Licht eingeschaltet - und jetzt kam auch von den anderen Etagen kein Lichtschimmer.
Zamorra murmelte eine Verwünschung. Warum zeigte das Amulett keine Gefahr an?
***
Raffael klopfte höflich an und wartete auf Nicoles Aufforderung, einzutreten. Sie hatte sich jetzt nach seinem Anklopfen einen Morgenmantel übergeworfen und sah den »guten Geist von Château Montagne« fragend an.
»Ich habe das Paßwort geändert«, sagte er und nannte es ihr. »Aber weshalb die Visofone aktiviert wurden, weiß ich nicht. Es muß eine Fehlfunktion gewesen sein, die sich nicht mehr nachvollziehen läßt, weil sie nicht protokolliert wurde. Es gibt keinen entsprechenden Log-Eintrag. Nicht einmal eine automatische Löschung desselben.«
»War die Log-Funktion abgeschaltet?«
»Nein. Wir haben auch keinen Virus im System. Irgendwie müssen der Junge oder der Drache dieses Unterprogramm umgangen haben. Vielleicht«, Raffael hob die Brauen, »sollte ich Sir Rhett einmal fragen, welche Eingabe er getätigt hat.«
»Ich glaube kaum, daß er sich noch an die Details erinnert.«
»Es war auch eher scherzhaft gemeint, Mademoiselle. Wahrscheinlich ist es auch nicht wirklich wichtig, obgleich ich der bescheidenen Meinung bin, eine solche Rundrufschaltung auf einem nicht normalen Programmweg sei generell zu unterbinden. Es könnte sein, daß durch eine solche Aktivierung Zimmer ausspioniert werden können. Dadurch würde die Intimsphäre der Bewohner empfindlich gestört.«
Nicole nickte. »Wir sollten weiter daran arbeiten.«
»Ich werde mich gleich wieder an die Arbeit machen«, versprach Raffael.
Nicole lächelte. »Verzeihen Sie, Raffael, wenn ich mich daran jetzt nicht beteilige. Aber ich habe heute stundenlang fast ohne Pause vorm Monitor gesessen…«
»Ich beklagte mich auch nicht«, erwiderte der Diener. »Sie beschließen diesen Tag?«
»Weitgehend«, lächelte Nicole. »Eigentlich hatte ich ihn schon beschlossen, bis diese Aktivierung erfolgte. Ich warte nur noch darauf, daß Zamorra zurückkommt.«
»Soll ich Sie bei seiner Rückkehr informieren?«
»Machen Sie einfach selbst mal etwas früher Schluß«, schlug Nicole vor.
»Ich denke darüber nach.« Raffael zog sich zurück.
Nicole schleuderte den Mantel wieder von sich und warf sich in einen bequemen Sessel. Auf dem Tischchen daneben stand ein Glas Rotwein, an dem sie genießerisch nippte. Ein alter, gediegener Jahrgang aus den zum Château gehörenden Weinbergen. Der Staub hatte sich an der Flasche schon fast festgebrannt.
Sie rechnete damit, daß Zamorra und die anderen innerhalb der nächsten zwei Stunden zurückkehrten. Sehr lange konnte es ja nicht dauern, Llewellyn-Castle zu überprüfen und ein paar Worte mit Julian Peters zu wechseln.
***
In seinem Zimmer hockte Rhett Saris vor der Tastatur des Visofons. Neben ihm stand Fooly, der Drache.
Aufmunternd gab er dem Jungen einen Klaps auf die Schulter. »Du kriegst das hin«, prophezeite er.
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