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066 - Marionetten des Satans

066 - Marionetten des Satans

Titel: 066 - Marionetten des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Loring
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Aufflackern der Fackeln, als man das Kreuz aufrichtete – der Altar, die schwarzen Kerzen … Alles war wieder da. Und er, der Anführer … Heute war seine Kapuze zurückgeschlagen, und sie konnte sein teuflisches Grinsen genau sehen. Er – und die geflüsterten Fragen seiner schwarzen Gefolgsmänner … Jetzt? Jetzt? Jetzt? Die Stimmen schwollen in grausigem Crescendo an.
    Majestätisch hob er die Hand.
    „Wartet bis Ende April. Bald kommt die Walpurgisnacht. Bald!“ Gelächter brach auf, und die schwarzen Schemen drehten sich in entzücktem Tanz, kreischten in obszöner Freude. Und er stampfte mit seinem Huf auf das weiße Spitzenkleid.
    Und dann herrschte plötzlich Schweigen. Er nahm das schimmernde Messer vom Altar und durchschnitt ihre Fesseln. Die schwarzen Gestalten stürzten vor, als sie vom Kreuz fiel, hoben sie auf, legten sie auf den Altar. Spitze Finger bohrten sich in ihr Fleisch.
    Und er tauchte eine lange Feder in einen großen Krug und malte Zeichen und Symbole auf ihre Brüste, ihren Bauch. Die Gesänge verstärkten sich zu unheimlichem Dröhnen. Und dann beugte er sich über sie, seine feuchten Lippen berührten sie, brannten auf ihrer Haut Hände liebkosten ihr Haar, strichen über ihre Glieder. Und dann Gelächter, immer lauter … Und am lautesten der triumphierende Schrei: „Walpurgisnacht! Wartet noch, wartet …“
     

     
    Julie erwachte am Morgen des fünften Tages, des Tages vor der Kostümprobe.
    Es war überraschend heiß, und die Luft war so schwül, daß ihr das Atmen schwerfiel. Es war kaum zu glauben, daß es erst Ende April war. Sie war so müde, als hätte sie kein Auge zugetan.
    Als sie in der Badewanne lag, wiederholte sie immer wieder den Text ihrer Rolle. Nein, es durfte ihr nicht mehr passieren, daß sie steckenblieb. Die Worte vor sich hin murmelnd, kleidete sie sich an und fuhr erschrocken auf, als das Telefon läutete.
    Wer war das, zum Teufel?
    „Hallo?“
    „Hallo, Julie, hier ist Mike.“
    „Oh“, sagte sie ohne Begeisterung. Verstand er denn nicht, daß sie jetzt keine Zeit für ihn hatte?
    „Ich weiß, es ist sehr früh und du bist beschäftigt. Aber ich muß dich sprechen, Julie. Wie geht es dir?“
    „Gut.“
    „Alles in Ordnung?“
    „Ja.“
    „Julie, hör mir mal zu. Ich weiß, wie sehr du jetzt eingespannt bist. Schließlich kenne ich mich im Theaterleben aus. Aber ich weiß auch, daß du durchdrehen wirst, wenn du so pausenlos weitermachst. Deine Stimme klingt ganz so, als wärst du schon bald so weit.“
    „Mike, ich …“
    „Hör mal, Julie. Ich bitte dich nicht. Ich befehle dir, heute mit mir zu Abend zu essen.“
    „Mike, das ist unmöglich.“
    „Unsinn! Du mußt jetzt die Rolle doch längst können.“
    „Mike, ich …“
    „Julie, ich habe ohnehin nur eineinhalb Stunden Zeit, weil ich um sieben Uhr eine wichtige Konferenz habe. Soviel Zeit wirst du dir doch nehmen können.“
    „Mike, es ist wirklich unmöglich. Morgen haben wir Kostümprobe, und am Samstag ist Premiere.“
    „Ich weiß, aber du wirst trotzdem kommen. Übrigens, hast du in letzter Zeit die Zeitung gelesen?“
    „Natürlich nicht. Ich kam nicht dazu.“
    „Ich verstehe. Nun, ich weiß nicht, was es bedeutet, aber die Aufführung von Die Dreizehn wurde in keinem Blatt erwähnt.“
    „So …?“
    „Ich habe alle Theaterzeitschriften durchgesehen, alle Listen. Nirgendwo auch nur eine Andeutung.“
    „Was willst du damit sagen, Mike?“
    „Ich weiß selbst nicht, aber es kommt mir verdammt merkwürdig vor.“
    „Um Himmels willen, Mike, ich bin überzeugt, Lou weiß, was er tut. Vielleicht hat er bestimmte Pläne. Er sagte uns, er wolle alle Vorbereitungen bis zur letzten Minute geheimhalten.“
    „Unsinn! Die letzte Minute ist gekommen, Mädchen. In zwei Tagen ist Premiere. Führt er das Stück etwa vor geschlossener Gesellschaft auf?“
    „Er wird schon wissen, warum er das tut. Ich vertraue ihm.“
    „Um Himmels willen, Julie. Ich weiß nicht, was das alles bedeuten soll, aber es gefällt mir nicht. Etwas ist faul an der Sache. Und was soll das heißen – du vertraust ihm? Hast du denn alles vergessen?“
    Warum mußte er sie gerade jetzt daran erinnern? Sie hatte endlich die Erinnerung begraben – an die fliegenden Federn, das weiße Kleid. Sie hatte das alles in den hintersten Winkel ihres Gedächtnisses verbannt und sich ganz auf ihre Arbeit konzentriert.
    „Wann bist du heute abend fertig?“ fragte Mike.
    „Mike …“
    „Wann,

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