Blind Date - SMarte Geschichten (German Edition)
Langsam werde ich wahnsinnig. Seit einer Stunde studiere ich jetzt die Kontaktanzeigen der BDSM Fan-Gemeinde und das Kribbeln in zwischen meinen Beinen wird immer stärker. Wenn ich jetzt noch ein paar Mal auf dem Stuhl hin und her rutsche, komme ich. Die Reizwörter in den Anzeigentexten haben mich endlos aufgegeilt. Seit so vielen Jahren wünsche ich mir von einem Mann beherrscht zu werden, ich möchte wie ein kleines Mädchen ausgeschimpft und den Hintern versohlt bekommen, wenn der Typ toll ist würde ich sogar eine Affäre mit ihm anfangen. Worte wie Rohrstock, Züchtigung, Erziehung, nackter Po, lösen bei mir sofort ein erotisches Kribbeln aus. Meine Sehnsucht nach Demütigung und Unterwerfung lasse ich jetzt Realität werden. Ich habe schließlich nur dieses eine Leben.
Wie ferngesteuert fliegen meine Finger über die Tasten: „Linda, 26, 1,65 klein, schlank, blonde, lange Locken, sucht dominanten Ihn aus dem PLZ Bereich 20. Wenn du darauf stehst, eine Frau übers Knie zu legen, zu erziehen und zu unterwerfen, bist du genau der Richtige. Sex ist bei Sympathie später möglich. Handy 0171771771.“
Timo wird davon nichts erfahren, er ist ja lieb und nett, aber mit seinem Blümchensex geht er mir schon länger auf die Nerven. Ein echter Softie eben. Noch nicht einmal Dirty Talk macht ihn an, im Gegenteil, es törnt ihn ab. Mit anderen Wünschen brauche ich gar nicht erst zu kommen.
*
Vor Schreck zucke ich zusammen, als mein Handy in meine Gedanken hinein vibriert.
„Hallo Linda, hier ist Robert.“
„Hallo?“
„Du hast eine Kontaktanzeige aufgegeben, die mir gefällt. Ich würde dich gerne kennenlernen.“
Ich erstarre. Plötzlich verlässt mich mein Mut. Ein wildfremder Mann ist am Telefon und will mich kennenlernen. Ich kriege kein Wort heraus.
„Hallo? Bist du noch da?“
„J-ja“, stottern kann ich also doch noch.
„Aus welcher Ecke Hamburgs kommst du denn?“ Die tiefe Stimme ist wirklich angenehm.
„Aus Altona.“ Mann, bist du heute redegewandt.
„Ist ja witzig, ich komme aus Eimsbüttel, das sind höchstens sechs Kilometer.“
„Stimmt.“ Jetzt krieg doch endlich mal die Zähne auseinander, oder willst du jetzt den Schwanz einziehen? Hab ich das gerade laut gesagt?
„Wollen wir uns heute Abend im Restaurant Giovanni am Eppendorfer Weg treffen? Ich würde dich gerne zum Essen einladen.“
Soll ich antworten, oder lieber auflegen? Giovanni ist mir ein Begriff. „Können wir gerne machen, wann denn?“ Puh, es ist raus.
„Ich reserviere für 19 Uhr einen Tisch, freitags ist es immer voll und man sollte da lieber vorbestellen. Ich fahre einen schwarzen Mercedes und warte vor der Tür auf dich.“
Mein Herz rast, vor Aufregung lasse ich fast das Handy fallen. Noch zwei Stunden, die überlebe ich nicht. Soll ich noch schnell zum Friseur? Quatsch. Ein frecher Pferdeschwanz tut es auch. Zum Glück ist Timo auf einem Seminar, der wird frühestens in zwei T agen nach Hause kommen.
*
Mit meiner grünen Jeans, einem pfiffigen bunten Shirt und wahnsinnig unbequemen Schuhe sitze ich im Wohnzimmer und beobachte die Uhr. Der Aschenbecher quillt inzwischen über, so nervös war ich ja schon seit Jahren nicht mehr. So ein klitzekleines bisschen Angst macht sich auch bemerkbar. Ich sollte mich covern lassen, ich habe so viel darüber gelesen. Aber von wem? Vielleicht von Timo? Hallo Schatz, ich habe gleich ein Blind Date, kannst du mich covern? Bei dem Gedanken pruste ich los und verschlucke mich an dem Zigarettenqualm. Vor lauter Husten laufen mir die Tränen über die Wangen und reißen meine sorgfältig aufgetragene Wimperntusche mit in die Tiefe. Ich hätte tränenfeste Tusche kaufen sollen.
Mit frisch renoviertem Make-up steige ich in mein weißes Beetle Cabrio und nehme auf dem Weg nach Eimsbüttel jede rote Ampel mit. Das ist zwar ärgerlich, aber jetzt bin ich wenigstens nicht viel zu früh am Ziel.
Da steht schon ein schwarzer Mercedes vor der Tür, mir rutscht das Herz in die Hose.
Einmal tief durchatmen und dann aussteigen, befehle ich mir selber. Ein breitschultriger Mann mit einem gepflegten Kurzhaarschnitt kommt auf mich zu. Mit seinem dunkelblauen Anzug sieht der aus wie ein Lehrer, schießt es mir in den Kopf. Ich habe noch nicht einmal gefragt, wie alt er ist.
„Bist du Linda?“, streckt er mir seine große Hand entgegen.
Schlucken!, Atmen!, gebe ich mir Anweisungen und ergreife seine Hand. Meine kleine Hand fühlt sich an wie in einem
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