0668 - Operation Sonnenbaby
wurden vor wenigen Stunden abgeschlossen und können nach Archi-Tritrans weitergeleitet werden. In drei bis vier Wochen könnte Kobold bei uns ankommen."
Bully runzelte die Stirn und erwiderte: „Du kennst meine Meinung über dein Vorhaben, unserer alten Sonne eine Schwester zu verschaffen. Die Gefahren für die gesamtenergetische Struktur, für das innere Gefüge des Solsystems überwiegen die Vorteile, die wir dadurch eventuell gewinnen. Seit der Zeitmodulator arbeitet, sind wir sicher, Perry."
Ich wartete, ob Tifflor etwas dazu sagen wollte, aber der Solarmarschall schwieg.
„Es stimmt", sagte ich. „Im Solsystem ist seit Inbetriebnahme des Zeitmodulators alles ruhig. Vorläufig können die Laren die völlig willkürlichen Zeitsprünge des Solsystems nicht vorausberechnen, denn jede derartige Berechnung muß bis auf Bruchteile einer Nanosekunde stimmen, wenn sie etwas nützen soll. Aber ich darf es mir nicht leisten, die wissenschaftlichen und technischen Qualitäten der Laren zu unterschätzen."
„Sie vermuten, die Laren könnten einen uns völlig fremden Weg finden, um das in der Zeit schwingende Solsystem zu erreichen?"
fragte Julian Tifflor. Er bewies damit wieder einmal seinen scharfsinnigen Verstand.
„Genau das", antwortete ich. „Wir kennen längst nicht alle Möglichkeiten, die den Konzilsvölkern offenstehen und über die damit auch die Laren verfügen dürften. Vielleicht gibt es einen speziellen hyperphysikalischen Weg, das Solsystem auch ohne temporale Vorausberechungen zu finden. Als Verantwortlicher für die solare Menschheit darf ich solche Möglichkeiten nicht ausschließen, auch wenn wir sie uns nicht konkret vorstellen können."
Reginald Bull trank seinen Kaffee aus, warf den leeren Becher zielsicher in die Schachtöffnung des Abfallvernichters und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
„Das sehe ich ein", meinte er. „Aber aus unserer Sonne einen Fluchttransmitter für die Bevölkerung des Solsystems machen zu wollen, eine derart gigantische wissenschaftlichtechnische Aufgabe kannst auch nur du dir ausdenken."
Er hieb mit der flachen Hand auf die Seitenlehne seines Sessels.
„Mann!" sagte er inbrünstig.
Julian Tifflor lächelte weise.
„Die Aufgabe ist gar nicht so gigantisch, da wir über sehr detaillierte Unterlagen der lemurischen Sonnentransmittertechnik verfügen, Bully", erklärte er. „Bekanntlich haben unsere frühen Vorfahren das Problem, Sonnen zu Transmittersystemen zu schalten, schon während des Haluterkrieges gelöst - und zwar ebenfalls, um ihrem Volk das Überleben zu sichern.
Aus ihrer Hinterlassenschaft wissen wir, daß mindestens zwei Sonnen erforderlich sind, um einen Sonnentransmitter zu errichten. Solch ein Duo-Transmitter ist praktisch die simpelste aller möglichen Konstruktionen."
Bully lachte auf.
„Die simpelste Konstruktion, wie?" rief er aus. „Tiff, ich bewundere deine Fähigkeit, ungeheuer komplizierte Probleme herunterzuspielen. Wenn man dir zuhört, könnte man annehmen, dir fiele es nicht schwer, aus einer Bratpfanne und einer Taschenlampe ein Lineartriebwerk zu basteln."
„Blödsinn!" entgegnete Tifflor trocken. „Dazu brauchte ich zusätzlich mindestens einen Satz Halbleiter und eine Haarnadel."
Bullys Augen wurden rund.
„Eine Haarnadel auch noch?" erkundigte er sich unschuldig.
„Was willst du denn mit der Haarnadel anfangen, Tiff?"
„Was macht man schon mit einer Haarnadel!" meinte Tifflor.
„Ich brauche sie, um mir damit die Stirnlocke festzustecken, damit sie mir während der Arbeit nicht immer vor die Augen fällt."
Ich hatte eigentlich ernst bleiben wollen, doch es gelang mir nicht. Ich lachte ebenfalls laut auf.
Bully blickte mich mit gespielter Empörung an.
„Ich begreife nicht, wie du lachen kannst, wenn zwei hochstehende Persönlichkeiten des Solaren Imperiums über ein verzwicktes technisches Problem sprechen, Perry!" erklärte er.
Das war der letzte Anstoß für Julian Tifflor. Er lachte so, daß er einen Teil seines Kaffees verschüttete. Da fiel auch Bull in das Gelächter ein.
Aber wir wurden bald wieder ernst. Keiner von uns konnte länger als für wenige Augenblicke die gefährliche und komplizierte Lage vergessen, in der sich die solare Menschheit befand.
Und nicht nur die solare Menschheit.
Während das Solsystem sich durch seinen Tanz in der Zeit dem Zugriff der Laren entzogen hatte, waren die übrigen von intelligenten Lebewesen bewohnten Welten der Milchstraße wehrlos den Machenschaften
Weitere Kostenlose Bücher