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0683 - Monster aus dem Schlaf

0683 - Monster aus dem Schlaf

Titel: 0683 - Monster aus dem Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Restaurants und Boulevardtheater säumten die Straßen und buhlten um die Aufmerksamkeit der nicht gerade wohlhabenden Einwohner. Wäre man damals als Tourist über die Straßen spaziert, hätte man ein kurioses Mischmasch aus irischem Gälisch, Cockney, Chinesisch und Pakistani gehört - kurz bevor man ausgeraubt wurde.
    Wer als Arbeitssuchender aus der Provinz und dem Commonwealth nach London kam, landete fast zwangsläufig in dieser Gegend.
    So war es zumindest bis zum Zweiten Weltkrieg, als die Bomben, die auf London fielen, auch diesen Teil der Metropole nicht verschonten. Aus den Trümmern entstanden schmale, hastig errichtete Reihenhäuser, um den Menschen wenigstens ein Dach über dem Kopf zu bieten. Aber die Pubs und Restaurants kamen nicht zurück. Die Gegend um den Daling Way verlor ihren Charme und wurde zu einem Ghetto der Armen.
    Traurige Geschichte, dachte Nicole. Sie wollte das Buch, in dem sie geblättert hatte, gerade zur Seite legen, als ihr eine Fußnote auffiel. Darin verkündete der Autor, es sei fast ein Wunder, dass die Orte, an denen man 1888 die fünf Opfer von Jack the Ripper gefunden hatte, den Zerstörungen entgangen seien.
    Nicole zögerte. Ihr kam eine Idee.
    Sie folgte den Querverweisen auf die Rippermorde und stellte fest, dass die Aktenordner über diesen Serienmörder eine ganze Wand füllten.
    Trotzdem fand sie die Informationen, die sie suchte, relativ schnell.
    Sie kritzelte die Namen und Fundorte der fünf Opfer auf einen Zettel und zog einen Stadtplan hervor, der Whitechapel im späten 19. Jahrhundert zeigte.
    »Buck's Row«, murmelte sie. »Hier starb Mary Ann Nichols.«
    Sie fand die Stelle und markierte sie mit einem kleinen Geldstück.
    Ein kalter Hauch strich über Nicoles Rücken.
    Sie kümmerte sich nicht darum, sondern suchte nach der nächsten Straße.
    »Annie Chapman, Hanbury Street.«
    Ein zweites Geldstück markierte auch diesen Fundort.
    »Berner Street. Elizabeth Stride.«
    Wieder landete ein Geldstück auf der Karte.
    »Mitre Square, Catharine Eddowes.«
    Noch ein Geldstück. Nicole ahnte bereits, wo das nächste landen würde, bevor sie nach der Straße suchte.
    »Mary Jane Kelly. Dorset Street.«
    Bingo , dachte sie, als sie das Muster betrachtete, welches die Geldstücke bildeten.
    Nicole stand auf.
    Plötzlich bemerkte sie die Kälte und unsichtbare Blicke, die sich auf sie richteten. Sie konnte sie geradezu körperlich spüren.
    Irgendwo knarrte ein Regal.
    Blitzschnell griff Nicole in die Tasche ihrer Lederjacke und zog den Dhyarra-Kristall hervor. Sie sah sich suchend um, konnte aber niemanden in dem unübersichtlichen Raum entdecken. Trotzdem war sie sicher, dass jemand oder etwas dort war und sie belauerte.
    Ein raschelndes Geräusch.
    Und ein stechender Schmerz, als etwas mit großer Wucht gegen Nicoles Rücken schlug.
    Aufstöhnend wurde sie zu Boden geschleudert, drehte sich um und sah, wie ein schwerer Aktenordner neben ihr auf den Teppich fiel.
    Überall in den Regalen begannen die Ordner zu wackeln. Staub rieselte nach unten.
    Beim Aufprall hatte Nicole den Dhyarra verloren, der jetzt einige Meter weiter auf dem Boden lag.
    Ein Buch schoss auf sie zu.
    Sie warf sich zur Seite und spürte einen Luftzug, als das Buch dicht neben ihr in ein Regal schlug. Einzelne Seiten wurden hochgeschleudert.
    Der Dhyarra lag nur ein paar Schritte entfernt, aber wer auch immer den Angriff steuerte, schien zu wissen, dass es sich um eine Waffe handelte, denn er verstärkte seine Bemühungen.
    Von allen Seiten flogen Bücher und Ordner auf Nicole zu.
    Sie duckte sich unter den Geschossen hindurch, lenkte einige mit gezielten Schlägen und Tritten ab, konnte aber nicht verhindern, dass sie mehrmals getroffen wurde.
    Ich muss hier raus, dachte sie nervös, als sie einem besonders schweren Ordner einen Tritt versetzte.
    Das knarrende Geräusch, das sie die ganze Zeit über unterbewusst wahrgenommen hatte, wurde plötzlich lauter.
    Nicole sah auf.
    Ihre Augen weiteten sich.
    Das Regal, unter dem sie stand, neigte sich nach vorne und fiel.
    Tonnen von Holz und Papier rasten auf sie zu.
    ***
    »Verdammte Säufer. Die ganze Gegend geht den Bach runter!«
    Diese Worte und schlurfende Schritte, die sich an ihm vorbei die Stufen nach oben bewegten, brachten Zamorra wieder zu Bewusstsein.
    Er öffnete die Augen und sah aus einer seltsam schrägen Perspektive, wie ein alter Mann langsam die Treppe hinaufstieg.
    Erst jetzt bemerkte Zamorra, dass er mit dem Kopf nach unten auf den

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