066 - Marionetten des Satans
triumphierend zu.
Sie war überzeugt, daß Lou ihr eine Strafpredigt halten wollte. Sicher, er würde sanft mit ihr sprechen wie immer, aber die Enttäuschung würde aus seinen Worten herauszuhören sein. Und er hatte allen Grund, enttäuscht zu sein.
Sie riß sich zusammen, trotz ihrer Schwäche, und öffnete die Tür des Büros. Lou Davilla saß hinter seinem Schreibtisch und ordnete Papiere.
„Setzen Sie sich, Julie“, sagte er, ohne aufzublicken.
Julie setzte sich steif auf einen Sessel, wie ein Kind, das auf eine Strafe wartete. Als sie sein Gesicht über die Arbeit gebeugt sah, überkam sie übermächtig der Wunsch, er möge sie an sich ziehen, sie streicheln, ihr tröstende Worte zuflüstern …
Aber statt dessen ließ sich Lou Davilla Zeit, seine Arbeit zu beenden. Er machte noch eine letzte Notiz, und dann blickte er sie an.
„Julie Wallace“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Ich möchte nur wissen, was Sie eigentlich quält.“ Er zog seinen Stuhl heran, setzte sich vor sie und sah ihr ins Gesicht. „Haben Sie denn so wenig Selbstvertrauen? Brauchen Sie ständig jemanden, der Ihre Hand hält?“
Sie konnte nicht sprechen. Es fiel ihr auch nichts ein, was sie hätte sagen sollen.
„Julie, ich beobachte Sie nun schon seit Tagen. Ich weiß, daß Sie eine glänzende Schauspielerin sind. Sie kommen exzellent über die Rampe. Muß ich Ihnen das erst sagen?“
Erleichterung überkam sie, und sie spürte, wie Tränen in ihre Augen schossen. Lou Davilla nahm ihr Kinn in seine Hand.
„Sie haben etwas Schlimmeres erwartet, nicht wahr?“ Er lächelte. „Wohl, daß ich Ihnen gehörig den Kopf wasche. Nur, weil Sie ein paar Zeilen vergessen haben …“
„Lou! Ein paar Zeilen! Ich habe die ganze Szene geschmissen. O Lou …“ Die Worte sprudelten jetzt nur so aus ihr hervor. „Es war schrecklich. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich war nie so vergeßlich … Vielleicht einmal ein Wort oder zwei, aber es ist mir noch nie passiert, daß ich plötzlich überhaupt nichts mehr wußte. Irgend etwas geschieht mit mir, und ich kann es nicht erklären. Ich habe solche Angst, daß mir das auch bei der Premiere passiert.“
„Bestimmt nicht.“
„Wie können Sie da so sicher sein?“
„Ich glaube eben an Sie“, sagte er lächelnd.
Seine Worte waren wie eine tröstliche Umarmung.
„Und nach der Premiere wird alles gut sein. Sie werden keine Probleme mehr haben. Fühlen Sie sich jetzt besser?“
„Ja – danke, Lou.“
„Darauf trinken wir.“ Er stand auf und ging zu der Bar in der Ecke. Er griff nach einer braunen, seltsam geformten Flasche und goß zwei Gläser voll. Er reichte Julie ein gutgefülltes Glas.
„Auf unseren Erfolg!“
Die Flüssigkeit brannte wie Feuer in ihrer Kehle. Julie schüttelte sich.
„Es ist sehr stark, ich weiß. Aber es wird Ihnen guttun. Nehmen Sie noch einen Schluck und behalten Sie ihn im Mund.“
Julie gehorchte und fühlte den seltsamen, bittersüßen Geschmack auf der Zunge. Plötzlich fühlte sie sich leicht und frei. Verschwunden waren die Ängste der vergangenen Stunden.
„Gut, nicht wahr?“
„Mhm.“
„So, und nun können wir ja weiterreden“, sagte Lou mit geschäftsmäßiger Stimme und schob seinen Sessel wieder hinter den Schreibtisch. „Es handelt sich um Ihre Kostüme. Deswegen wollte ich hauptsächlich mit Ihnen sprechen.“
„Ich habe einige passende Kleider, Lou …“
„Nein, nein. Die Kostüme müssen wegen der Farben aufeinander abgestimmt sein. Die Garderobenfrau, Merry Roberts, hat bereits mit den anderen wegen der Kostüme gesprochen. Ich möchte, daß Sie sich heute abend mit ihr verabreden.“
„Wann?“
„Sagen wir fünf Uhr dreißig bis – nun, bis ihr eben fertig seid.“
„Oh …“
„Was ist los, Julie?“
Es war ihr unmöglich, ihm zu sagen, daß sie sich für diese Zeit mit Mike verabredet hatte. Nicht unter diesen Umständen …
„Ich …“, stammelte sie schließlich. „Ich habe um fünf Uhr dreißig eine Verabredung.“
Er schwieg nachdenklich.
„Ich verstehe … Darf ich so vermessen sein zu fragen, mit wem?“
Sie zögerte zu lange mit der Antwort.
„Also wahrscheinlich mit Mr. Abel“, sagte er.
„Ich habe ihn seit Probenbeginn nicht mehr gesehen. Und er war so hartnäckig …“
„Vielleicht könnten Sie ihn später sehen, wenn Sie mit Merry fertig sind?“
Vielleicht konnte Mike die Konferenz absagen, sie später treffen …
„Ich fürchte, Sie werden die
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