0669 - Engel der Vernichtung
atmete tief durch.
»Trotzdem schmerzt es.«
»Natürlich. Aber niemand hat uns bei unserer Geburt garantiert, daß wir ein ganzes Leben lang nur glücklich sein dürfen. Wir sollten Raffael Bois ehren und sein Andenken hochhalten, ihn niemals vergessen. Solange wir an ihn denken, lebt er in uns allen weiter.«
***
Einige Tage später kehrte Professor Zamorra aus Marokko zurück.
Die Nachricht vom Tod des alten Freundes traf ihn tief. Dagegen verblaßte die Niederlage, die er gegen Amun-Re hatte hinnehmen müssen, völlig. [2]
Er hatte nicht verhindern können, daß der Schwarzzauberer das Buch der verfluchten Mirakel in seinen Besitz hatte bringen können, das er zur Beschwörung der Blutgötzen benötigte. Daß das Schwert Gwaiyur das Buch dabei in zwei Teile zerschlagen hatte und Zamorra eine Hälfte für sich gewinnen konnte, spielte dabei keine Rolle. Den für ihn wichtigeren Teil des Buches besaß nach wie vor Amun-Re und war damit entkommen.
Und nicht nur damit - sondern auch mit dem Zauberschwert Gwaiyur!
Zamorra war dabei nur ganz knapp mit dem Leben davongekommen; er war sicher, daß er sein Überleben seinem alten Freund Pater Aurelian zu verdanken hatte. Wo immer der alte Freund auch derzeit sein mochte -Zamorra glaubte, einen Hauch jener schützenden Magie verspürt zu haben, die von dessen magischem Brustschild von Saro-esh-dhyn ausging.
»Und du kannst noch froh sein, daß du den Dhyarra-Kristall hier verloren hast, statt ihn mit nach Marokko zu nehmen«, sagte Ted Ewigk. »Sonst wärest jetzt du selbst mit Sicherheit tot und nicht Raffael.«
Zamorra nickte.
»Trotzdem ist es makaber«, sagte er. »Und traurig. Auch dieser Tod geht auf Amun-Re's Konto. Die Rechnung, die ich ihm so bald wie möglich präsentieren muß, wird immer höher.«
»Du kannst ihn nur einmal töten, egal, wieviele Freunde er auf dem Gewissen hat.«
»Ich allein kann es nicht«, sagte Zamorra. »Es bedarf dabei der Hilfe von Rostan und Gunnar - in ihren heutigen Reinkarnationen Carsten Möbius und Michael Ullich. Und es bedarf aller drei Schwerter. Aber eines davon habe ich nun ausgerechnet an den Todfeind verloren.«
»Du hast eine Schlacht verloren, aber noch nicht den Krieg«, erwiderte Ted.
»Eine Schlacht - und einen alten Freund«, sagte Zamorra leise. »Wenn wir alle besser aufgepaßt hätten, könnte Raffael noch leben.«
»Fang jetzt bloß nicht an, Schuldkomplexe zu entwickeln«, warnte Ted. »Sonst schicke ich dich zu Fooly zur Psychotherapie.«
Es sollte ein Scherz sein. Aber Zamorra nickte nur düster.
»Könnte vielleicht nicht mal schaden«, sagte er nachdenklich. »Unser kleiner Drache ist nicht nur ein Tolpatsch und Clown, sondern auch ein großer Philosoph - wie alle wirklich guten Clowns.«
***
Ein paar Tage später fand die Beisetzung statt.
Man hatte sich damit Zeit lassen können. Denn es gab ja nichts mehr, das bestattet werden konnte. Es gab nur einen leeren Sarg als Symbol.
Vielleicht hätte sich Raffael Bois zeitlebens niemals vorstellen können, wie beliebt er gewesen war. Die Trauergesellschaft umfaßte das ganze Dorf, und selbst Professor Saranow und Colonel Sparks ließen es sich nicht nehmen, aus Rußland und England anzureisen, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Carsten Möbius und Michael Ullich, soeben von einer Geschäftsreise nach Japan zurück, erschienen mit ihren Sekretärinnen ebenfalls und nahmen sich insgesamt zwei ganze Tage Zeit, bevor das Geschäftsleben sie wieder in seinen kalten Griff zwang.
Pater Ralph, der Dorfgeistliche, vollzog die Zeremonie. Raffael Bois wurde nicht auf dem kleinen Dorffriedhof bestattet, sondern auf dem Gelände von Château Montagne.
Hier gab es schon ein Grab, das der Vampir-Lady Tanja Semjonowa, die vor langer Zeit einmal zur Zamorra-Crew gehört hatte. In ihrer Nähe, unter den winterlich kahlen Ästen eines großen Baumes, fand der leere Sarg seinen Platz. Der Jungdrache Fooly pflanzte am Fußende des Grabes ein neues Bäumchen, das trotz der ungünstigen Jahreszeit dennoch anging und mit den Jahren stattlich heranwuchs. Gryf und Teri, die beiden Silbermond-Druiden, formten mit ihrer Magie ein Kreuz und eine Statue, die den alten Freund in Lebensgröße därstellte. Und wenn man zu lange hinschaute, schien es, als käme tatsächlich Leben in diese Statue…
Später raunte der kleine Drache Zamorra zu, er habe, als die Trauergäste bereits wieder gegangen waren, gesehen, wie der Zauberer Merlin für kurze Zeit vor dem
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