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0683 - Monster aus dem Schlaf

0683 - Monster aus dem Schlaf

Titel: 0683 - Monster aus dem Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Rückfront des nächstes Hauses.
    Was wollte der Junge dort?
    Der Dämonenjäger wollte gerade aus seiner eigenen Deckung treten, um nachzusehen, als der Junge wieder hervorkam. Anstelle seiner Schuluniform trug er jetzt weite, unförmige Jeans, ein ebenso weites gestreiftes Hemd und klobige Turnschuhe, deren Schnürsenkel offen herabhingen. Er setzte sich eine Baseballkappe auf, drehte sie, bis der Schirm nach hinten zeigte. Dann griff er nach seiner Tasche, in der sich jetzt wohl die Schuluniform befand, und ging weiter.
    Selbst auf diese Entfernung sah Zamorra die Markennamen, die nicht gerade dezent auf der Kleidung des Jungen prangten und dem Eingeweihten verrieten, wie viel Geld der Träger für Hemd, Hose und Schuhe ungefähr ausgegeben haben musste.
    Der Parapsychologe war zwar kein Experte für die Kleidungsgewohnheiten von Teenagern, schätzte jedoch, dass sich die Summe auf weit über hundert Pfund belief.
    Aber woher hatte der Sohn einer Sozialhilfeempfängerin, soviel Geld?
    Vorausgesetzt, es handelte sich bei den Sachen nicht um Markenpiraterie… aber selbst dann war noch einiges mehr anzulegen als für Billig-Textilien aus der Schnäppchen-Ecke vom Supermarkt.
    Zamorra drängte die Frage zurück und konzentrierte sich auf die Verfolgung.
    Die Straße, durch die er jetzt ging, führte durch ein reines Wohngebiet und war um diese Uhrzeit, wo die meisten Erwachsenen entweder bei der Arbeit oder auf dem Sozialamt waren und die Kinder in der Schule, fast völlig leer. Nur hier und da kamen dem Dämonenjäger ältere Menschen oder junge Frauen mit Kinderwagen entgegen.
    Diese Übersichtlichkeit zwang Zamorra, einen relativ großen Abstand zu dem Jungen zu halten. Er wollte zwar mit ihm reden, aber erst dann, wenn er mehr über die ganze Situation wusste. Allein deshalb wäre es ungünstig gewesen, wenn der Junge ihn entdeckt hätte.
    Nach einer Weile wurde die Ruhe der Wohngegend durch den mechanischen Lärm einer Baustelle abgelöst. Zamorra sah einen hohen blauen Kran und Stahlträger, die steil in den Himmel ragten. Fünf oder sechs Querverstrebungen, aus denen wohl Stockwerke werden sollten, waren bereits zwischen ihnen gezogen worden und es sah so aus, als würde noch einmal die gleiche Anzahl folgen.
    Entweder entsteht hier ein Bürogebäude, dachte Zamorra, oder ein weiteres soziales Ghetto.
    Er beobachtete, wie der Junge auf den Bauzaun zulief, einige Bretter zur Seite bog und zwischen ihnen verschwand. -Rasch schloss Zamorra zu der Stelle auf. Er brauchte einen Moment, um die losen Bretter zu finden, dann schlich auch er sich durch den Spalt.
    Vor ihm lag die verlassen wirkende Baustelle. Staubfahnen wehten über den ausgetrockneten Boden, in den sich die Spuren der Bagger und LKWs tief eingegraben hatten. Weiße Plastikplanen, die den fertigen Teil des Rohbaus vor Umwelteinflüssen schützten, knatterten in der leichten Brise. Nur das Geräusch der Maschinen verriet, dass auf einem anderen Teil der Baustelle gearbeitet wurde.
    Den Jungen konnte Zamorra nirgends entdecken.
    Er fluchte leise, ging bis zum Rand des unfertigen Gebäudes und schob eine der Planen zur Seite. Sie war überraschend schwer.
    Er ließ die Plane hinter sich zurückgleiten. Das Plastik dämpfte die Geräusche der Arbeiter. Vor Zamorra lag der glatte Betonboden des Erdgeschosses. Stützpfeiler, an denen weitere Planen befestigt waren, ragten nach oben und verliehen dem Bau das Aussehen einer Tiefgarage.
    Zamorra folgte ihnen mit dem Blick und sah weit über sich ein Stück blauen Himmel. Kurz fragte er sich, welchen Sinn die Plastikplanen haben mochten, wenn es von oben frei in das Gebäude hinein regnen konnte.
    Der Dämonenjäger hob die Schultern. Es gab wohl wichtigere Fragen.
    Plötzlich zuckte er zusammen. Irgendwer oder irgendetwas beobachtete ihn. Er spürte, wie mentale Fühler ihn berührten.
    Für einen kurzen Augenblick sah er einen riesigen Schatten, der an den Planen entlangglitt.
    Das Amulett hatte sich kurz erwärmt, kühlte sich aber bereits wieder ab, als Zamorra danach griff. Er zog es trotzdem unter seinem Hemd hervor.
    Die magische Waffe reagierte nicht - nicht mehr.
    Hallo?, dachte er, an das Amulett gerichtet. Kannst du dich bitte entscheiden, ob hier schwarze Magie ist oder nicht ?
    Natürlich bekam er keine Antwort.
    Vor Jahren, als das künstliche Bewusstsein ›Taran‹ sich in der Silberscheibe entwickelt hatte, wäre ihm eine Antwort oder ein sarkastischer Kommentar wohl nicht erspart geblieben.

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