0667 - Das Horrorhaus von Pratau
haben. Besaß auch er Schwächen?
Es gefiel ihm nicht, dass Nadine ihn so lange anschaute. »Los, geh schon zu ihm!«
»Ja, Will, ja. Ich werde gehen und sein Blut trinken…« Nach diesen Worten leckte sie über ihre Lippen. In ihren Augen stand plötzlich wieder dieser wilde, gierige Glanz…
***
Nebel, nur Nebel!
Zu dritt saßen wir im Leihwagen. Suko am Steuer, ich hinten. Auf dem Beifahrersitz hockte Harry Stahl.
Er kam aus Leipzig, kannte Wittenberg nur von seinen Besuchen her. In der Stadt verfuhren wir uns noch, bis wir schließlich durch Glück und Fragen die richtige Straße erreichten, die auch durch Pratau führte. Noch waren wir nicht am Ziel, wir mussten die Gaststätte »Zum Freischütz« finden, die der dicke Nebel ebenfalls zudeckte und unsere Suche erschwerte.
Bei einer alten Frau, die Harry ansprach, hatte er Glück. Sie erklärte den Weg, fügte aber gleichzeitig hinzu, dass an diesem Tag nicht geöffnet war.
»Das wissen wir, danke.«
Es war im Vergleich zur vorherigen Suche ein Kinderspiel, das Haus zu finden.
Es stand relativ weit von der Straße entfernt, und wir konnten ihm entgegenrollen.
Die Nebelschwaden führten lautlose Tänze innerhalb der hellen Scheinwerferlichter auf. Manchmal sah es so aus, als würden unzählige Geister auf uns einstürmen, sich wieder zurückdrängen, um einen erneuten Angriff zu starten.
Ich meldete mich aus dem Fond. »Halte mal an, Suko!«
»Warum?«
»Bitte nicht bis dicht an die Gaststätte heranfahren!«
»Ist wohl auch besser.« Mein Freund ließ den Wagen ausrollen. Ich stieg als Letzter aus und wurde, wie auch Suko und Harry, von feuchten Tüchern umfangen, die über unsere Gesichter glitten und sich auch auf die Kleidung legten.
Harry Stahl hob den Arm und ließ ihn wieder sinken. Ein Zeichen, dass wir ihm folgen sollten.
Wenig später schon entdeckten wir den dunklen Gegenstand, umspielt von feuchten Leichentüchern, aber dennoch erkennbar. Es war Harrys Audi.
Scharf atmete er aus. »Sie sind hier. Wir haben sie gefunden. Verdammt, sie sind hier!«
Keiner von uns widersprach. Nur ich riet zur Vorsicht, als Harry auf die sich schwach abzeichnenden Mauern des Gasthauses zulaufen wollte. »Warte noch.«
»Aber…«
»Kein Aber, Harry. Es ist durchaus möglich, dass sie uns erwarten. Eine Falle sozusagen.«
»Ja, auch…«
»Sollen wir uns trennen, John?«
Ich war dafür. »Du kannst mit Harry gehen, ich schlage mich allein durch. Wir müssen versuchen, verschiedene Eingänge zu finden, nur so können wir sie in die Zange nehmen.«
»Okay. Dann versuchen wir es an der Vorderseite.«
»Viel Glück.« Ich wartete keine Sekunde länger und war wenig später schon im Grau des Nebels verschwunden.
Da ich mich auf völlig fremden Terrain bewegte und zudem noch in die Nebelsuppe hineingeriet, kam ich nur sehr langsam voran. Da ich jetzt wusste, wo wir Bill Conolly finden konnten, musste ich damit rechnen, dass man ihn als Geisel genommen oder ihm sein Blut ausgesaugt hatte und er mir plötzlich als Vampir gegenüberstand, um mich anzufallen.
Das alles waren Unwägbarkeiten, wobei ich noch darüber nachdachte, wie es der anderen Seite gelungen war, Bill Conolly und Nadine Berger herzubringen.
Da musste es noch einen Helfer gegeben haben. Natürlich blieb ich gedanklich bei dem Namen Mallmann hängen, aber so recht wollte ich nicht daran glauben.
Mallmann war ein Vampir, sogar ein Supervampir. Er umgab sich mit Helfern, auch wenn wir in diesem Fall bisher wenig davon gesehen hatten. Sie hausten zumeist in seinem Versteck, dessen Lage wir leider nicht kannten.
Ich rechnete damit, dass Mallmann nicht allein gekommen und irgendjemanden hergeschickt hatte.
Eine Mauer schälte sich aus dem Nebel. Ich ging näher und erkannte, dass es die Rückwand des so geschichtsträchtigen Gasthauses war, in dem einst der Teufel zusammen mit Dr. Faustus gehaust hatte.
Bei dieser Verbindung blieb ich hängen…
Es gab genügend Orte auf der Welt, an denen sich der Teufel gezeigt hatte und die er niemals vergaß. Oft genug kehrte er an diese Stützpunkte zurück. Das Gasthaus »Zum Freischütz« war einer der Bedeutendsten. Was hinderte ihn daran, diesem Ort abermals einen Besuch abzustatten? Es war eine Stätte des Bösen, hier hatte das Grauen schon seine Spuren hinterlassen.
In meinem Besitz befand sich ein aufgezeichneter Indikator für das Böse.
Mein Kreuz!
Noch hing es verborgen. Als ich an der Mauer stehen blieb, zog ich die Kette über den
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