0664 - Der Vampir von Denver
Entscheidung richtig sein, betete er lautlos und kratzte sich abwesend an den frischen Bißmalen an seinem Hals.
***
»Monopoly!« gellte Foolys ohrenbetäubender Schrei durch das Kaminzimmer. Zamorra zuckte zusammen. Auch Nicole und Butler William hatten Mühe, die Fassung zu wahren. Gemeinsam mit dem ein Meter zwanzig großen Jungdrachen saßen sie um einen Tisch herum, auf dem ein Monopoly-Spiel ausgebreitet lag. Nur der Jungdrache mußte stehên, denn für seinen massigen Körper mit dem langen Schwanz war noch kein Stuhl konstruiert worden.
»Was ist denn jetzt schon wieder?« fragte Zamorra gezwungen ruhig, während er darüber nachdachte, welcher Teufel sie geritten hatte, als sie dem gelangweilten Drachen versprachen, eine Runde Monopoly zu spielen.
»Ich habe drei Straßen der gleichen Farbe«, beantwortete Fooly stolz die Frage des Dämonenjägers. »Das ist ein Monopoly.«
Nicole seufzte leise. »Du verwechselst das mit Poker. Da gibt es zwar auch Straßen, aber die haben nichts mit denen auf diesem Spielfeld zu tun. Außerdem ist das Geld beim Pokern meistens echt, im Gegensatz zu Monopoly.«
»Wie wir bereits festgestellt haben«, fügte William in schulmeisterhaften Tonfall hinzu und erinnerte sich an die Szene zu Beginn des Spiels, als Fooly nicht gerade unauffällig versucht hatte, einen Teil des Spielgelds zu verstecken, um es später in aller Ruhe auszugeben. Es hatte einer längeren Diskussion bedurft, bis der Drache sich davon überzeugen ließ, daß dieses Geld tatsächlich nicht echt war und er es murrend wieder auf den Tisch legte.
Vermutlich war das auch der Moment gewesen, in dem den drei Menschen klar wurde, daß Fooly die Regeln des Spiels nicht hundertprozentig geläufig waren. Der Verdacht erhärtete sich, als der Drache wenig später andere Spielfiguren vom Brett schubste, mit den Würfeln vorrücken wollte und schließlich behauptete, Ziel des Spiels sei es, die kleinen Plastikhäuser zu einer möglichst hohen Pyramide aufzutürmen.
»Meinst du nicht, es wäre besser, wenn du dir kurz die Spielregeln erklären läßt?« sagte Zamorra in der Hoffnung, den Abend so wenigstens halbwegs retten zu können, aber der Drache schüttelte nur den Kopf.
»Nein«, entgegnete er stur, »von euch lasse ich mir die Regeln nicht erklären. Ich glaube nämlich, daß ihr gar nicht richtig wißt, wie das Spiel funktioniert. Sonst hättet ihr mir wohl kaum verboten, auf die Würfel zu spucken, wo doch jeder weiß, daß das Glück bringt.«
Er stupste Zamorra leicht an. »Du bist dran.«
Seine menschlichen Mitspieler sahen sich sprachlos an. Soviel Ignoranz und Starrsinn waren selbst für einen Drachen ungewöhnlich.
»Fooly«, setzte Nicole mit drohendem Unterton an, wurde aber von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. »Herein!« sagte sie lauter als beabsichtigt.
Raffael, der mittlerweile über neunzigjährige Diener und gute Geist des Hauses, wie er wegen seiner steten, helfenden Allgegenwärtigkeit manchmal genannt wurde, trat gewohnt würdevoll ein. Trotz seines hohen Alters weigerte er sich immer noch standhaft, Ruheständler zu werden. Und Zamorra behielt ihn in Brot und Lohn, weil er nur zu gut ußte, daß Raffael Bois ohne seine Arbeit nicht mehr würde leben können.
»Entschuldigen Sie die Unterbrechung«, begann Raffael und reichte Nicole einige Seiten Papier, »aber dieses Fax ist gerade gekommen, und ich dachte, Sie sollten es besser sofort lesen.«
Zamorra verkniff sich ein Lächeln. Raffaels Tonfall verriet ihm, daß der alte Diener die Situation im Kaminzimmer richtig eingeschätzt hatte.
Auch Nicole war das nicht entgangen. Sie lächelte Raffael dankbar an und warf einen kurzen Blick auf das Fax.
»Es ist von Jack O’Neill«, sagte sie überrascht.
Zamorra hob die Augenbrauen. O'Neill war ein Detective bei der Mordkommission in Los Angeles, den sie vor einiger Zeit kennen gelernt hatten, als die sonnige Metropole von einer brutalen Mordserie überschattet wurde. Eine Gruppe alteingesessener Vampirfamilien hatte den Dämonenjägern Informationen über die Morde zugespielt und so ihr Interesse geweckt. In L.A. machten sie die Bekanntschaft des Detectives, der sich nach anfänglicher Skepsis als guter Freund erwies und ihnen einige Schwierigkeiten mit den örtlichen Behörden ersparte. Ein Mann namens Hollister, der ebenfalls in Los Angeles auftauchte, erwies sich hingegen als Problem. Er hatte fanatisch über Jahre hinweg Informationen über die Vampirfamilien der Stadt
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