0667 - Das Horrorhaus von Pratau
Dass es dazu nicht gekommen war, konnten wir - Suko, Harry Stahl und ich - uns an die Fahnen heften. Wir hatten bisher das Allerschlimmste verhindern können, auch wenn es zu viele Tote, das heißt erlöste Vampire, gegeben hatte.
Suko und Kommissar Harry Stahl waren Will Mallmann in die oberen Etagen des Hotels am Alex gefolgt. Ich war mit Nadine zurückgeblieben, weil ich es so wollte. Ja, ich wollte keinen anderen in der Nähe haben, wenn ich die Aufgabe anging, vor der ich mich so schrecklich fürchtete.
Dabei war ich davon ausgegangen, dass es noch eine Hoffnung für Nadine gab. Ich hatte aus Sussex das flüssige Leben mitgebracht, praktisch eine magische Sensation, denn dieses flüssige Leben konnte Blut in Licht verwandeln. Es würde für eine magische Fotosynthese sorgen. So weit die Theorie. In der Praxis hatte ich es ausprobiert und das rätselhafte Oval in einen direkten Kontakt mit Nadine Berger gebracht. Einen Erfolg hatte ich bisher nicht verzeichnen können. Sie war eine Vampirin geblieben.
Was war die Alternative?
Ich schluckte, als ich daran dachte. Gesagt hatte ich es ihr schon. Sie hatte meine Worte genau verstanden, legte jetzt den Kopf schief und verengte die Augen.
»Wie willst du es machen?«
»Möchtest du wählen?«
»Ist mir egal.« Plötzlich lachte sie auf. »Ich kenne dich, John. Ich kenne dich genau und sehr lange. Deshalb weiß ich, wie schwer es dir fallen wird, mich zu vernichten. Dich werden immer die Erinnerungen begleiten, die wir beide nicht abschütteln können. Wir haben in der Vergangenheit viel gemeinsam erlebt, du als Mensch, ich als Wölfin. Das alles wird wieder in dir hochsteigen, wenn du auf mich mit der Beretta zielst, dein Kreuz hervorholst oder versuchst, den Silberdolch gegen mich einzusetzen.«
»Ich muss es tun, Nadine.« Meine Worte klangen leise, aber sie waren verständlich. »Wenn ich es nicht mache, wirst du deinen Trieb nicht stoppen können. Du wirst immer wieder die Menschen anfallen und versuchen, ihr Blut zu trinken. Das würde mein Gewissen ebenso belasten, wenn nicht noch starker.«
Sie lachte. »Komisch ist es schon, mit welchen Problemen sich manche Menschen belasten.«
»Es waren auch mal deine.«
»Aber jetzt nicht mehr, John!«
»Ich weiß. Du brauchst das Blut. Ich habe das Grauen hier im Hotel lange genug erlebt. Zum Glück blieb es hier konzentriert. Ich möchte nicht, dass es diese Mauern verlässt und nach draußen transportiert wird. Deshalb gibt es keine andere Chance.«
»Dann fang an.«
»Nicht hier, Nadine.«
»Warum nicht?«
»Wir werden in einen anderen Raum gehen. Ich möchte mit dir ganz alleine sein.«
»Dass mich jemand beschützen könnte, daran denkst du nicht, John Sinclair?«
»Glaubst du an Mallmann?«
»Zum Beispiel!«
»Nein. Ich schätze, dass er genau weiß, wann er verloren hat. Ich kenne ihn. Er wird sich zurückziehen, er wird warten, bis sich ihm eine neue Chance bietet. Außerdem wird er von Suko und dem Kommissar verfolgt. Es ist durchaus möglich, dass die beiden es geschafft haben, ihn einzufangen und zu vernichten. Sie…«
Ihr schrilles Lachen unterbrach mich. Es sah so aus, als wollte sie aus ihrem Sessel in die Höhe schnellen, was sie allerdings nicht tat. Sie drehte sich um und schaute zu dem breiten Eingang.
Auch ich schaute hin.
Zugleich entdeckten wir die schattenhafte flatternde Bewegung vor der Glastür. Es sah im ersten Moment so aus, als hätte sich ein großes Tier selbstständig gemacht oder als wäre eine Decke von irgendwoher nach unten gefallen.
Von einem Tier konnte man eventuell reden. Allerdings von einem Tier, dass einen Menschenkopf aufwies, denn der befand sich zwischen den beiden mächtigen Schwingen und sah so aus, als würde er die Flügel zusammenhalten.
Fledermäuse hießen diese Wesen!
Ich ließ Nadine sitzen und raste zum Eingang. In diesen Augenblicken war mir klar geworben, dass Suko und Harry es nicht geschafft hatten, Mallmann zu stoppen und zu vernichten. Es war ihm abermals gelungen, die Flucht zu ergreifen, wahrscheinlich als Fledermaus.
Scharf atmete ich aus. Es brachte auch nichts, nach draußen zu laufen und zu versuchen, die Verfolgung aufzunehmen. Er war weg, dabei blieb es. Ich drehte mich um - und musste erkennen, dass Nadine Berger die Gunst der Stunde genutzt hatte und verschwunden war.
Das hätte ich mir denken können. Weit konnte sie jedoch noch nicht sein. Es war nicht einfach, mit auf dem Rücken gefesselten Händen zu laufen. Ich rannte
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