0658 - Was Turro mit den Mädchen machte
Gesicht am Himmel. Dieses unerklärliche Gebilde aus Wolken und Löchern, das er ebenfalls noch nie gesehen hatte. Gab es da einen Zusammenhang?
Schon nach kurzer Zeit klopften seine Füße über den weichen Wiesengrund. Hier fiel ihm das Laufen schwerer. Zudem hatte sich der Schrei nicht wiederholt, was Hirschfeld als schlechtes Zeichen ansah. Vor 20 Jahren hätte er die Strecke noch schneller geschafft, heute aber hatte er seine Mühe.
Manchmal musste er sich direkt vorankämpfen, denn das hohe Gras schien ihn festhalten zu wollen.
Als er die erste Pause einlegte, war er davon überzeugt, sich nicht mehr zu weit vom Ort des Geschehens zu befinden. Die Taschenlampe hatte er nicht vergessen. Ihr großer Lichtkegel zerstach die Dunkelheit.
Obwohl er die Gegend kannte, kam sie ihm plötzlich fremd vor. Es war nicht dunkel und auch nicht hell. Da vereinigten sich einfach die unterschiedlichsten Grautöne, mal scharf getrennt, mal miteinander verwachsen oder verschlungen.
Ein Licht, in dem nur schwer etwas auszumachen war. Ben Hirschfeld wusste nicht, wo er hingehen sollte, er schritt einfach voran, auf sein Glück hoffend.
Der helle Strahl wies ihm den Weg und dabei entdeckte der Konstabler eine frische Spur.
Das war ungewöhnlich oder auch nicht, wenn er es mit dem Schrei in Verbindung brachte.
Neben der Spur blieb er stehen, leuchtete nach rechts, verfolgte sie von seinem Standplatz aus und stellte fest, dass sie sich einem der kleinen Krüppelbäume näherte, um dort zu verschwinden.
Bevor er hinging, schaute er zum Himmel hoch.
Das Gesicht war weg!
Obwohl es Ben Hirschfeld eigentlich hätte egal sein können, atmete er dennoch auf. Er spürte, dass eine gewisse Bedrohung von ihm genommen worden war. Zum ersten Mal nach langer Zeit zeichnete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ab. Jetzt brauchte er nur noch die Person zu finden, die geschrieen hatte.
Der Schrei erinnerte ihn wieder daran, dass diese Person möglicherweise in Lebensgefahr geschwebt hatte und nicht mehr existierte. Oder nur als Tote.
Er ging weiter.
Schon nach dem zweiten Schritt erreichte ihn ein ungewöhnlicher Geruch. Es stank verbrannt, okay, das überwog. Aber noch ein anderer Gestank mischte sich darin.
Vielleicht Leichengeruch?
Der Konstabler wurde an Dinge erinnert, die bereits Jahre zurücklagen. In seiner Jugend hatte er Ähnliches gerochen. Da war ebenfalls eine Leiche verbrannt worden.
Und jetzt…?
Plötzlich erwischte der Strahl das Ziel. Es war einfach grauenhaft, furchtbar, nicht zu glauben oder zu fassen.
Seine Hand zitterte, ohne dass er etwas dagegen unternehmen konnte. Der Boden unter ihm schwankte. Er wünschte sich weit weg, aber er stand da und leuchtete den Schrecken an, der sich dicht vor dem Krüppelbaum abmalte.
Aus dem Boden ragte ein Kopf!
Er gehörte einer blonden Frau, nur war von ihren Haaren und dem verkohlten Gesicht nicht mehr viel zu erkennen.
Konstabler Ben Hirschfeld drehte sich zur Seite. Die Lampe entfiel ihm, sie war plötzlich zu schwer für ihn geworden. Dieses Bild rüttelte ihn auf, es machte ihn fertig und es trieb die Übelkeit in ihm hoch.
Hirschfeld musste sich übergeben!
Wieso und warum die Frau auf eine so furchtbare Art und Weise gestorben war, konnte er sich nicht erklären. Er dachte auch erst darüber nach, als er wieder sein Büro erreichte und feststellte, dass Kollege Rutger noch nicht zurückgekehrt war. Ihn wunderte es, dass er beim Hinsetzen sofort die Stuhlfläche traf. Alles war für ihn anders geworden. In der letzten Stunde hatte sich sein Leben verändert. Ben ging davon aus, dass es nie mehr so werden würde wie früher. Dieses Bild der gestorbenen und gequälten Frau würde ihn in seinen Träumen verfolgen. So etwas konnte nur die Wirklichkeit produzieren, da reichte nicht einmal die Fantasie der Filmemacher aus. Es war das perfekte Grauen.
Einen derartigen Fall hatte er noch nie erlebt und er wusste auch, dass er ihm über den Kopf wachsen würde. Er und sein Kollege schafften es nicht, den Tod dieser Frau aufzuklären. Dazu fehlten ihnen die Mittel. Da mussten andere ran.
Die Lösung bestand aus zwei Worten - Scotland Yard!
***
Hinter uns lag ein Tag im Büro.
Muss ja auch mal sein, auch wenn Suko und ich davon nicht gerade begeistert gewesen waren. Aber wir hatten alte Dinge aufgearbeitet, uns mit Akten und Berichten beschäftigt, zwischendurch beim Stamm-Italiener gegessen, uns gefreut, dass nicht mehr gebaut wurde, und ab und zu mit Glenda Perkins
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