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0677 - Das Haus der Hyänen

0677 - Das Haus der Hyänen

Titel: 0677 - Das Haus der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Dunstschwaden wehten nicht aus der Ebene heran.
    Eigentlich hatte Oleg Jaschin die Einsamkeit immer geliebt. In dieser Nacht aber verfluchte er sie. Wie gern hätte er einen Helfer gehabt, seinen Sohn, zum Beispiel, aber der war weg, weit weg. Im fernen Moskau arbeitete er. Oleg sah ihn als verschollen an.
    Nicht einmal Tiere ließen sich blicken. Die Schwärme der Krähen, die oft genug aus der Ebene hochstiegen und als Wolken den Himmel verdunkelten, waren dem Totenacker ferngeblieben, als spürten sie, dass das Grauen dabei war, sich anzuschleichen.
    Oleg merkte seinen Magen. Säuerlich stieg es hoch bis in seine Kehle.
    Das Kraut hatte er am Mittag gegessen. Nicht mehr als eine Suppe, garniert mit einigen Brotstücken. Er hatte den Teller nicht einmal geleert.
    Jana hatte nur zugeschaut und wortlos den Tisch abgeräumt.
    Er dachte an sein Werkzeug, als er die Säure wieder herunterschluckte.
    Die Schaufeln und zwei Hacken lagen noch am Grab. Die brauchte er auch, um sich davon zu überzeugen, dass er sich nicht getäuscht hatte.
    Wenn das alles stimmte, dann war der Satan auf dem Vormarsch, um seine Knute über die Menschen zu schwingen.
    Das Grab lag in der Nähe des alten Brunnens. Der war schon immer dort gewesen. Niemand konnte sich daran erinnern, wer ihn gebaut hatte. Im Sommer holten die Besucher frisches Wasser aus ihm. Im Winter war er zugefroren.
    Oleg passierte den Brunnen. Auf den dicken Steinen schimmerte die Eisschicht. Er wandte sich nach rechts, ging noch einige Schritte weiter, bevor er vor dem viereckigen Loch stehenblieb, in das der Sarg hineingesenkt worden war.
    Oleg Jaschin sah den Schatten der Totenkiste. Er war zufrieden und holte drei Kerzen aus der Manteltasche.
    Neben dem Grab baute er sie auf. Zwei an den Seiten, die dritte am oberen Ende, als sollte das Licht den Sarg ausleuchten.
    Bei der herrschenden Windstille gelang es ihm, mit Hilfe des alten Sturmfeuerzeugs aus ehemaligen deutschen Wehrmachtsbeständen die drei Dochte anzuzünden. Über seine rissigen Lippen glitt ein Lächeln, weil die Flammen nicht verloschen.
    In dieser eisigen Nacht schufen sie ein geisterhaft bleiches Licht. Es war zwar warm, dennoch gab es keine richtige Wärme ab. Die Kerzen erinnerten ihn an ferne Totenseelen, die ihr blasses Feuer ausströmten, um Wanderer in ihr Reich zu locken.
    Jaschin wandte sich seinem Werkzeug zu. Auf die Schaufeln verzichtete er, die Spitzhacke war wichtiger. Er musste stark an ihr zerren, da sie auf dem Boden festgefroren war. Er verfluchte den Winter und bewegte in seinen Fäustlingen die Finger, um sie geschmeidig zu machen.
    Der Sarg war nicht mehr als eine alte, schwarze, billige Totenkiste aus Fichtenholz. Dünne Bretter nur, die der Hacke so gut wie keinen Widerstand leisten würden.
    Oleg Jaschin kannte sich aus. Auf dem schmalen Grabrand nahm er Platz, seine Beine baumelten in das Grab hinein. Er hätte auch auf den Sarg springen können, doch der wäre unter seinem Gewicht zusammengebrochen.
    Sehr vorsichtig ließ er sich in das Grab hineinrutschen. Die Bewegungen zeigten an, dass er so etwas nicht zum ersten Mal tat. Darin hatte er Routine.
    Zwischen Grab und Sarg existierte eine genügend große Lücke, die Oleg den nötigen Platz ließ. Als er die Hacke anhob, kratzte sie über die Schachtwand, als bestünde diese aus einer dünnen Haut.
    Er nahm das Feuerzeug in beide Hände und hob die Arme. Einmal schräg zuschlagen, der würde auseinanderplatzen wie eine reife Frucht.
    Dennoch zögerte er. Es war der alles entscheidende Punkt, der letzte Schritt in den Tod, wie er meinte.
    Sehr langsam hob er den Kopf an. Ein am Sargrand stehender Zeuge hätte sein bleiches, käsiges Gesicht gesehen, dessen Züge von einer unbestimmten Furcht gekennzeichnet waren.
    Jaschin wusste selbst nicht, was ihn dazu verleitete, noch nicht zuzuschlagen.
    Möglicherweise war es das Gefühl einer sich heranschleichenden Gefahr, doch so genau konnte er das nicht sagen.
    Die Warnung spürte er schon, doch ein Zurück gab es für ihn nicht.
    Bisher hatte er die einzigen Geräusche verursacht. Auch jetzt vernahm er seinen Atem, doch es drang noch ein anderer Laut an seine Ohren.
    Scharren oder Kratzen? Wenn ja, dann stammten diese Laute nicht von menschlichen Füßen. Dann waren sie ihm bereits auf der Spur.
    Er lauschte und fieberte innerlich. Die Hitze überdeckte selbst die eisige Kälte.
    Das Geräusch wiederholte sich nicht. Wie ein gewaltiges Leichentuch aus Eis hatte sich die Stille wieder

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