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0683 - Monster aus dem Schlaf

0683 - Monster aus dem Schlaf

Titel: 0683 - Monster aus dem Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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erreichte, und sah, dass die Öffnung für einen Erwachsenen viel zu schmal war. Sie hätte natürlich versuchen können, die Lücke zwischen den Gitterstäben mit dem Dhyarra-Kristall zu vergrößern, aber das erforderte Zeit und Konzentration. Bis sie fertig war, hatte sie die Spur des Jungen längst verloren.
    Der Dhyarra war zwar eine mächtige Waffe, aber sein Einsatz war nicht ganz unkompliziert. Man benötigte eine genaue bildliche Vorstellung von der Aktion, die der Kristall durchführen sollte. Brachte man dafür nicht die Konzentration auf, passierte gar nichts.
    Frustriert ging Nicole über den großen Parkplatz bis zur Straße. Sie verzichtete darauf, sich auf dem Rückweg erneut durch die Gärten zu schleichen, denn der kleine Terrier, der wie ein Derwisch aus einer offenstehenden Küchentür geschossen war, als sie vorbeiging, bellte immer noch aufgeregt.
    Die Dämonenjägerin fragte sich, ob sie eigentlich die richtige Spur verfolgten. Zwei Brüder, die die Schule schwänzten, waren nun wirklich nichts Ungewöhnliches. Nichts wies darauf hin, dass einer der beiden die E-Mails geschrieben hatte. Vielleicht waren sie auch nur Opfer des unheimlichen Spuks und nicht die Verursacher.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Nicole eine schmale Gasse, die rechts von ihr zwischen den Backsteinhäusern abzweigte. Im Gegensatz zum Rest der Straßen war sie nicht asphaltiert, sondern bestand aus Kopfsteinpflaster. Sie mussten auf dem Hinweg daran vorbeigefahren sein, ohne sie zu bemerken.
    Nicole blieb stehen.
    Buck's Row, las sie auf einem an die Wand geschraubten Straßenschild. Der Name kam ihr bekannt vor, auch wenn sie nicht auf Anhieb sagen konnte, wo sie ihn schon einmal gehört hatte.
    Nicole ging einen Schritt auf die Gasse zu und entdeckte ein zweites Schild, das unter dem Namen angebracht war. Es glänzte messingfarben. Anscheinend wurde es regelmäßig geputzt. Die Dämonenjägerin las die Inschrift:
    Am 31. August 1888 wurde an dieser Stelle die Prostituierte Polly Nichols ermordet aufgefunden. Sie gilt als das erste Opfer des als Jack the Ripper bekannt gewordenen Serienmörders. Der Ripper forderte vier weitere Opfer . bevor er verschwand. Mögen sie alle in Frieden ruhen.
    Natürlich, dachte Nicole plötzlich. Whitechapel, der Ort, an dem Jack the Ripper mordete. Die Plakette war wohl Teil einer der zahlreichen ›Mordtouren‹, die findige Reiseveranstalter für Touristen anboten, die eine andere Seite der Metropole kennen lernen wollten.
    Die Dämonenjägerin spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief, und trat zurück ins Sonnenlicht der Straße. Sie hatte einiges über die Morde des Rippers gelesen. Nach heutigen Maßstäben gab er mit ›nur‹ fünf Opfern keinen rekordverdächtigen Serienkiller ab, aber für das viktorianische London war er ein Schreckgespenst gewesen. Seine Morde galten als die erste Mediensensation in der Geschichte Englands. Dass man ihn nie gefasst hatte, tat ein Übriges zur Legendenbildung.
    Noch heute gab es eine Reihe von abstrusen, aber auch ernst zu nehmenden Theorien, die sich mit der Identität des Rippers beschäftigten. Eine der beliebtesten schob die Schuld an den Morden dem Sohn von Königin Victoria zu. Das hatte sich allerdings bis heute nicht beweisen lassen und galt unter Experten als eher unwahrscheinlich.
    Zudem beflügelte er die Fantasie eines jeden, der sich zum Kriminaloder Horrorschriftsteller berufen fühlte - im Repertoire so gut wie jedes Vertreters dieser Zunft befand sich garantiert nicht nur die so grundsätzliche wie unoriginelle Geschichte, in der die Hauptfigur am Ende schweißgebadet aus einem gar schrecklichen Traum erwacht, weil dem Autor nix anderes einfällt, den Helden aus der völlig verfahrenen Situation zu retten, sondern auch mindestens eine Geschichte um Jack.
    Wenn der Schweinehund heute noch lebte und lesen könnte, was die Literaten aus ihm gemacht haben, würde er sich vermutlich strikt weigern zu sterben, weil er sonst als Windhose in seinem Sarg rotieren müßte , dachte Nicole sarkastisch.
    Ein plötzliches Gefühl drohenden Unheils riss die Dämonenjägerin aus ihren Gedanken. Sie hatte keine Erklärung, woher es kam, aber sie hatte keinen Zweifel, wem es galt.
    Zamorra! , dachte Nicole entsetzt und rannte los.
    ***
    Zamorra beobachtete, wie der ältere Junge sich in eine Nische zwischen zwei Häusern schob. Unschlüssig blieb er stehen. Es sah für ihn nicht so aus, als führe der schmale Gang weiter als bis zur

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