0663 - Das Unheil erwacht
Schein bekam, bevor er sich verlief und von der Dunkelheit aufgesaugt wurde.
Ihre Knie zitterten. Sie war nervös und reagierte hektisch, als sie die Zweige zur Seite drückte, um so rasch wie möglich an ihr Ziel zu gelangen, das wie verloren auf dem Waldboden lag.
Die Faszination war geblieben und hatte sich sogar verstärkt, je näher sie kam.
Ihr Magen lag wie ein Klumpen, das Atmen bereitete ihr Mühe, der Druck auf ihren Augen ließ sich nicht fortwischen, und sie hatte das Gefühl, in Tränen ausbrechen zu müssen.
Sehr schnell überwand sie die sperrigen Hindernisse, rutschte zweimal aus, fing sich wieder, lief weiter und sah das Zentrum der Helligkeit dicht vor sich.
War es eine Lampe?
Wenn ja, hätte es auch einen Stromanschluss geben müssen, der jedoch war nicht vorhanden. Dieses Gebilde leuchtete von innen, und es sah aus wie ein Riesenei.
Jade atmete heftig, als sie einen Schritt vor dem hellen Ei stehenblieb.
Wenn sie direkt dagegen schaute, wurden sie geblendet, deshalb drehte sie den Kopf zur Seite, ohne dass sie den direkten Lichtschein entweichen konnte.
Er leuchtete gegen ihr Gesicht, gab ihr einen zugleich milchigen und zerbrechlichen Ausdruck. Ihre Haut gehörte zu denjenigen, die nie sonnen braun wurde. Dafür war sie einfach nicht der Typ. Sie besaß ein blasses Gesicht, das zu den rötlichblonde Haaren passte. Typen wie sie nahmen niemals eine Sommerbräune an. Durch das Licht wirkte ihr Gesicht noch feiner und zerbrechlicher. Sogar die Wangenknochen traten durch die Beleuchtung schärfer hervor, als würden sie sich wie ein Gebein unter der dünn wirkenden Haut abzeichnen.
Sie stand da wie jemand, der in eine Kirche gegangen war, um zu beten.
Die Hände hatte sie übereinanderlegt.
Ihr Gesicht glich einer Maske. Nichts regte sich auf ihren Wangen, die Haut erinnerte an Papier, die Augen, eigentlich hell und bestehend aus einer Mischung zwischen Grün und Blau, sahen bei diesem bleichen Licht düster aus.
Jade dachte nach und fuhr mit der Zungenspitze über ihre Lippen. Dann traute sie sich, den Kopf zu senken und nach unten zu schauen, weil sie feststellen wollte, ob dieses ungewöhnlich große Ei auch Wärme ausstrahlte.
Nichts war zu spüren, auch dann nicht, als sie den Arm ausstreckte, ihre Hand mit den gespreizten Fingern über das erleuchtete Ei hielt. Aber sie hatte den Eindruck, als würden die Finger wie von Röntgenstrahlen durchleuchtet.
Warum?
Jade schluckte einige Male. War das die Gefahrenquelle, vor der sie ihre Mutter gewarnt hatte? Wäre sie jetzt angesprochen worden, sie hätte kaum etwas antworten können, denn ihre Kehle saß zu.
Dafür ging sie in die Knie.
Jade zeigte sich von dieser Umgebung seltsam berührt. Obwohl sie mitten im Wald stand, wurde sie mehr an eine Insel erinnert, die von irgend jemand erschaffen und zurückgelassen worden war. Der große, ovale Gegenstand sah zwar völlig normal aus, er wirkte trotzdem sehr fremd auf sie, als wäre er von einer fremden Macht hier im Wald einfach zurückgelassen oder vergessen worden.
Wahnsinn, welche Gedanken ihr plötzlich durch den Kopf strömten! Sie waren so absurd und fremd. Dennoch erschienen sie ihr nicht so weit hergeholt zu sein.
Noch hatte sie das ungewöhnliche Ei nicht berührt. Sie hockte davor, betrachtete es mit einem gewissen Schaudern und stellte dabei fest, dass sich das Licht geteilt hatte.
In der oberen Hälfte des Eis breitete sich das normale helle Licht aus, in der unteren herrschte die rötliche Farbe vor, und beides mischte sich an den Rändern.
War es schattenlos?
Es hätte so sein müssen, aber bei genauerem Hinsehen entdeckte Jade innerhalb des rötlichen Lichts einen geheimnisvollen Schatten, der gewisse Umrisse besaß, die für die Frau leider nicht nachvollziehbar waren, weil sie sich ständig veränderten.
Endlich traute sie sich mehr zu und berührte mit den Fingerspitzen die Oberfläche des Eis.
Zum ersten Mal drang ein Laut aus ihren Mund, nachdem sie die Lippen ruckartig geöffnet hatte.
Etwas hatte sie berührt, es war wie ein kurzer Stromstoß durch die Hand gezuckt und hinein in den Arm. Jade zog die Hand wieder zurück und sah, dass sich zwischen ihr und dem Ei eine Funkenspur gebildet hatte, die sich wie ein Gitterwerk verteilte.
Die Verbindung war da, sie blieb auch stehen. Zwischen ihrem Gesicht und dem Ei breitete sich ein heller Fleck aus, der sie an und überstrahlte.
Dann war er wieder verschwunden.
Zitternd blieb die Frau hocken. Sie verstand
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