0654 - Unter dem Vampirmond
Tanz-Trubel.
Sie erreichte die Zimmertür, drückte auf die Klinke, fand sie abgeschlossen und warf sich dann mit kurzem Anlauf dagegen. Das Holz zerbarst; Michelle katapultierte sich ins Zimmer.
Es war leer.
Von Zamorra und Duval keine Spur.
Der Silbermond-Druide! durchfuhr es sie. Er mit seinen speziellen Fähigkeiten hat sie abgeholt und an einen anderen Ort gebracht! Wo sind sie jetzt? Verdammt, ich hätte daran denken müssen! Der Diener hat die Druiden-Magie erkannt! Woran wohl, Närrin? An ihrer Ausübung! Wieso bin ich hierher geflogen? In der Zwischenzeit sind die anderen schon in den Katakomben und…
… und ich bin dann vielleicht die einzige Überlebende…?
So ganz glaubte sie daran aber nicht. Natürlich waren längst noch nicht alle Vampire eingetroffen, die an der Versammlung teilnehmen wollten, aber es würde schon eine beträchtliche Anzahl sein, und viele Vampire sind des Druiden Tod, wandelte sie in Gedanken ein Sprichwort der Menschen ab.
Sie stieß das Fenster auf, verwandelte sich wieder in ihre Fledermausgestalt und warf sich in die beginnende Nacht hinaus.
Was sie am Leib trug, fiel hinter ihr zu Boden.
An eine Frau in der Tiefgarage, die mit Bißmalen am Hals in ihrem Auto saß und auf die Rückgabe ihrer gestohlenen Kleidung wartete, dachte sie nicht mehr.
Wozu auch? Um sie konnte sie sich vielleicht später einmal kümmern, wenn überhaupt.
Jetzt gab es Wichtigeres zu tun!
Kees van Sarken hatte sie leichtsinnig genannt.
Er hatte recht, dieser verdammte alte Bastard!
***
Die beiden Vampire hatten den Silbermond-Druiden und den Dämonenjäger entdeckt. Aber sie hielten sich noch zurück. »Zwei gegen zwei«, murmelte Gino diSarko. »Das gefällt mir gar nicht. Sie sind gewaltig in der Überzahl.«
Stirnrunzelnd sah van Sarken ihn an. Er fragte sich, ob diSarko das ernst meinte.
»Der Druide ist gefährlich«, brummte van Sarken. »Zamorra spielt kaum eine Rolle. Ich kann sein legendäres Amulett nicht wahrnehmen. Er scheint es nicht bei sich zu tragen. Das wäre eine gute Chance. Ich werde Zamorra töten. Die Ehre, Sarkanas Tochter Yolyn an dem Druiden zu rächen, überlasse ich dir.«
»Narr«, sagte diSarko. »Wir müssen die beiden voneinander trennen. Nur dann werden wir mit ihnen fertig. Ganz gleich, ob Zamorra seine Superwaffe bei sich trägt oder nicht. Gerade bei ihm müssen wir mit einer bösen Überraschung rechnen. Der Druide ist in seinem Verhalten entschieden besser kalkulierbar. Du wirst versuchen, Zamorra von ihm fort zu locken. Ich präsentiere mich dem Druiden und sorge dafür, daß er eine andere Richtung einschlägt. Du wirst zu mir stoßen. Dann nehmen wir den Druiden in die Zange und töten ihn. Keine Spielereien, kein Prahlen, wenn wir ihn haben. Jede Sekunde, die wir ihm lassen, ist für ihn eine Chance.«
»Du spielst dich schon wieder als Chef auf«, sagte van Sarken böse. »Das gefällt mir nicht.«
»Dann erledige die beiden doch allein«, erwiderte diSarko gelassen. »Deinem Kommando werde ich mich nämlich nicht unterordnen. Wenn wir Zusammenarbeiten wollen, dann nach meinen Vorstellungen.«
»Du willst dich mit diesem Luder gegen mich verbünden«, warf van Sarken ihm vor. »Hat sie dir versprochen, dich dafür in ihr Bett zu lassen?«
»Das solltest du besser mit ihr selbst durchdiskutieren«, erwiderte diSarko spöttisch. »Dein Neid ist dein Problem. Wirst du Zamorra nun fortlocken oder nicht?«
»Damit er mich umbringt, sobald ich allein bin? Das hättest du wohl gern! Dann wärst du einen Konkurrenten los!«
»Konkurrent? Du bist kein Konkurrent. Du bist nur ein alter, feiger Narr«, sagte diSarko. »Hast du nicht eben noch behauptet, Zamorra sei ungefährlich, weil er sein Amulett nicht bei sich trägt?«
Er wandte sich von van Sarken ab und schritt lautlos davon.
Van Sarken fauchte zornig. Er wünschte sich fast, daß Gryf ap Llandrysgryf den römischen Vertreter der Sarkana-Sippe umbrachte. Aber dann hätte er, Kees van Sarken, anschließend beide Gegner auf dem Hals…!
Es blieb ihm tatsächlich nicht viel mehr übrig, als diSarko zu gehorchen.
Er haßte ihn dafür.
Und ihm wurde klar, weshalb der Kodex geschaffen worden war, daß kein Vampir einen anderen Vampir ungestraft töten durfte.
Um Halunken wie diesen Gino diSarko vor dem gerechten Zorn der anderen zu schützen!
***
Michelle Noir erreichte ihren Ausgangspunkt wieder, verwandelte sich zurück und streifte ihr Domina-Outfit über. Sie überlegte, wieviel Zeit
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