0669 - Engel der Vernichtung
zeigte auf vier andere Mädchen, die bereits an die Säulen gekettet waren.
»Sie werden der erste Fraß für Tsat-hogguah und die Seinen werden, wenn sie herüber kommen und hungrig sind.« Amun-Res Stimme klang ganz freundlich. »Aber du wirst deine kleine Freundin nicht mehr sterben sehen, blondes Mädchen. Denn die Wächter der Dimensionen haben vorher dein Blut getrunken und deine Seele mit sich hinweggeführt.«
»Niemals!« Mit einem Sprung, der einem angreifenden Panther Ehre gemacht hätte, griff Kerstin den Herrscher des Krakenthrons an. Sie war jung, kräftig und in verschiedenen Kampfsportarten ausgebildet. Dieses alte Klappergerüst mußte doch auf die Bretter zu legen sein.
Amun-Re machte keinen Versuch, den Angriff abzuwehren.
Kerstin kreiselte herum und trat mit ausgestrecktem Bein zu. Aus der Drehung heraus landete sie drei rasch aufeinander folgende Schläge mit der Handkante, der jeder für sich einen normalen Gegner sofort kampfunfähig gemacht hätte.
Doch weder der direkt unter dem Kinn sitzende Tritt noch die Schläge brachten den sich majestätisch emporreckenden Körper des Alten zu Fall.
Dafür zuckte Schmerz durch Kerstins Glieder, als habe sie gegen eine gewaltige Marmorsäule geschlagen.
Amun-Re lachte höhnisch. Er hatte den Verzweiflungsausbruch seiner Opfer vorausgesehen und einen Zauber gewirkt, der seinen Körper für eine gewisse Zeit unverletzlich machte. Für Kerstin Sander war es, als ob sie gegen eine Statue aus Granit kämpfte.
Doch der Zauber, für Amun-Re nichts als einige hervorgezischelte Worte, bewirkte noch mehr. Er gab ihm für die Zeit der Unverletzlichkeit auch die Kräfte von zehn starken Männern.
Und mit dieser Kraft griff der Herrscher des Krakenthrons jetzt an.
Sabrina spürte seine Kräfte als erste. Als sie ihrer Freundin zu Hilfe eilen wollte, erhielt sie einen solchen Schlag, daß sie rückwärts gegen eine Säule taumelte. Wimmernd vor Schmerz blieb sie liegen und mußte mit ansehen, wie der Herrscher des Krakenthrons beide Hände nach dem blonden Mädchen ausstreckte.
Kerstin hatte sich rasch gefaßt. Was Micha und Carsten erzählt hatten, stimmte: Es gab echte Zauberei. Und sie stand hier einem Großmeister der schwarzen Künste gegenüber. Den konnte nicht mal Bruce Lee besiegen. Aber aufgeben kam nicht in Frage.
Zurückweichen und nach einer Chance suchen. Das war es, was Kerstin jetzt tat. Nur einen kurzen Blick lang sah sie zu ihrer Freundin hinüber. Sabrina lag zu Füßen eines nackten Mädchens, das mit gespreizten Armen und Beinen an eine Säule gekettet war, und krümmte sich vor Schmerz. Sie konnte ihr in diesem Zustand keine Hilfe sein.
Kerstin Sander mußte alleine kämpfen.
Und ihr war klar, daß der Ausgang dieses Kampfes völlig offen war.
Den dunklen Künsten des Amun-Re war sie trotz aller Kraft und Gewandtheit nicht gewachsen…
***
Ein riesenhafter Dämon war erschienen. Auf den ersten Blick glich er Lucifuge Rofocale, war aber größer, und auch die Hautfarbe stimmte nicht. Er war es, der die Worte hervorgestoßen hatte.
»Du bist schon tot!«
Verblüfft starrte der Dunkle Lord ihn an und ließ vorübergehend von Lamyron ab. Das half dem Engel allerdings nicht weiter; er war erschöpft.
»Zarkahr«, sagte der Lord. »Wie schön, dich zu sehen!«
Der große Dämon breitete die mächtigen, lederartigen Schwingen aus. Eine Hand schoß vor, ergriff einen Eisenflügel Lamyrons und zerrte daran. Lamyron schrie auf. Der Dämon schleuderte ihn quer durch den großen Raum, als wäre er trotz des Eisens an seinem Rücken leicht wie eine Feder. Ein knappes Dutzend Meter entfernt prallte er auf den Boden.
»Aus dem Weg, Kerl!« grollte Zarkahr dabei. »Auch du, Fürstin!«
Aber Stygia wich bereits von selbst aus. Sie war nicht daran interessiert, zwischen zwei aufeinanderprallenden Giganten zerrieben zu werden. Sie wußte nur zu gut, wie alt und mächtig und stark Zarkahr war. Es war nicht gut, ihm in den Weg zu treten. Vor allem nicht für sie, die sich seinerzeit den Thron des Fürsten der Finsternis mit einem Trick ergaunert hatte, aus reiner Machtgier, ohne wirklich dafür qualifiziert zu sein. Bei einer direkten Auseinandersetzung mit den meisten der alten Erzdämonen würde sie den Kürzeren ziehen, das war ihr völlig klar.
Bisher war sie durch die Autorität Lucifuge Rofocales und LUZIFERs geschützt gewesen, die beide einfach stillschweigend akzeptiert hatten, daß sie Fürstin der Finsternis wurde. Ein Wort von
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