0679 - Im Bannkreis der Pyramide
so daß das Luftschiff ruckartig nach vorne schnellte. Doch dann glitt es ruhig und majestätisch dahin.
Als sie über den Pyramidenrand hinwegflogen, befahl Rhodan, aus den drei mittleren Plastikballons Helium ausströmen zu lassen, damit sie etwas tiefer gehen könnten.
Rhodan umrundete in einer Entfernung von einem Kilometer einmal die Pyramide. Auf diese Weise konnte er die Lage am besten überblicken.
Die meisten der Plattformen an den sechs Pyramidenwänden waren inzwischen geräumt worden. Da die Untersuchungen nichts Neues mehr einbrachten, hatte Rhodan sie einstellen lassen.
Nur eine Plattform, die zweihundert Meter lang und dreißig breit war, war noch besetzt. Sie befand sich eineinhalb Kilometer unter dem Pyramidendach. Aber die Männer, fünfhundert an der Zahl, die sich dort aufhielten, waren keine Wissenschaftler.
Sie waren mit Handgranaten und Schnellfeuergewehren ausgerüstet. Fünf Meter über ihren Köpfen befand sich etwa in der Mitte dieser Plattform ein häßlicher dunkler Fleck in der Pyramidenmauer. Dort war ein Loch gebohrt und mit Sprengstoff angefüllt worden. Den Berechnungen nach mußte der Sprengstoff genügen, um ein fünf Meter durchmessendes Loch in die zehn Meter dicke Pyramidenwand zu reißen.
Da bei einer Durchbohrung der Pyramidenwand Giftgas ausgeströmt war, hatte Rhodan Gasmasken an die Männer dieses Stoßtrupps verteilen lassen. Wenn die Sprengung gelang, wollte Rhodan von hier aus in die Pyramide eindringen.
Zuerst hatte er den Versuch unternehmen wollen, durch das Pyramidendach vorzustoßen. Doch die Bohrungen und die Messungen hatten gezeigt, daß sich dem unüberwindbare Schwierigkeiten entgegenstellten.
Unter der zwanzig Meter dicken Gesteinsschicht des Pyramidendaches befand sich eine Metallwand aus einer an Terkonitstahl erinnernden Legierung, die durch herkömmliche Sprengstoffe nicht zu knacken war.
Also war Rhodan nichts anderes übriggeblieben, als von der Flanke her einen Vorstoß in die Pyramide zu versuchen.
Selbst wenn die Sprengung der Pyramidenwand gelang, woran eigentlich niemand zweifelte, so glaubte niemand an ein leichtes Vordringen. Man wußte überhaupt nichts über den Gegner, denn die Versuche der Telepathen, die Gedanken der Pyramidenbesatzung zu erfassen, waren fehlgeschlagen.
Es war Gucky und Fellmer Lloyd nicht möglich gewesen, auch nur einen einzigen Gedankenimpuls innerhalb der Pyramide zu erfassen. Das konnte bedeuten, daß die Pyramide unbemannt war. Aber selbst wenn es sich so verhielt - und sie robotisch gesteuert wurde -, hieß das nicht, daß man leichtes Spiel haben würde.
Ganz im Gegenteil, denn gegen Roboter konnte man mit den primitiven Projektilwaffen wohl kaum etwas ausrichten.
Die Wissenschaftler, allen voran Waringer, versicherten jedoch, daß der Einsatz von Robotern ziemlich unwahrscheinlich sei.
Denn die energieabsorbierende Strahlung, die die MARCO POLO ausgeschaltet hatte, mußte auch innerhalb der Pyramide wirksam sein. Die Gesteinswände allein waren keine ausreichende Isolierung. Allerdings räumte Waringer ein, daß es innerhalb der Pyramide Zonen geben konnte, die nicht unter dem Einfluß des „Bannkreises" standen. Doch diese „aktiven Zonen" mußten unbedingt begrenzt und auf ein bestimmtes Gebiet innerhalb der Pyramide beschränkt sein.
Dennoch konnte Rhodan nicht glauben, daß die Pyramide völlig unbemannt sein sollte. Vielleicht war die Mannschaft auf eine Art mentalstabilisiert, daß ihre Gedanken von Telepathen überhaupt nicht erfaßt werden konnten ...
Das Luftschiff hatte inzwischen an Höhe verloren und war gut einen Kilometer unter das Niveau des Pyramidendachs gesunken.
Rhodan blickte auf seine mechanische Armbanduhr aus den Notfallbeständen der MARCO POLO.
Man schrieb bereits den 30. März, und obwohl es nach terranischer Zeitrechnung erst 17 Uhr war, stand die rote Sonne schon nahe des dunstigen Horizonts. Um 17 Uhr 30 sollte der Sturm auf die Pyramide beginnen.
Zur gleichen Zeit sollte auch auf der gegenüberliegenden Pyramidenwand eine doppelt so starke Sprengung stattfinden.
Dabei handelte es sich allerdings nur um ein Ablenkungsmanöver. Rhodan wollte seine Streitkräfte nicht verzetteln. Mit ihrem dürftigen militärischen Potential konnten sie sich nur Chancen ausrechnen, wenn sie den Durchbruch an einer Stelle versuchten.
„Laßt mehr Helium ab, damit wir schneller sinken!" befahl Rhodan.
Der mittlere der fünf Gasballons war bereits halb leer, seine Hülle warf Runzeln.
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